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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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so weit gekommen!« Er drehte sich auf dem Absatz um und rannte davon.
    Leichenblass blieb Ernestine zurück.

    Â»Hier im Wandelgang sehen Sie auf vierzehn Fresken die Sagen, die sich um unser schönes Baden-Baden ranken, als da wären die Sage vom Baldreit, die Sage vom Mummelsee, hier sehen Sie die Sage von …« Lustlos ging Friedrich von einem Bild zum anderen und leierte dabei seinen Vortrag herunter, ohne weiter auf die einzelnen Sagen einzugehen. Mit einem Ohr lauschte er in Richtung Kirchturm. Die Kirchenglocken schlugen zehn Mal, dann elf – Gott sei Dank! Nur noch eine Stunde bis zur Mittagspause. Hoffentlich war die Gruppe aus Heilbronn bis dahin verschwunden. Er hatte nicht vor, wegen ein paar alter Weiber auf seinen Mittagsschlaf zu verzichten. Und wehe, seine Mutter kam wieder mit ihren schlauen Reden daher!
    Friedrich gelang ein verkrampftes Lächeln. Ein paar der Damen hielten kunstvoll geschliffene Gläser bereit, daher sagte er: »Der Brunnen befindet sich im Inneren der Trinkhalle.« Er bedeutete der Gruppe, die Halle zu betreten, und wollte sich gerade verabschieden, als sich eine der Frauen räusperte.
    Â»Sagen Sie, aus welcher Tiefe steigt das Baden-Badener Thermalwasser eigentlich auf? Meine Schwester – sie weilte letztes Jahr zu einer Trinkkur hier – wollte mir weismachen, dass es aus einer Tiefe von über viertausend Fuß kommt! Das habe sie irgendwo gelesen.«
    Friedrich verdrehte innerlich die Augen, riss sich aber zu einer höflichen Antwort zusammen. »Ihre Schwester hat eher untertrieben. Inzwischen nimmt man sogar an, dass die Wässer ihren Ursprung in einer Tiefe von ungefähr sechstausend Fuß haben.«
    Ohne sich weiter um die staunenden Ausrufe der Kurgäste zu kümmern, stapfte Friedrich davon. Nicht, dass den Frauen noch mehr Fragen einfielen!
    In dem Moment sah er Lady O’Donegal vom Trinkbrunnen her auf sich zustürmen.
    Auch das noch! Das Letzte, wonach ihm der Sinn stand, waren ihre Pläne das Hotel Marie-Eluise betreffend. Laut Gustav Körner stand die Unterzeichnung des Kaufvertrages unmittelbar bevor. Überschwänglich hatte sich der Mann erneut bei Friedrich dafür bedankt, den Kontakt zu der Engländerin hergestellt zu haben. Friedrich selbst konnte immer noch nicht glauben, dass die Lady es ernst meinte. Nur weil es einem in Baden-Baden gut gefiel, kaufte man sich doch nicht gleich ein Hotel. Kein Wunder, dass manche in der Stadt glaubten, die Dame sei nicht ganz bei Trost.
    Viel schlimmer aber war, dass sie ihn dazu überreden wollte, Direktor ihres Hotels zu werden. Aus allen Wolken war er gefallen, als sie ihm diesen Vorschlag ein paar Tage zuvor unterbreitet hatte. Was sollte er allein im Marie-Eluise schon ausrichten? Sie wusste doch, aus welchen Gründen Gustav Körner zum Verkauf gezwungen worden war! Und sie wusste auch Bescheid über seine familiären Verhältnisse. Sie war schließlich dabei gewesen an jenem Tag, als seine Welt draußen im Forellenhof zusammenbrach. Wenn es nach ihm ginge, konnte sie sich zehn Hotels kaufen. Aber ihn sollte sie in Ruhe lassen.
    Am liebsten hätte er sich weggeduckt und so getan, als habeer sie nicht gesehen, doch schon im nächsten Moment war sie bei ihm.
    Â»Mister Sunshine! Haben Sie schon gehört, dass ich –« Sie verstummte schlagartig, als sie in sein Gesicht schaute. » Oh my god , wie sehen Sie denn aus? Blass wie ein Leichenhemd, ohne Saft und Kraft. Einfach grauenhaft, wenn ich das anmerken darf!«
    Ãœber Friedrichs Miene stahl sich ein gequältes Lächeln. Lady Lucretia redete wirklich nicht um den heißen Brei herum. Er zuckte mit den Schultern. »Nun ja, gegen Ende der Saison wird man halt ein wenig müde.«
    Â»Sie können mir nichts vormachen. Ihr Kummer rührt ganz woanders her.« Einen Moment lang schaute die ältere Frau ihn durchdringend an, dann seufzte sie tief auf. »Lieber Mister Sunshine, ich glaube, wir zwei sollten uns dringend unterhalten. Kommen Sie!«
    Â»Aber … ich kann jetzt nicht weg, ich werde hier gebraucht!«, rief er, während sie ihn bereits recht unsanft die Treppe hinunterschubste.
    Â»So elend, wie Sie daherkommen, werden Sie hier gewiss nicht gebraucht«, entgegnete sie und zog Friedrich in Richtung Conversationshaus, ohne sich um seine Proteste zu kümmern.

    Sie nahmen an einem der kleinen Tischchen Platz, die vor

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