Das Blumenorakel
ist«, sagte Friedrich, dessen Blick dem ihren gefolgt war.
Flora lachte. »Ich glaube, das sieht schlimmer aus, als es ist. Ein paar Eimer Seifenwasser und eine Wurzelbürste, vielleicht ein frischer Anstrich für die Gartenmöbel â und schon wären sie wieder präsentabel. Lohnen würde es sich â das Häuschen ist wirklich sehr hübsch!« Flora zog einen der Stühle in den Türrahmen. »Könnten Sie mir kurz helfen, die Gartenmöbel ins Freie zu tragen? Dann wasche ich sie ab und â«
»Flora? Friedrich? Gott sei Dank! Ich dachte schon, ich hätte Einbrecher gehört â¦Â« Ernestine Sonnenschein fixierte die beiden genauer und schlug prompt eine Hand vor den Mund. »Du lieber Himmel, Friedrich â deine Hose!« Mit spitzem Finger zeigte sie auf Friedrichs rechtes Hosenbein, in dem ein langer Riss klaffte. Eine dornige Rosenranke hatte sich daran geheftet.
»Das ⦠das kann ich wieder nähen«, piepste Flora. »Friedrich wollte mir nur helfen.«
Ernestine musterte Flora von Kopf bis FuÃ. »Sabine wird sich Friedrichs Hose annehmen, kümmere du dich besser um deinKleid, es ist völlig verdreckt! Oje, hoffentlich hat euch niemand gesehen â¦Â« Ernestines Blick irrte von rechts nach links, als wolle sie sich davon überzeugen, dass sie wirklich allein waren. »Am heiligen Sonntag ⦠Das schickt sich doch nicht â¦Â«
Friedrich zeigte auf das frisch angelegte Blumenbeet. »Schau Mutter, wie fleiÃig Flora war. In wenigen Wochen wachsen hier herrliche Sommerblumen â ist das nicht wunderbar?«
Ernestines Augen flatterten wie zwei kleine Insekten. »Nun ja, der Garten war tatsächlich ein wenig ⦠verwildert.« Sie musterte das Beet. »Und das ist allein dein Werk?«
Flora nickte. Freute sich die Hausherrin denn gar nicht? Ernestine seufzte. »Es sieht schön ordentlich aus â¦Â«
Ein Strahlen ging über Floras Gesicht, doch im nächsten Moment musste sie zur Kenntnis nehmen, dass sich Ernestines Miene wieder verdunkelte.
»Aber ehe man sichs versieht, wuchert wieder überall das Unkraut. Früher, da wollte ich Kuno auch im Garten helfen, aber fürs Gärtnern muss man wohl geboren sein ⦠Und dann das Gartenhaus! Ich mag gar nicht hingucken! Seinerzeit habe ich hier sogar kleine Kaffeegesellschaften gegeben. Meine Freundinnen waren immer der Ansicht, es hätte so etwas Elegantes, den Kaffee im Garten einzunehmen.« Ernestine zuckte mit den Schultern. »Es war zwar schrecklich viel Arbeit, solch eine Gesellschaft vorzubereiten, aber ich habs gern getan. Na ja, diese Zeiten sind vorbei, wie so vieles â¦Â« Sie seufzte tief auf.
»Aber warum eigentlich?«, sagte Flora. »Wenn der Sommer so schön wird wie der letzte, könnten Sie Ihren Garten doch wieder genieÃen! Wir waren gerade dabei, die Gartenmöbel herauszutragen. Wenn man sie säubert und frisch lackiert â«
»Die Möbel raustragen â jetzt?«, rief Ernestine. »Was würden wohl die Nachbarn sagen, wenn ihr wie zwei gewöhnliche Knechte Möbel schleppt â also wirklich, Friedrich, zumindest du müsstest es besser wissen!« Ernestine sah ihren Sohn tadelnd an.
»Natürlich kann ich auch allein â«, begann Flora erneut.
»Nichts da!«, fuhr Ernestine Sonnenschein mit vor Aufregung heller Stimme dazwischen. »Solche Arbeiten ziemen sich für ein junges Fräulein nun wirklich nicht.«
14 . K APITEL
S olche Arbeiten ziemen sich für ein junges Fräulein nicht!« â über diese ÃuÃerung von Frau Sonnenschein ärgerte sich Flora sehr. So gesehen wäre ihre fleiÃige Mutter eine recht unziemliche Person â¦
Was war denn verkehrt an ehrlicher Hände Arbeit? Doch Flora schob ihren Ãrger beiseite. Jetzt, wo der Garten so schön war, lag es doch nahe, auch das Gartenhaus wieder herzurichten, argumentierte sie Friedrich gegenüber.
»Ein frischer Anstrich â wo soll ich denn das Geld dafür hernehmen?«, jammerte er, doch zwei Tage später stand er mit einem Kübel weiÃer Farbe da.
»Du bist verrückt!«, sagte Sabine, als sich Flora daranmachte, Friedrich beim Streichen der Gartenmöbel zu helfen, statt mit der Magd spazieren zu gehen. »Du stehst von früh bis spät im Laden und machst dir abends
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