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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Farben.
    Stattdessen handelte es sich bei den ausgestellten Bildern um blässliche, fast kindlich gemalte Aquarelle: Menschen, Landschaften, Gegenstände, Häuser – scheinbar malte der Maler alles, was ihm unter die Augen kam. Die Häuserbilder waren ganz hübsch, Flora glaubte sogar, das eine oder andere Haus wiederzuerkennen.
    Widerwillig und mit viel Murren hatte einer der Hausdiener des Europäischen Hofes auf ihren Wunsch hin unter die Häuserbilder kleine Tischchen gestellt. Darauf verteilte Flora jeweils etliche Maiglöckchen, sodass es dem Betrachter erschien, als wüchsen die Blumen in den Vorgärten der Häuser. Der Effekt schien bei den Gästen gut anzukommen, zumindest standen die meisten Leute um die Häuserbilder herum.
    Es gab außerdem einige Stillleben. Gleich neben der Hintertür, in der Flora lehnte, hing ein langes, schmales Bild, auf dem ein Blumenstrauß und zwei tote Fische zu sehen waren. Wie konnte man nur auf die Idee kommen, so etwas zu malen? Flora schüttelte den Kopf.
    Richtig gut gefiel Flora eigentlich gar kein Bild – für ihren Geschmack malte Seraphine schöner. Den Künstler selbst hatte sie noch nicht ausmachen können, sie wusste allerdings auch nicht, ob sie darauf besonderen Wert legte.
    Dafür kam sie bei den Gästen aus dem Staunen nicht mehr heraus: Alle waren gekleidet, als seien sie zu einer königlichen Hochzeit geladen.
    Die Männer trugen Fräcke aus edel glänzenden Stoffen oder Uniformen mit goldenen Kordeln und ebenfalls goldenen Schulteremblemen. Ihre Hosen waren mit farbig abgesetzten Biesen verziert. Während die Herren sich beim Schmuck auf schwere goldene Uhrketten und Siegelringe beschränkten, glänzten die Damen durch Diademe, Halsketten und aufwändigen Perlenschmuck. Sie trugen Kleider, von denen eines schöner war als das andere, mit Spitze, Perlen und glitzernden Steinen bestickt und aus Unmengen hauchfeiner Stoffbahnen gefertigt. Aber auch Roben aus glänzendem Samt entdeckte Flora. Sie hattenicht gewusst, dass man aus diesem schweren Stoff überhaupt derart kunstvolle Kleidungsstücke schneidern konnte!
    Wenn Ernestine das sehen könnte, dachte Flora aufgeregt. In dem Moment sah sie ihre Auftraggeberin zusammen mit einer anderen Dame auf sich zukommen.
    Sofort wurde es ihr angst und bange. Hoffentlich war die Fürstin mit dem Blumenschmuck zufrieden …
    Wie bei ihrem Besuch im Blumenladen trug die Russin ein grellrosafarbenes Seidenkleid. Ihr Haar war zu einem kunstvollen Turm aufgesteckt, in dem edelsteinbesetzte Nadeln glitzerten. Auf ihrem Arm saß ein kleiner Hund, der laut hechelte und dabei kleine Spuckefetzen auf dem rosafarbenen Stoff verteilte.
    Â»Hier ist mein Blumenmädchen!«, sagte die Fürstin zu ihrer Begleiterin. »Flora Sonnenschein – sag, Irina, Liebste, ist sie nicht ganz reizend?«
    Â»Ganz reizend, in der Tat.« Die andere Dame lächelte. »Ich weiß zwar nicht, warum sie noch hier herumgelungert – aber wie sie so an der Tür lehnt, wirkt es fast selbst wie ein Stillleben …«
    Flora, die nicht wusste, wie man diese Damen begrüßte – und ob überhaupt –, versuchte sich an einem kleinen Knicks.
    Â»Von ihr stammt das Blumen-ABC , du hast doch sicher auch eines bekommen, Irina?«
    Â»Ein herrlicher Spaß!« Jetzt wirkte die Dame etwas freundlicher. »Ich habe schon darin geblättert.«
    Â»Falls die gnädige Frau einmal einen Blumenwunsch hat – die Sprache der Blumen lässt sich sehr vielseitig nutzen und –« Flora zuckte zusammen, weil in ihrer Nähe ein Champagnerkorken in die Luft schoss.
    Die Dame namens Irina beugte sich Flora vertraulich entgegen. »Gibt es eigentlich eine Blume, die geeignet ist, einem Menschen seine Sorgen zu nehmen?«
    Flora runzelte die Stirn. Scheinbar hatte die Frau die Bedeutung des Blumen-ABCs völlig missverstanden …
    Â»Erinnerst du dich noch an den weisen Mann, den die liebeAnna uns letztes Jahr einmal angeschleppt hat?«, sagte Irina zu ihrer Begleiterin, als Flora nicht gleich antwortete.
    Â»Konnte er nicht anhand eines Stücks Baumrinde die Zukunft vorhersagen? Mir war das nicht ganz geheuer. Wie der immer auf seine Holzbrocken gestarrt hat …« Fürstin Stropolski wedelte mit der Hand, als wolle sie die Erinnerung wegwischen.
    Â»Ich fand ihn amüsant.

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