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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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sah er dadurch nicht ganz so leer aus.
    Jetzt fragte sie mit unsicherer Stimme: »Und wenn mir niemand was schenkt? Womöglich nehmen es mir die Leute doch übel, dass ich nach auswärts heirate?«
    Hannah schaute ihre Tochter schräg von der Seite an. »Oje – die Nerven!« Sie hakte sich bei Flora ein und drehte sie in Richtung Tür. »Lass uns nach Hause gehen, es ist höchste Zeit, dass wir auch die Braut ein wenig hübsch machen. Vielleicht bringt dich das auf andere Gedanken.«
    Der Pfarrer hielt eine zu Herzen gehende Predigt. Er, der die Braut von klein auf kannte und bei seinen Spaziergängen durchs Dorf von ihr immer wieder einmal einen selbstgepflückten Blumenstrauß bekommen hatte, zitierte an einer Stelle den heiligen Antonius:
    Â»O Neugieriger, der du dich abmühst und dein Handeln in viele Richtungen ausbreitest, geh, nicht zur Ameise, aber zur Biene und lerne von ihr die Weisheit … Und verlasse keine Blume, um zur nächsten zu fliegen, wie es die Sprunghaften machen … Du sollst vielmehr aus einem Buch das sammeln, was du benötigst, und es im Bienenstock deiner Erinnerung einlagern.«
    Hannah schniefte so laut, dass Helmut ihr einen Stoß in die Rippen geben musste.
    Auch Suse und andere junge Mädchen aus dem Dorf seufzten sehnsuchtsvoll. Wie schön Flora in ihrem perlenbestickten Kleid aussah – die eingesetzten Stoffbahnen bemerkte man dabei fast gar nicht! Und wie herrlich der Brautstrauß aus weißen Orchideenblüten, Myrte und weißen Rosen war! Und der ebenfalls aus Orchideen gebundene Brautkranz. Kuno Sonnenschein, der den Brautschmuck aus Baden-Baden mitgebracht hatte, verstand sein Handwerk, das war die einhellige Meinung der Gäste.

    Auch die anschließende Feier im Adler war ein voller Erfolg. Alle bestaunten Floras Blumendekoration, und das Essen – eine Mischung aus schwäbischen und badischen Speisen – mundete sowohl den Gönningern als auch den Baden-Badenern vorzüglich. Als alle schon satt waren, trug der Adlerwirt zusammen mit zwei Küchenjungen eine dreistöckige Hochzeitstorte herein. Die kostbaren Zutaten – Marzipan, Schokolade und in Zucker gewälzte Mandeln – und der Anblick der Torte selbst versetzten alle in Erstaunen. Gleich darauf stießen einige Frauen leise Entzückensschreie aus, weil auf allen Tischen Schalen mit Konfekt aufgetragen wurden. Helmut hatte es aus einer Prager Hofkonditorei mitgebracht. Den Herren spendierte er dicke Zigarren.

    So viele Geschenke … Ernestine staunte nicht schlecht.
    Silberne Leuchter, feinste Leinenwäsche, deren Ecken mit einer Sonne bestickt waren, ein Toilettenbesteck aus Perlmutt mitvergoldeten Griffen, ja, sogar eine Nähmaschine stand auf dem Gabentisch!
    Und wie gut alle Gäste angezogen waren – dass es in einem kleinen Dorf im Schwäbischen derart stilvoll zuging, hätte Ernestine nie vermutet! Und dass die Familie des Lehrmädchens so wohlhabend war, erst recht nicht.
    Eine Zeit lang schüchterte der Gedanke Ernestine derart ein, dass die Torte auf ihrem Teller unberührt blieb. Vor lauter Aufregung würde sie sich bestimmt mit Sahne bekleckern!
    Kuno hingegen sprach sämtlichen Speisen herzhaft zu – sicher würde er des Nachts von Magenkrämpfen heimgesucht werden. Wie er lachte … Als habe er keine Sorgen in dieser Welt. Dabei war er am Morgen kaum aus dem Bett gekommen, so sehr hatten ihn die vielen Eindrücke ermüdet.
    Â»Na, Mutter, schmeckt dir die Torte etwa nicht? Möchtest du lieber ein paar Pralinen?«, fragte Friedrich im Vorübergehen.
    Â»Du lieber Himmel, ich platze gleich«, hauchte Ernestine. »Schau nur, du wirst erwartet!« Sie wies ihren Sohn hinüber zur Tanzfläche.
    Verlegen lächelnd und etwas unbeholfen begann sich das Brautpaar im Kreis zu drehen – Ernestine wurde es allein vom Zuschauen ganz schwindlig. Doch mit jeder Drehung wurde es ihr auch leichter ums Herz. Vielleicht sollte man solch einen Tag einfach genießen. Und nicht so viel grübeln.
    Â»Da möchte man noch einmal jung sein«, seufzte Gretel Grün und schaute ihren Gatten erwartungsvoll an, was dieser ebenso geflissentlich übersah.
    Â»So voller Schwung kenne ich euren Friedrich gar nicht«, sagte der Apotheker nur und fügte hinzu: »Was für ein schönes Fest!« Genussvoll zog er an seiner

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