Das Blumenorakel
auch noch den Buckel krumm. Das dankt dir doch niemand!«
»Darum geht es mir nicht«, erwiderte Flora. »Mir macht das Arbeiten wirklich SpaÃ, das war schon immer so. Auch bei uns daheim kann ich es nicht hinnehmen, wenn irgendwas ⦠unschön ist. Manchmal reicht es schon, wenn man in eine düstere Ecke einen hübschen Blumenstrauà stellt. Oder eine bunte Decke über einen alten Stuhl wirft. Wenn alles schön ist, freut man sich doch, nicht wahr?«
Sabine schüttelte den Kopf. »Wie du daherredest, fast wie die gnädige Frau mit ihren Zeitungsgeschichten. Da ist auch immer alles hübsch und schön. Als ob es im Leben darum ginge! Ichbin froh, wenn alles einigermaÃen sauber ist und ich nicht hungrig ins Bett gehen muss. Ob etwas hübsch ist, interessiert mich reichlich wenig!« Sabine runzelte die Stirn. Sie konnte Floras Schaffenseifer wirklich nicht nachvollziehen.
»So schön war es nicht einmal früher!«, rief Ernestine, nachdem Friedrich sie und den Vater geholt hatte, damit sie einen Blick auf das getane Werk werfen konnten. Der schneeweiÃe Tisch, auf dem Flora eine Schale Maiglöckchen drapiert hatte, stand nun in der Mitte des Gartenhauses, die Stühle waren einladend im Kreis ringsum platziert worden. »Aber die viele Arbeit â¦Â«
Friedrich lachte. »Für mich war das eine willkommene Ablenkung. Wer weiàâ vielleicht finde ich in den nächsten Wochen doch noch die Zeit, die Tannen zu fällen. Dann wäre es im Garten noch heller, nicht wahr, Flora?«
Dass sich ein wildfremdes Mädchen so sehr für den Garten interessierte und auch noch ihren Sohn dazu brachte, ihr bei den Arbeiten zu helfen, lieà Ernestine keine Ruhe. Wenn sie früher von Friedrich Hilfe im Garten verlangt hatte, hatte sie ewig bitten müssen. Flora hingegen half er, ohne zu murren.
Else Walbusch schürte ihre Bedenken nur noch. »Gestern Abend habe ich deinen Buben gesehen, zusammen mit eurem Lehrmädchen hat er das Gartentor repariert. Wie die beiden miteinander gelacht haben!«, sagte sie, als Ernestine den Gemischtwarenladen wegen eines Ersatzknopfes aufsuchte.
»Werden da etwa zarte Bande geknüpft?«, hauchte Margret, die Frau des Apothekers, die ebenfalls im Laden stand.
»Zarte Bande, von wegen â die Württembergerin hats auf einen Ehemann abgesehen!«, erwiderte Else Walbusch brüsk.
An ein vernünftiges Tagwerk war für Ernestine nach diesem Gespräch natürlich nicht mehr zu denken.
War diese Flora tatsächlich auf der Suche nach einem Ehemann? Und glaubte sie, diesen in ihrem Sohn gefunden zu haben? Zugegeben, Flora Kerner war hübsch, fleiÃig und freundlich, Ernestine konnte nichts gegen sie sagen. Andererseits â eineLiebschaft unter ihrem Dach? Das würde sich weià Gott auch nicht schicken!
Die Angelegenheit lieà Ernestine keine Ruhe.
»Und wenns so wäre?«, entgegnete Kuno mürrisch, als sie ihm am Abend im Bett ihre Befürchtungen mitteilte. Er hasste es, wenn Ernestine ihn just dann ansprach, wenn er eine leichte Müdigkeit zu verspüren glaubte. Am liebsten hätte er seine Nachtmütze ins Gesicht gezogen und gar nichts mehr gesagt. »In meinen Augen wäre sie keine schlechte Wahl. Aber ich glaube, du bildest dir das nur ein. Etwas anderes als Blumen hat Flora Kerner nicht im Sinn, leider â¦Â«
»Wie kannst du dir da so sicher sein?« Ernestine saà pfeilgerade im Bett. »Und überhaupt: Was heiÃt hier leider ?« Der Zopf, den sie sich vor dem Zubettgehen geflochten hatte, löste sich bereits wieder in seine drei einzelnen Strähnen auf, das braune Haarband lag neben dem Bett auf dem Boden. »Du wirst doch eine Liebelei unter unserem Dach nicht gutheiÃen wollen? Wäre so etwas nicht sogar strafbar? Hast du eigentlich mitbekommen, ob Friedrich in seinem Zimmer ist? Oder sitzt er mit dem Mädchen noch im Salon? Himmel! Ich glaube, ich schaue am besten mal nach, was die beiden â«
»Du wirst dich unterstehen«, fiel Kuno ihr ins Wort. »Falls du recht hast in deiner Annahme â und ich betone falls ! â, dann wäre es das erste Mal, dass Friedrich sich für ein Mädchen interessiert. Höchste Zeit, finde ich!« Er stieà einen tiefen Seufzer aus und rutschte noch tiefer zwischen seine Kissen. »Ich für meinen Teil hätte nichts dagegen,
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