Das Blumenorakel
vor, derzeit lese ich ein wunderbares französisches Buch über die Blumensprache, das schon über fünfzig Jahre alt ist. Zum ersten Mal seit langer Zeit bin ich froh, dass ich Französisch gelernt habe«, fügte sie schmunzelnd hinzu.
»Als ich Friedrich erzählte, dass in unserer Dorfschule Französisch und sogar Englisch gelehrt wird, wollte er mir das gar nicht glauben. Ich erklärte ihm dann, dass das mit den Handelsreisen in alle Welt zu tun hat.«
Flora schüttelte den Kopf. »Dass du dich jetzt auch für die Blumensprache interessierst, hätte ich nicht gedacht.«
Seraphine lachte. »Es gibt eben noch mehr Menschen, die Blumen über alles lieben. Auch wenn sie ihre Liebe nicht so ausleben können wie du â¦Â«
29 . K APITEL
I rgendwann im Laufe des Abends hatte es zu schneien begonnen. Als Friedrich und Flora in der Nacht schlieÃlich Hand in Hand zum Gasthof Sonne stapften, waren die StraÃen von jungfräulichem Schnee bedeckt und im Licht der noch vereinzelt brennenden Laternen tanzten die Flocken silbern in der Luft.
»Als ob wir die einzigen Menschen auf Gottes Erdboden wären«, flüsterte Flora fast andächtig angesichts ihrer einsamen FuÃstapfen im Schnee.
»Hoppla, aufgepasst!«, sagte Friedrich, als Flora beinahe ausrutschte. Er lieà ihre Hand los und hakte sie mit festem Griff unter. »Nicht, dass du dir ausgerechnet heute Nacht ein Bein brichst! Da wäre der Spott gewiss groÃ.«
Friedrich trug Flora über die Schwelle â er habe irgendwann einmal gehört, dass dies der Ehe Glück bringen solle, meinte er. Doch kaum waren sie im Haus, da lehnte er sich gegen die geschlossene Tür.
»Das wäre geschafft!« Er zog eine Grimasse. »Hätte nicht gedacht, dass das so anstrengend ist.«
Flora versetzte ihm einen kleinen Schubs. »Meinst du das Tragen, die Hochzeitsfeier oder die Rutschpartie durch den Schnee?« Sie brachen beide in Kichern aus.
Zu ihrer Freude war das Zimmer, das die Sonnenwirtin für sie hergerichtet hatte, einigermaÃen warm. Kerzen standen bereit, daneben lag ein Päckchen Streichhölzer, Käthe oder Emma hatten auÃerdem einen Teller mit Keksen und eine Karaffe Wein auf das Tischchen am Fenster gestellt.
Wie gemütlich alles wirkte! Flora seufzte. Vielleicht wurde alles doch gar nicht so schlimm.
»Als ob wir heute nicht genug zu essen und zu trinken bekommen hätten«, sagte Friedrich kopfschüttelnd.
»Einen Schluck Wein wirst du doch noch mit mir trinken, oder?« Fragend hielt Flora die Karaffe in die Höhe. Als Friedrich mit den Schultern zuckte, sagte sie: »Eigentlich ist es verrückt, aber wir beide haben heute am allerwenigsten miteinander zu tun gehabt, ständig wollte jemand was von uns. Aber das ist ja nun vorbei â¦Â« Während sie in jedes Glas zwei Fingerbreit einschenkte, legte Friedrich von hinten seine Arme um sie.
»Was für ein herrliches Fest! Ach Flora, ich bin der glücklichste Mann der Welt! Und deshalb ⦠da â für dich!«
Stirnrunzelnd schaute Flora auf das kleine Päckchen, das auf Friedrichs geöffneter Handfläche lag. »Noch ein Geschenk?«
»Was heiÃt hier noch ein Geschenk â von mir hast du doch noch gar nichts bekommen. Los, machs auf!«
Im Schein der Kerzen nestelte Flora an dem dünnen Papier, bis eine kleine Dose zum Vorschein kam. Vorsichtig öffnete sie den Deckel. Auf hellem Seidenpapier lag eine silberne Ansteckbrosche in der Form des Buchstabens F, besetzt mit silbern funkelnden Steinen.
»Das sind Markasitten«, erklärte Friedrich ihr. »Die sind zwar nicht so wertvoll wie Diamanten, aber sie glänzen auch sehr schön. Du trägst doch so gern Blumen am Revers. Mit der Brosche könntest du die Blumen feststecken â¦Â«
»Wie wunderschön, tausend Dank!«, flüsterte Flora, die eine solche Buchstabenbrosche noch nie gesehen hatte. Während Flora sie im Kerzenlicht hin und her bewegte, um sich am Glanz der Steine zu erfreuen, bemerkte sie plötzlich die Stille, die sich zwischen sie und ihren Mann gedrängt hatte.
»Ich glaube, allmählich sollten wir â¦Â«, begann Friedrich nach einem langen Moment.
Flora lachte verlegen auf. »Wahrscheinlich hast du recht ⦠Vielleicht könntest du die Ãsen öffnen?« Sie wandte ihm ihren Rücken
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