Das Blumenorakel
nichts mehr vorgefallen. Konstantin ist schlieÃlich ein Ehrenmann! Ach, hätte ich dir nur nichts von dem Kuss erzählt«, fauchte Flora, als Sabines Blick weiterhin skeptisch blieb. Doch schon im nächsten Moment verzog sich ihr Gesicht zu einem Lächeln. »Du müsstest mal sehen, wie sehr die Damen Konstantin auf ihren Festen in Beschlag nehmen! Manchmal schafft er es nur mit Müh und Not, auf einen kleinen Plausch zu mir zu kommen, und trotzdem bleibt er immer guter Laune. Stell dir vor, er zwinkert mir sogar über die Köpfe der Leute hinweg zu oder verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. Ach, er ist so lustig!« Flora seufzte tief auf.
Wie sehnsuchtsvoll sie klang! Noch schlimmer als Minka, die so heftig in den ersten Koch aus dem Englischen Hof verliebt war. Sabine konnte deren Schwärmereien bald nicht mehr hören, vor allem nachdem sie selbst nichts mehr zu schwärmen hatte: Moritz, der Schneidergeselle vom Herrenausstatter, war nämlich nach dem Tod seines Vaters auf den elterlichen Hof in den Hochschwarzwald zurückgekehrt und hielt nun statt Nadel und MaÃband wieder die Mistgabel in der Hand. Von wegen gemeinsame Zukunft â¦
Männer! Wütend starrte Sabine auf ihren Putzlappen. So wie es aussah, würde sie wohl ewig für fremde Leute putzen müssen.
Flora hingegen hatte einen guten Mann, ein schönes Heim, sie hatte hier im Laden das Sagen â was wollte sie denn noch? Am liebsten hätte Sabine ihr einmal ordentlich den Kopf gewaschen! Denn dass Flora in diesen ⦠Tunichtgut verliebt war, darauf hätte sie all ihre Habe verwettet. Auch wenn die Freundin es tausendmal abstritt.
Aber Sabine traute sich nicht. Denn Freundschaft hin oder her â Flora war die Frau des Hauses, von ihr bekam sie ihren Lohn. Da tat es nicht not, ihr offen ins Gesicht zu sagen, dass man sie für verrückt hielt.
»Soll ich das Wasser in allen Eimern wechseln oder nur bei den Pfingstrosen?«, fragte sie ruhig.
»Was ist denn das für eine Frage? Natürlich bekommen alle Blumen frisches Wasser!« Mit zusammengekniffenen Augen schaute Flora auf den Boden. »Da hinten in der Ecke ⦠Putz da noch mal drüber. Und als Nächstes füllst du den Korb mit dem Bindematerial auf.«
»Mit Kordeln oder lieber mit den dickeren Schnüren?«
»Von allem etwas, damit ich eine Auswahl habe. Und wo ist eigentlich schon wieder der Bindedraht? Müsst ihr mir alle die Arbeit so schwermachen?« Abrupt tauchte Flora ihre Feder ins Tintenfass. Ein dicker Tropfen Tinte platschte auf den Briefbogen. Hastig tupfte sie ihn mit einem Lappen auf. »Verflixt noch mal, heute geht mir wohl alles schief!«
Sabine verdrehte die Augen, sagte aber nichts. In letzter Zeit kam es nur allzu häufig vor, dass Flora alle ihr Nahestehenden so anfuhr. Meistens tat es ihr anschlieÃend leid und sie entschuldigte sich dafür, dass sie ihre Launen an anderen auslieÃ.
Als die Freundin nach einer halben Ewigkeit zu sprechen anhob, rechnete Sabine auch diesmal mit einer Entschuldigung, doch Flora sagte: »WeiÃt du, Konstantin hat es wirklich nicht leicht. All die durchwachten Nächte an Püppis Seite, voller Schmerzen und Tränen ⦠Die Fürstin saugt ihn mit ihrer Angst regelrecht aus. Wie gern würde ich ihm helfen â¦Â«
»Was redest du denn da? Er macht das alles doch nicht umsonst, die alte Frau kommt im Gegenzug für all seine Unkosten auf, oder etwa nicht? So gesehen ist dein Konstantin nichts anderes als ein bezahlter Knecht. Ein Grund, ihn zu bemitleiden, ist das jedoch nicht! Oder tue ich dir etwa auch leid, weil ich eure Magd bin?« Die Arme in die Seiten gestemmt, funkelte Sabine Flora wütend an.
»Was ist denn das für ein Vergleich? Als ob wir dich derart in Beschlag nehmen würden, wie die alte Fürstin es mit Konstantin tut! Bestimmt ist sie auch der Grund dafür, dass er noch immer nicht aufgetaucht ist. Am liebsten würde ich losziehen, um ihr einmal ordentlich die Meinung zu sagen.«
»Ich glaube, langsam bist du wirklich nicht mehr ganz bei Trost«, murmelte Sabine vor sich hin. Da bemerkte sie einen Schatten in der hinteren Tür. Floras Schwiegermutter und der kleine Alexander.
Flora sprang auf, nahm Ernestine den Kleinen ab, küsste und herzte ihn. »Mein SüÃer â¦Â«
Sowohl Sabine als auch Ernestine mussten angesichts der innigen Szene
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