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Das blaue Mädchen

Titel: Das blaue Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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das wie
Zauberkraut
oder
Zauberbraut
klang. Vielleicht träumte sie und das war das Beste, was ihr passieren konnte. Wenn es ein guter Traum war. Sie würde noch eine ganze Weile mit bösen Träumen zu kämpfen haben, nachdem das hier vorbei war.
    Nein, dachte Jana und erschrak. Sie träumt nicht, sie phantasiert. Es ist kein gutes Zeichen, es ist ein schlechtes.
    Sie packte Miri fester, spähte noch einmal hinaus und begann zu laufen.
    Miris Kopf rollte auf ihrer Schulter hin und her. Jana lief durch die Pfützen. Das Gewand wurde nass und schlug ihr bei jedem Schritt gegen die Beine. Nicht fallen, dachte Jana, bloß nicht hinfallen!
    Miri bewegte sich und rutschte ihr fast aus den Armen. Jana hörte sich keuchen. Die Haare klebten ihr im Gesicht, weil sie vergessen hatte, sie zusammenzubinden. Noch ein paar Meter, dachte sie, dann kann ich es riskieren, stehen zu bleiben und kurz zu verschnaufen.
    Bei den ersten Bäumen wagte sie es, sich umzuschauen. Still und wie verlassen lagen die Gebäude der Kinder des Mondes da, von Regenschleiern verhangen, wie ein Ausschnitt aus einem alten, ausgebleichten Gemälde.
    Jana hockte sich hin und stützte Miris Gewicht mit den Oberschenkeln ab. Sie hatten noch den langen Weg durch den Wald vor sich und sie musste ihre Arme entlasten.
    Die Decke hatte sich mit Regen voll gesogen und war schwer geworden. Der strenge Geruch nach nasser Wolle stieg Jana in die Nase. Sie befühlte Miris Schlafanzug. Er war nur verschwitzt, also war die Nässe von außen noch nicht durchgedrungen.
    Jana hob Miri wieder hoch und stand mit wackligen Knien auf.
    Im Wald war es dunkel. Die hohen Bäume ließen von dem kärglichen Licht kaum etwas durch.
    »Hab keine Angst«, sagte Jana, »wir machen nur einen kleinen Spaziergang. Marlon wartet auf uns. Kannst du dich an Marlon erinnern, Miri? Den Jungen mit dem Roller? Der uns fotografiert hat?«
    Es war eine Wohltat, nicht mehr laufen zu müssen, sondern einfach zu gehen. Es tat auch gut, nicht mehr flüstern zu müssen.
    »Natürlich erinnerst du dich an ihn. Marlon wird uns in ein Krankenhaus bringen. Und da werden sie dir Medizin geben, die dich bald wieder gesund macht. Und wir werden immer zusammen sein und du brauchst dich vor nichts mehr zu fürchten.«
    Es kam Jana vor, als würden ihre Arme immer länger. Und Miri immer schwerer. Sie stolperte über Wurzeln, die sie nicht sehen konnte, das nasse Gewand wickelte sich ihr um die Beine.
    Hatte sie noch Zeit für eine klitzekleine Pause?
    Sie hockte sich hin, verlagerte Miris Gewicht wieder auf die Oberschenkel, lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum und wünschte sich, mehr Kraft zu haben.
    Miris Kopf lag in ihrer Armbeuge. Ihre Augen waren geschlossen. Ihr Gesicht ganz unbewegt.
    Jana beugte sich vor, um zu horchen, ob sie noch atmete. Doch sie hörte nur ihren eigenen Atem in kurzen, heftigen Stößen. Sie beugte sich weiter hinunter, bis ihre Wange ganz nah an Miris Mund war. Und da spürte sie Miris Atem auf der Haut.
    Sie weinte vor Erleichterung. Und aus Angst.
    Es war das Atmen eines kleinen Vogels, viel zu schwach.
    Jana drückte Miri an sich, stand schwankend auf und begann wieder zu laufen.
    Irgendwann spürte sie ihre Arme und Beine nicht mehr. Es war, als bestünde sie nur noch aus einem einzigen Schmerz.

    Marlon sah Jana und rannte auf sie zu. Ihr Gewand war nass und schmutzig. Die Decke, in die sie Miri gehüllt hatte, war so lang, dass sie fast über den Boden schleifte. Sie wankte unter dem Gewicht.
    Er nahm ihr Miri ab und sie liefen über die Lichtung und den Waldweg hinunter.
    Der Pfarrer holte zwei trockene Decken aus dem Kofferraum. Er legte Jana eine davon um die Schultern und half ihr in den Wagen. Marlon hüllte Miri in die zweite Decke und setzte sich mit ihr zu Jana auf den Rücksitz. Der Pfarrer warf die nasse Decke in den Kofferraum, schlug den Deckel zu, setzte sich ans Steuer und legte den ersten Gang ein.
    »Danke«, sagte Jana. »Vielen, vielen Dank!«

19

Ich sitze in einem hübschen kleinen Zimmer mit blauen Vorhängen und einer sonnenblumengelben Tagesdecke auf dem Bett. Der Schreibtisch ist aus Kiefernholz und steht vor dem Fenster, aus dem ich auf eine Obstwiese sehen kann.
    Die Bäume haben keine Blätter mehr. Hier, so weit oben im Norden, ist schon lange Herbst.
    Über den Himmel ziehen ein paar Wolken, ganz weiß. Die Sonne scheint. Man sollte meinen, es sei warm draußen, dabei geht ein kalter Wind.
    Hinter dem Obstgarten beginnen die Felder. Und

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