Das Blumenorakel
WeiÃt du noch â Matriona hat er vorhergesagt, sie würde auf ihre alten Tage nochmals guter Hoffnung werden!« Irina lachte scheppernd.
Die Fürstin schüttelte den Kopf. »Nein, nein, da folge ich lieber dem Rat des Blumenmädchens. Ihre weiÃen Blumen bringen Kostias Bilder wirklich wunderbar zur Geltung, und die Vernissage scheint meine Gäste sehr zu amüsieren.«
»Oh, davon bin ich überzeugt! In dieser Saison werden wir für jede noch so kleine Zerstreuung dankbar sein, da Baden-Baden so schrecklich langweilig geworden ist«, sagte Irina schmallippig. »Vielleicht kann uns das Blumenmädchen irgendwann einmal noch mehr über sprechende Blumen erzählen?«
Flora schaute irritiert von einer Frau zur anderen. Die beiden sprachen über sie, als wäre sie gar nicht da!
Angestrengt schaute Fürstin Stropolski plötzlich in Richtung Tür. »Oh, schau nur, da kommt Konstantin ja endlich!« Ihr runzeliges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln und wurde dabei noch runzeliger.
Floras Augen folgten dem Blick ihrer Auftraggeberin.
Kuckucksspucke, dieser junge, hochgewachsene Mann, der sich mühsam einen Weg durch die anwesenden Gäste bahnte, war der Künstler? Falls ja, sah er jedenfalls deutlich besser aus als seine Bilder â¦
Im Gegensatz zu den meisten anderen Herren trug er keine Uniform, auch keinen Frack, sondern eine enganliegende Jacke mit SchöÃchen, in der Art, wie man sie bei Jägern sah. Seine Haare waren lang und mit einem schwarzen Samtband zu einem lockeren Zopf gebunden â eine Frisur, die Flora noch nie bei einem Mann gesehen hatte. Sie wirkte trotzdem sehr männlich und verwegen.
Unwillkürlich schaute sie an sich und ihrem schlichten braunen Kleid hinab und wich einen Schritt zurück.
36 . K APITEL
A ls Konstantin das erste Mal davon gehört hatte, dass Püppi eine Ausstellung seiner Bilder organisierte, hätte er die Russin vor Zorn am liebsten geohrfeigt. Stattdessen hatte er überrascht getan, sich ein bescheidenes Lächeln abgerungen. Eine eigene Ausstellung? So weit war er als Maler doch noch gar nicht gereift â¦
Den Tod und den Teufel noch dazu hatte er Püppi im selben Moment an den Hals gewünscht. Bisher war er so gut als »verhinderter Künstler« gefahren â wie würde er nach dieser »Ausstellung« dastehen?
Doch ihm war nichts anderes übriggeblieben, als gute Miene zu bösem Spiel zu machen, denn die Mappe mit seinen Zeichnungen war zu diesem Zeitpunkt längst in einer Rahmenwerkstatt. Danach sollte sich der Hausmeister des Hotels an die Präsentation der »Werke« im Festsaal machen.
Wer nun Konstantins charmantes Lächeln auf der Vernissage sah, hätte nie vermutet, wie sehr ihm diese Veranstaltung zuwider war.
»Wie so oft bei wahrer Kunst müssen wir Laien nicht alles verstehen, was wir sehen â¦Â«
Er neigte seinen Kopf in fast andächtiger Art in Richtung des Redners, als berührten Graf Popos Worte ihn über alle MaÃen. Püppis faltenzerfurchtes Gesicht glühte währenddessen vor freudiger Erregung.
»So wie diese weiÃen Blumen die Künder einer neuen Zeit sind, so will uns auch der Maler dieser Kunstwerke von einer neuen Zeit künden und â«
Was war Popo nur für ein alter Schwätzer! Nichts und niemandem wollte er, Konstantin, auch nur irgendetwas künden. Weil diese verdammte Bilderausstellung gar nicht seine Idee gewesen war.
»⦠und so berührt uns die Vergänglichkeit der Natur ebenso wie die Vergänglichkeit in hehrer Kunst â¦Â«
Hehre Kunst? Nie und nimmer waren seine hastig dahingesudelten Bilder für die Ãffentlichkeit bestimmt gewesen. Und warum faselte Popo ständig über Blumen?
Unwillkürlich schaute Konstantin zur Hintertür. Zugegeben, dieses Blumenmädchen war ein süÃes Ding. Fand wahrscheinlich alles schrecklich aufregend. Vielleicht würde es sich später ergeben, dass er ein paar Worte mit ihr wechselte. Bestimmt würde sie vor lauter Ehrfurcht, mit einem »Künstler« reden zu dürfen, erblassen!
Konstantin lächelte. Ob die Vernissage womöglich doch noch amüsant wurde?
Wie ergriffen Püppi nickte, und alle anderen ebenfalls. Sogar Piotr Vjazemskij tat so, als höre er Popo zu, dabei war er in Gedanken wahrscheinlich längst im Casino. Matriona, die mit Püppi und ihm
Weitere Kostenlose Bücher