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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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kletterte. Es kostete mich meine ganze Willenskraft, die Arme zu bewegen, mit dem Zittern aufzuhören und zu hoffen, dass jeder, der herauskäme, nicht nach oben in den Baum schaute. Ich blickte nicht nach unten, spitzte aber die Ohren, ob ich Alarmrufe hörte und wir alle festgenommen würden - oder noch Schlimmeres ertragen müssten.
    Nichts. Die Hammerschläge setzten wieder ein.
    Zweige und Blätter zerkratzten mir die Füße, dann die Waden, und dann war ich in der Baumkrone. Danello packte meine Beine und leitete mich zu einem dicken Ast in der Nähe des Stamms. Dort brach ich in seinen Armen zusammen.
    »Wie geht's Aylin?«
    »Kurz vorm Kotzen«, antwortete sie. »Und meine Hände brennen, ansonsten alles bestens.«
    »Seilbrand«, erklärte Danello. »Es wäre ohne Handschuhe viel schlimmer gewesen.«
    Aylin schnaubte empört. »Es wäre viel schlimmer gewesen, wenn ich losgelassen hätte.«
    Danello kletterte zu den Seilen und schüttelte sie nacheinander. »Ruht euch aus, solange ihr könnt«, sagte er. »Wir müssen vielleicht noch mehr klettern.«
    »O welche Freude!«, murmelte Aylin.
    Ceun schaffte es leichter auf den Baum als wir, aber kleine Jungs sind immer gut im Klettern.
    »Patrouille«, sagte Danello leise, und wir erstarrten.
    Wir spähten durch die Blätter und sahen die Soldaten über den hell erleuchteten Hof der Gießerei gehen. Beide trugen schwere Schwerter an den Gürteln und Kettenrüstungen. Aber nicht aus Pynvium, nur die Standardrüstungen, welche die meisten Patrouillen trugen. Sie bogen um die Ecke.
    »Los!«
    Wir kletterten wieder in Richtung der Hinterseite des Gebäudes. Mit etwas Glück würden die Äste uns nahe an ein Fenster im zweiten Stock heranbringen. Quenji schwor, dass niemand je Fenster in dieser Höhe verschloss und wir wahrscheinlich direkt hineinkriechen könnten.
    Wir kamen ans Ende des Astes. Der dicke Ast, auf dem wir saßen, reichte nicht bis zum Gebäude, aber einige dünnere taten es.
    »Bleibt hier und haltet die Augen nach einer Patrouille offen«, sagte ich und trat vorsichtig auf den Ast, der dem Fenster am nächsten kam. Stückchen für Stückchen ging ich weiter und erprobte mein Gewicht. Je näher ich dem Ende kam, desto mehr neigte sich der Ast. Ich kletterte zurück. »Er hält mich nicht.«
    »Wie wär's mit mir? Ich bin klein«, fragte Ceun.
    »Versuch, zum Fenster zu kommen, und binde das Seil drüben fest.«
    Aylin spähte in die Schatten. »Ist der Raum leer?«
    »Sieht dunkel aus, aber - Patrouille!«
    Wieder erstarrten wir, als die Soldaten unter uns entlanggingen. Dann blieben sie stehen.
    Aylin drückte meine Hand. Ich hielt den Atem an. Einer der Soldaten kniete nieder und hob einen abgebrochenen Zweig auf. Dann schaute er in den Baum hinauf.
    Bitte, heilige Saea, mach, dass er uns nicht sieht!
    Er stand auf, warf den Zweig beiseite, und beide gingen weiter.
    Ich atmete auf. Das war knapp gewesen.
    »Ceun, klettere zum Fenster.«
    Er nickte und huschte über den Ast. Dieser senkte sich, aber nicht so tief, dass er gefallen wäre. Ceun erreichte das Fenster und verließ den Ast. Dieser schnellte nach oben, aber es brachen keine weiteren Zweige und nichts fiel zu Boden.
    Ceun klammerte sich ans Fenster wie ein Frosch an einen Baum. Er rutschte nach unten und drückte mit den Handflächen gegen den Rahmen, dann schob er das Fenster nach oben.
    Kaum war es offen, schlüpfte Ceun hinein. Wir warteten. Die Sekunden tickten vorbei. Dann erschien er wieder. »Werft das Seil«, rief er leise.
    Danello warf, und Ceun fing es auf. Beide verschwanden wieder; Danello im Baum und Ceun im Zimmer. Das Seil straffte sich.
    Danello verschwendete keine Zeit. Er hängte sich mit den Knien an einen Ast und schob sich zum Seil. Es hielt ihn. Er kroch schneller hinüber, als es mir möglich war.
    Aylin kroch als nächste, nicht besonders anmutig, aber auch nicht langsam. Dann war ich an der Reihe. Ich saß auf dem Ast und beugte mich nach hinten, bis ich an den Knien hing. Ich griff nach vorn und packte das Seil. Meine Arme zitterten bereits, obwohl ich noch nichts getan hatte.
    Nur hinüber!
    Ich versuchte, meine Beine um das Seil zu schlingen. Aber es gelang mir nicht. Ich hing da, meine Arme schrien vor Schmerzen.
    Beweg dich, los. Hoch die Beine!
    Ich zog mit all meiner Kraft. Dann erreichten meine Beine das Seil und wickelten sich darum. Ich sprach schnell ein Stoßgebet und kletterte hinüber. Ich zwang Hände und Beine vorwärts.
    Beinahe geschafft!
    Unten

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