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Das Blut der Azteken

Das Blut der Azteken

Titel: Das Blut der Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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dass sie sich meinetwegen schämte, weil ich ein Mischling war. Doch als ich Bruder Antonio eines Tages darauf ansprach, erwiderte dieser, das sei nicht der Grund.
    »Miaha ist stolz darauf, dass alle glauben, sie hätte ein Kind vom Don. Diese weibliche Eitelkeit hindert sie daran, ihre Liebe zu zeigen. Sie hat in den Fluss geblickt, ihr Spiegelbild gesehen und sich darin verliebt.«
    Bruder Antonio brachte mir das Lesen bei, als ich gerade laufen konnte. Da die meisten bedeutenden Klassiker auf Latein und Altgriechisch geschrieben waren, lehrte er mich die Buchstaben beider Sprachen. Die Unterrichtsstunden waren jedoch stets von einer Warnung begleitet: Niemals dürfe ich jemandem - ganz gleich, ob Spanier oder Indio -verraten, dass ich über diese Kenntnisse verfügte.
    So viel Bildung war nicht nur für einen Mestizen unerhört. Selbst Spanier lernten selten Lesen und Schreiben, sofern sie nicht beabsichtigten, Priester zu werden. Bruder Antonio sagte, dass Doña Amelia kaum ihren Namen schreiben könne.
    Dennoch verhalf mir Bruder Antonio zu ›verbotener‹ Bildung, obwohl er sich damit selbst in Gefahr brachte. Durch ihn und seine Bücher lernte ich andere Welten kennen. Während die übrigen Jungen ihren Vätern auf die Felder folgten, sobald sie laufen konnten, saß ich in Bruder Antonios kleiner Kammer hinter der Kirche und las die Odyssee von Homer und die Aeneis von Vergil.
    Allerdings kann sich auf einer Hacienda niemand vor der Arbeit drücken. Als Indio wäre ich vermutlich zu den anderen aufs Feld geschickt worden. Aber Bruder Antonio ernannte mich zu seinem Gehilfen. Schon als kleiner Junge fegte ich die Kirche mit einem Reisigbesen, der mich um Haupteslänge überragte, und staubte Bruder Antonios bescheidene Sammlung ledergebundener Bücher ab.
    Bruder Antonio war nicht nur der Seelsorger für alle Haciendas im Tal, sondern auch der wichtigste Ratgeber in Gesundheitsfragen. Spanier reisten viele Kilometer weit, um sich von ihm behandeln zu lassen ›so begrenzt und lückenhaft mein Wissen auch sein mag‹, wie er wahrheitsgemäß anmerkte. Die Indios hatten ihre eigenen Schamanen und Hexen, die ihnen im Krankheitsfall beistanden.
    Schon früh begann ich, Bruder Antonio als Diener bei seinen Besuchen zu denjenigen Kranken zu begleiten, die zu schwach waren, um in die Kirche zu kommen. Anfangs musste ich nur sauber machen, doch bald war ich in der Lage, ihm zu assistieren und ihm während der Behandlung Gerätschaften und Medikamente zu reichen. Ich sah zu, wie er seine Tränke mischte, und lernte, dieselben Mixturen zu brauen. Er brachte mir bei, wie man Brüche schiente, Musketenkugeln entfernte, Wunden nähte und das körperliche Wohlbefinden durch Schröpfen wiederherstellte, auch wenn ich nach außen hin weiter den Diener spielen musste.
    Don Francisco ahnte nichts von meinen Fähigkeiten, bis ich fast zwölf Jahre alt war und den Fehler beging zu zeigen, was ich konnte.
    Der Vorfall war der Anfang einer Kette von Ereignissen, die mein Leben verändern sollten. Es geschah während der Untersuchung des Verwalters einer Hacienda, der über Leibschmerzen klagte. Ich war diesem Spanier noch nie begegnet, wusste jedoch von anderen, dass er der neue Verwalter der größten Hacienda im Tal war. Sie gehörte Don Eduardo de la Cerda, den ich ebenfalls nicht kannte.
    Don Eduardo de la Cerda war ein gachupin, ein Sporenträger, wie man Männer nannte, die noch im Mutterland Spanien geboren waren. Don Francisco war zwar ebenfalls von reinem spanischen Geblüt, hatte aber in Neuspanien das Licht der Welt erblickt. Nach der starren gesellschaftlichen Ordnung war Don Francisco also - obwohl reinrassiger Spanier und Besitzer einer großen Hacienda - wegen seines Geburtsortes dem Gesetz nach ein criollo und deshalb eine Stufe unter den gachupines angesiedelt.
    Eines Tages wurde Bruder Antonio ins Haupthaus gerufen, um den Verwalter zu behandeln. Enrique Gómez, der Don Francisco gerade einen Besuch abstattete, war nach dem Mittagessen erkrankt. Ich begleitete Bruder Antonio und trug als sein Diener die Ledertasche, die seine Gerätschaften und die Dosen mit den wichtigsten Arzneien enthielt.
    Der Verwalter lag auf einer Pritsche, als wir hereinkamen. Während Bruder Antonio ihn untersuchte, musterte er mich eindringlich. Aus mir unerklärlichen Gründen schien er sich für mein Gesicht zu interessieren, und trotz seiner Schmerzen war es, als erkenne er mich wieder. Für mich war das eine sehr ungewöhnliche

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