Das bisschen Kuchen: (K)ein Diät-Roman (German Edition)
konnte. Gelb, Orange, Pink, das reine Farbinferno. Tamara wäre schreiend davongerannt.
Auch Niki war kurz davor. Die ganze Sache wuchs ihr über den Kopf. Was als harmloser Diäturlaub begonnen hatte, entpuppte sich zusehends als One-way-Ticket in die Hölle.
»Es ist nur …« Niki rang nach Worten. »Mein Mann, es ist alles ganz schrecklich, meine Tochter hat mir Fotos geschickt, und jetzt ist Walburga …«
»Atmen«, ordnete Mario an. »Gaaanz ruhig. Eeeiin … und aaauss.«
Niki schloss entnervt die Augen. Atmen war toll. Atmen war sogar ziemlich genial. Alle Lebewesen auf der Welt taten es, nebenbei gesagt.
»Sie ist bei Wolfgang, bei meinem Mann. Vielleicht zieht sie ihm gerade das Kaminbesteck über den Schädel!«
»Durch die Nase eeeiiinn … und durch den Mund wieder aaauuus. Leere deine Lunge, leere sie vollkommen aus. Leere deinen Geist. Reinige ihn von allen Gedanken. Und dann wieder eeeiin …«
»Geht nicht«, sagte Niki.
»Finde deinen Rhythmus. Durch die Nase eeeinn … durch den Mund wieder aaauuus. Und dann wieder eeeiin …«
Marios Singsang machte Niki müde. Sie hatte in der Nacht schlecht geschlafen und sich schon den ganzen Tag lang wie ausgespuckt gefühlt. Gut, dann eben atmen. Eeeiiin und aaauuus.
»Sehr, sehr schön. Spürst du die Schwingungen ohne Bedingungen?«, fragte Mario, während er ihr sanft über den Bauch strich.
»Öhhuaa«, gähnte Niki.
»Du bist schläfrig, weil deine Chakren blockiert sind«, verkündete Mario. Seine Hand glitt etwas tiefer. »Dir fehlt es an Energie. Chakren sind die Energiezentren des Menschen. Das Wort stammt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie ›sich drehendes Rad‹. Ein Chakra ist sozusagen ein Energiewirbel, in dem das Bioplasma zirkuliert.«
»Ach so«, heuchelte Niki Interesse. Mario hätte auch Suaheli sprechen können, der Sinn seiner Worte blieb ihr ein Rätsel.
»Es gibt sieben Chakren«, fuhr Mario mit behutsamer Stimme fort. »Sie sind vom Rumpf bis zum Scheitel hin aufsteigend angeordnet und werden in dieser Reihenfolge geöffnet.«
Inzwischen war er bei Nikis Venushügel angelangt und rieb ihn mit kreisenden Bewegungen. Was auch immer es mit diesem Tschakka auf sich hatte, es fühlte sich wunderbar an. Allmählich verschwanden die bohrenden Gedanken aus Nikis Kopf. Sie flatterten einfach davon. Nicht denken, nur fühlen, hatte Mario letztes Mal gesagt. Erleichtert spürte Niki, wie sie in einem riesigen Wattebausch aus Wohlgefühl versank.
»Zieh dich aus«, sagte Mario.
So schlicht, so einfach.
»Nee.«
»Zieh dich einfach aus. Befreie dich.«
Also schön. Niki ging auf die Knie, zog sich das mausgraue Frotteekleid über den Kopf und legte sich wieder hin. Jetzt war sie splitterfasernackt.
»Zufrieden?«, fragte sie.
»Ich bin immer zufrieden. Ich lebe im Einklang mit allem, was ist.«
Seine Hände hatten schon wieder von ihrem Venushügel Besitz ergriffen, als gäbe es nichts Selbstverständlicheres auf der Welt. Nikis Körper begann zu pulsieren.
»Das ist dein Wurzelchakra.« Mario rieb kräftiger. »Es liegt zwischen Steißbein und Genitalien.«
Allein, wie sanft und verständnisvoll er das Wort Genitalien aussprach, brachte Niki restlos um den Verstand.
»Das Wurzelchakra erdet dich, wenn es mit Energie versorgt ist«, erklärte Mario, den tiefen Seufzer ignorierend, der von Nikis Lippen kam. »Es steht für Urvertrauen und Stabilität.«
»Hab ich nicht«, japste sie.
»Eben. Deshalb stimuliere ich ja dein Wurzelchakra.«
Niki hätte es etwas anders ausgedrückt. Aber was machte das schon? Sie war nur nicht ganz sicher, ob sie einschreiten sollte, falls Mario sein eigenes Wurzeltschakka zur Anwendung brachte. Wo das lag, wusste sie zufälligerweise ganz genau. Auch wenn sie den merkwürdigsten Körperteil des Mannes seit Ewigkeiten nicht mehr in Aktion erlebt hatte.
Leider rutschte Marios Hand weiter nach oben. »Dies ist dein Sakralchakra«, raunte er. »Es liegt eine Handbreit unter dem Nabel. Das Sakralchakra ist der Sitz der frei fließenden Sinnlichkeit und der sexuellen Energie.«
Heilig’s Blechle, der Mann hatte es drauf. Niki wölbte ihm ihren Bauch entgegen. Ihr Seufzen steigerte sich zu einem Stöhnen. Himmel, war das gut.
»Fein«, lobte Mario. »Alle Schlacken in deinen Energiebahnen werden jetzt gelöst, und du öffnest dich.«
Niki stellte fest, dass eine ganz andere Zone ihres Körpers sich öffnete, so sacht wie ein Blütenkelch, der von derMorgensonne geküsst wurde. Und so
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