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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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eins der Blumenmädchen. »Flora Sonnenschein führt hier eine besonders ausführliche Technik des Däumchendrehens vor.«
    Schadenfroh kichernd rannten die Verkäuferinnen des Maison Kuttner aus dem Laden. Die Tür ließen sie einfach offen stehen. Flora holte tief Luft. Nun reichte es!
    Es war schlimm genug, dass sie sich solch dumme Reden überhaupt anhören musste.
    Aber weitaus schlimmer war, dass die Weibsbilder auch noch recht hatten.
    Mit wenigen Schritten war sie an der Ladentür und schloss diese ab. Dann rannte sie nach hinten in die Wohnung.
    Sie traf Friedrich in der Küche an, wo er nass gewordene Lederstiefel mit Zeitungspapier ausstopfte.
    Â»Friedrich, wir müssen etwas unternehmen! Es ist höchste Zeit, dass jemand diesen arroganten Verkäuferinnen vom Maison Kuttner die Stirn bietet.«

    Â»Hier im Lesekabinett kannst du dir ausleihen, was du möchtest, aber wenn dir ein Buch besonders gut gefällt, kannst du es auch kaufen«, sagte Friedrich und stieß schwungvoll die Eingangstür zum Conversationshaus auf.
    Während sie in Richtung des Lesekabinetts schritten, warf Flora einen verstohlenen Blick durch die Glasscheiben der Tür, die ins Casino führte. Was für prächtige Kandelaber! Und wie schön die Wände glänzten – das war bestimmt reine Seide.
    Sie biss sich auf die Lippen. Eigentlich waren sie ja wegen der Bücher gekommen, aber wenn sie schon mal hier herumliefen …
    Â»Du, Friedrich«, flüsterte sie, »was würdest du davon halten, wenn wir –«
    Â»Ins Casino gehen?«, unterbrach er sie lachend. »Und mein schwer verdientes Geld beim Roulette verlieren, statt dir davon ein schönes Buch zu kaufen? Nichts da!«
    Folgsam tappte Flora hinter ihrem Mann her.

    Kurze Zeit später kam sie aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Marx’sche Hofbuchhandlung stand dem Casino in fast nichts nach. Die Atmosphäre war gediegen und edel, der ganze Raum duftete nach Parfüm und Rasierwasser und dem großen Rosenstrauß, der in einem silbernen Sektkühler neben der Kasse stand und eindeutig die Handschrift des Maison Kuttner trug.
    Flora war begeistert. Mit den verstaubten Buchläden, die sie aus Reutlingen kannte, hatte dieses Geschäft hier gar nichts gemein!
    Â»Da vorn steht eine der beiden Schwestern, die das Lesekabinett betreiben.« Friedrich wies mit dem Kinn hinüber. »Ihr kannst du deine Wünsche mitteilen, ich bin derweil hinten bei den Büchern über Archäologie.«
    Doch als Flora die Dame fragte, ob sie auch Bücher über Blumen habe, erntete sie nur einen irritierten Blick. Welche Art Bücher Flora denn meine – botanische Bestimmungsbücher? Romane? Goethes Blumengedichte? Oder wolle die junge Dame erbauliche Geschichten lesen wie die vom eitlen Narziss, der den gelben Frühjahrsblühern seinen Namen gegeben hatte? Natürlich habe man auch orientalische Werke und Stundenbücher mit hübschen Blumenzeichnungen, fügte die Dame hinzu.
    Flora hatte es völlig die Sprache verschlagen.
    Auf leisen Sohlen huschte die Bibliothekarin davon und kam kurze Zeit später mit einem dicken Bücherstapel zurück. Flora möge doch bitte selbst entscheiden, was ihr zupasskäme.
    Flora lachte leicht hysterisch auf. Kuckucksspucke, wenn das Seraphine sehen könnte …

    â€¦ alljährlich feierten die Römer zwischen den Tagen vom 28 . April und dem dritten Mai »Floralia«, ein heiteres Frühlingsfest zu Ehren der Beschützerin der Gärten …
    Das war ja spannend! Flora war so tief in ihr Buch versunken, dass sie die lauten Stimmen vor dem Conversationshaus kaum wahrnahm. Erst als immer mehr Büchereibesucher an die Fenster traten und hinausschauten, hob auch sie den Kopf.
    Eine Männerstimme war zu hören, laut und aufgeregt, vielleicht auch betrunken, mal jammernd, dann wieder laute Schreie ausstoßend. Ein zweiter Mann schien hektisch auf den ersten Mann einzureden.
    Â»Wahrscheinlich Russen«, murmelte eine der Damen am Fenster. »Worum es da wohl geht?«
    Â»Ums Geld natürlich!«, sagte die Frau neben ihr. »Beide kamen aus der Spielbank, ich habs genau gesehen.«
    Â»Er zieht eine Pistole!«, schrie im selben Moment eine andere Besucherin. » Mon Dieu ! Er will sich umbringen!«
    Mit einem Satz war auch Flora am Fenster.

    Â»Siehst du nun, warum ich so

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