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Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition)

Titel: Das bleibt in der Familie: Von Liebe, Loyalität und uralten Lasten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Konrad
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besonders mögen, um ihm gegenüber loyal zu sein. Es reicht, mit ihm verwandt zu sein.
    Loyalität funktioniert aus verschiedenen Gründen: Weil wir unsere Familie lieben, weil wir unsere Eltern zufriedenstellen möchten. Im Idealfall beruht Loyalität auf Bindung, Liebe und Gerechtigkeit. Man ist selbstverständlich füreinander da und vertraut einander.
    Die meisten Menschen kennen aber auch die inneren Ringkämpfe, die entstehen, wenn eigene Lebensentscheidungen nicht den Wünschen der Eltern entsprechen oder wenn das, was die Familie wichtig und richtig findet, uns unaufhörlich wegführt von eigenen Träumen und Idealen. Hierin liegt eine existenzielle Entwicklungsaufgabe für jeden Menschen – sich von der Familie abzulösen, ohne sie insgesamt zu verneinen, und neue Loyalitätsbeziehungen zum Partner und eigenen Kindern einzugehen.
    Eine Familie kann ihre Nachkommen in dem wichtigen Prozess der Ablösung unterstützen, sie kann ihn aber auch erschweren. Treue zur Familie birgt ein enormes Konfliktpotenzial, wenn sie starr bleibt, Reflexion und Kritik verbietet und als Gesetz über allem steht. Es gibt drei typische Situationen, in denen familiäre Loyalität unweigerlich zu Schwierigkeiten führt: wenn sie uns nicht bewusst ist; wenn sie zu stark ist, zu stark gefordert wird, kein Maß und kein Erbarmen kennt; oder wenn sie kranken Regeln folgt, die alle ethischen Gesetze brechen.
    Zu starke und kranke Loyalität bindet uns an die Familie über Schuldgefühle und Angst, bei illoyalem Verhalten nicht mehr geliebt oder gar aus der Familie ausgeschlossen zu werden. Oftmals findet eine Verquickung von unbewusster, zu starker und mitunter auch kranker Loyalität statt, und dann wird Ablösung zum Höllenritt, zur schwersten Aufgabe unseres ganzen Lebens.
    »Denn sie wissen nicht, was sie tun« – Wenn Loyalität nicht bewusst ist
    »Auch wenn ich meinen Vater hasste, brachte ich diesen Hass beredt zum Ausdruck, indem ich sein Leben nachahmte, indem ich von Tag zu Tag ineffektiver wurde, indem ich all die düsteren Prophezeiungen, die meine Mutter über mich und meinen Vater verkündet hatte, erfüllte.«
    PAT CONROY , Die Herren der Insel
    Mit der Loyalität verhält es sich ähnlich wie mit der Liebe: Jeder fühlt sie (zu jedem) anders, jeder beschreibt sie anders, sie kann uns Geborgenheit geben oder uns ins Unglück stürzen. Bereits kleine Kinder sind ihren Eltern gegenüber loyal, sie haben ausgezeichnete Antennen für die Erwartungen ihrer Eltern und tun automatisch eine Menge, um diese glücklich zu machen. So wie der fünfjährige Noah, der unbewusst versucht, das Gleichgewicht in seiner Familie herzustellen, indem er sich auf die Seite seines durchsetzungsschwachen Vaters schlägt. Niemandem aus der Familie ist diese Dynamik bewusst, aber alle sind sich einig, dass etwas nicht stimmt: mit Noah.
    Die Familie besteht aus Britta, Florian und ihren drei Kindern. Brittas Lebensziel war von jeher, möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen und ihnen eine gute Mutter zu sein. Florians Lebensziel ist seit vielen Jahren, seine Frau glücklich zu machen. Die ersten beiden Kinder werden geboren, zwei Mädchen. Britta ist glücklich, Florian irgendwie auch, aber da fehlt etwas in seinem Leben, er möchte sich beruflich verändern, noch mal studieren. Britta möchte noch ein Kind. Bei zwei Kindern könnte Florian das Angebot seiner Firma annehmen und im Rahmen einer Dreiviertelstelle berufsbegleitend studieren. Bei drei Kindern könnte die Familie nicht auf Florians volles Gehalt verzichten, zumal Britta dann erneut zwei Jahre nicht erwerbstätig sein würde. Ein paar Gespräche finden statt, es fällt kein böses Wort, es gibt keinen Streit, und irgendwann wissen beide: Britta ist nur glücklich, wenn sie noch ein weiteres Kind bekommen darf, während Florian unschlüssig ist, wie wichtig er sein eigenes Glück nehmen darf. Also wird Britta wieder schwanger. Das dritte Kind wird ein Sohn, und als er heranwächst, entwickelt er sich ganz anders als die beiden Mädchen. Während diese wohlerzogen und vernünftig sind, scheint der Junge wie ein kleiner Teufelsbraten. »Nein!« ist Noahs Lieblingswort, er stiftet Unruhe und Unfrieden, wo er geht und steht. Vor allem mit seiner Mutter gerät er immer wieder in Konflikte, er bekämpft ihre Anweisungen, ihre Bitten und ihre Wünsche – Noah ist der personifizierte Gegenspieler der Mutter. Aber auch innerlich scheint er große Kämpfe auszufechten, er wirkt

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