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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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er herzhaft von dem Brot abbiss.
    Â»So probieren Sie doch!«
    Auch Flora biss voller Appetit zu.
    Â»Das ist nun wirklich etwas anderes als eine Scheibe Brot mit etwas Wurst oder Speck«, sagte sie, als der letzte Krümel verschwunden war. »Sogar die Brote sind in Baden-Baden was Besonderes …«
    Â»Was?«, nuschelte Friedrich.
    Â»Nach dem heutigen Tag kommt es mir so vor, als existierten hier zwei Welten. Da gibt es unsere Welt, in der die Leute täglich ihrer Arbeit nachgehen und Speckbrote essen« … oder Brot ohne Speck , fügte sie stumm hinzu. »Und daneben existiert dieWelt dieser reichen Menschen, die ihre Pferde baden und Sandwiches essen.« Flora schüttelte den Kopf.
    Während sie sprach, hatte Friedrich sein angebissenes Brot wieder auf den Teller gelegt. Mit der Serviette tupfte er sich Mayonnaise vom rechten Mundwinkel.
    Â»Sie haben völlig recht«, sagte er. »Aber ich denke, in anderen Kurorten wie Karlsbad oder Marienbad gehen Kurgäste und Einheimische ebenfalls getrennte Wege.« Über den Rand seines Glases schaute er sie an. »Wäre es Ihnen lieber, ein paar von den Leuten hier würden allabendlich bei uns in der guten Stube hocken und Karten spielen?«
    Â»Das wär doch mal was anderes!«, sagte Flora lachend. »Aber zumindest in den Laden könnten Sie sich verirren.«
    Friedrich schnaubte. »Die rennen doch alle ins Maison Kuttner, das mit seinem Pomp und –«
    Â»Maison Kuttner!«, unterbrach Flora ihn. »Ich kann den Namen schon nicht mehr hören«, sagte sie so laut, dass sich eine Dame am Nebentisch mit gerunzelter Stirn zu ihr umdrehte. Flora lächelte sie entschuldigend an und sprach dann leiser, aber nicht weniger eindringlich weiter.
    Â»Unser Laden ist doch auch ganz ansehnlich! Groß, geräumig, hell … Wenn nur die Lage etwas besser wäre – uns trennen sozusagen nur ein paar hundert Schritte vom … Wohlstand.«
    Friedrich runzelte die Stirn. »Das stimmt, aber was wollen Sie daran ändern? Außerdem – so schlimm ists auch wieder nicht. Vater sagte, diese Woche sei es gut gelaufen, die Leute sind ganz glücklich über Ihre Wiesenblumen. Und wenn im Sommer noch die Blumen aus dem Garten dazukommen …«
    Alles schön und gut, aber das, was der Laden abwirft, reicht doch hinten und vorne nicht für ein anständiges Leben, ging es Flora durch den Kopf.
    Â»Auch wenn dir das eine oder andere missfällt – misch dich nicht in alles ein, Kind! Damit hast du dir schon in Reutlingen nicht nur Freunde gemacht« , hatte sie plötzlich wieder ihre Mutter im Ohr.
    Â»Am besten vergessen Sie einfach, was ich gesagt habe«, murmelte sie mit einem verlegenen Schulterzucken. »Es macht mich halt so wütend, dass die Kurgäste nur zum Maison Kuttner laufen und Ihr Herr Vater keine wohlhabenden Kunden hat«, platzte es dann doch aus ihr heraus.
    Friedrich hangelte zwischen Brottellern und Weingläsern nach Floras Hand. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, was wir tun könnten, um das zu ändern. Soll ich bei meinem Arbeitgeber nachfragen, ob ich in der Trinkhalle einen Werbezettel für den Laden aushängen darf? Ganz wohl wäre mir dabei nicht, aber …«
    Flora runzelte die Stirn. »Das ist keine schlechte Idee. Aber selbst wenn es uns gelänge, die Kurgäste in den Laden zu locken – ich weiß ja gar nicht, was diese reichen Leute eigentlich wollen! Worauf es ihnen ankommt. Das ist mir heute klar geworden. Seit ich all das …« – Flora machte eine ausholende Handbewegung – »gesehen habe, fühle ich mich erst recht fremd in Ihrer Stadt. Der Englische Hof, der Holländerhof, der Französische Hof – für jeden Reisenden hat die Stadt genau das richtige Domizil parat. Die Russen haben ihre Lieblingsplätze, die Engländer ebenfalls, jede Gruppe hat ihre seltsamen Eigenheiten.«
    Â»Oje, dem schwäbischen Mädchen ist es bange geworden …« Wie einem Kind, das eine Aufmunterung benötigt, strich Friedrich Flora über die Wange.
    Â»Sie machen sich über mich lustig!«, fuhr sie ihn an und gab ihm einen Klaps auf die Hand.
    Â»Nicht im Geringsten«, erwiderte Friedrich schmunzelnd. Er zog ihre Hand wieder fester in seine. »Aber ich frage mich, ob man nicht wenigstens versuchen sollte herauszufinden, welche

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