Das Blut der Azteken
sein. Aber ich kenne ihn schon fast mein ganzes Leben, und ganz gleichgültig, wie er geredet hat, ich weiß, er hat mich wirklich geliebt.«
Es gab noch weitere Nachrichten. Mateo war vom Vizekönig belohnt worden. Er war der Held der Stadt, denn schließlich hatte er fast allein den Pöbel aus dem Palast vertrieben und Cristo el Bastardo gefangen, nachdem er zuvor den Banditen Ramón de Alva getötet hatte.
Als ich die Geschichte hörte, bekam ich den Mund nicht mehr zu. Ach, du meine Güte! Allerdings hätte es mich nicht wundern sollen. Ganz sicher gehörte dieser Akt zu Mateos Revolutionsdrama.
An jenem Abend, als ich schon im Bett lag, ließ Eléna einen Diener einen Topf mit kochend heißem Öl bringen. Nachdem der Mann fort war, verschloss sie die Tür und setzte sich neben mich aufs Bett.
»Du wolltest wissen, was Mateo mir zugeflüstert hat. Er hat mir Anweisungen gegeben, aber leider muss ich dir dafür wehtun.«
Ich warf einen Blick auf das heiße Öl. »Du willst doch nicht etwa damit meine Wunden reinigen…«
»Nein, du hast mir ja erklärt, dass das nicht die richtige Methode ist. Ich werde dir das Öl ins Gesicht tropfen.«
»Bist du jetzt genauso übergeschnappt wie Mateo? Willst du verheimlichen, wer ich in Wirklichkeit bin, indem du mir das Gesicht entstellst?«
Sie beugte sich vor und küsste mich mit weichen, kühlen Lippen. Dann liebkoste sie meine Wangen. »Erinnerst du dich noch daran, dass ich dir sagte, du würdest mich an jemanden erinnern?«
»Ja, zuerst nahm ich an, du meintest den lépero Cristo el Bastardo, dem du zur Flucht verholfen hast. Doch inzwischen weiß ich, dass ich Don Eduardo ähnle.«
»Nein, Don Cristo-Carlos-Luis, oder wie du auch immer heißen magst. Daran lag es nicht. Ich habe lange gebraucht, bis mir klar wurde, dass du mich an Luis erinnerst. Don Eduardo sah viel besser aus als ihr beide.«
»Danke.«
»Aber ihr habt beide etwas von seinen Gesichtszügen geerbt.«
Ich betrachtete wieder das heiße Öl. Sie wollte mir damit Pockennarben verabreichen.
»Nein, das lasse ich nicht zu.«
»Du musst, eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Es wird nicht lange wehtun.«
»Aber die Narben werden mich mein Leben lang begleiten. Immer wenn ich sie sehe, werde ich an Luis denken und mein eigenes Gesicht hassen.«
»Es ist der einzige Weg.«
»Niemand wird darauf hereinfallen.«
»Cri… Luis, überleg doch mal. Außer Ramón, der jetzt in der Hölle schmort, hatte er keine engen Freunde. Alle seine Verwandten leben in Spanien und haben ihn schon seit Jahren nicht gesehen. Mein Onkel war der Einzige, der ihn einigermaßen gut kannte. Luis war ein Eigenbrötler. Nur seiner Großmutter und in mancher Hinsicht auch mir vertraute er sich gelegentlich an.«
»Du hast gerade selbst gesagt, dass dein Onkel ihn erkennen würde. Außerdem hat er uns beide zusammen gesehen.«
»Und was soll mein Onkel dem König melden? Dass er einen Marqués mit einem Bettler und Banditen verwechselt und ihn versehentlich gehängt hat? Mein Onkel wird nicht mit der Wimper zucken, wenn mein Mann Luis in die Stadt zurückkehrt, nachdem seine Wunden verheilt sind. Ich werde es ihm vor deiner ersten Begegnung mit ihm schonend beibringen, damit ihn bei deinem Anblick nicht der Schlag trifft.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist doch Wahnsinn. Ich kann nicht einfach den Platz eines anderen einnehmen. Als ich es das letzte Mal versucht habe, bin ich gewaltig in Schwierigkeiten geraten.«
»Das ist ja das Wunderbare an Mateos Plan. Wer ist der Marqués de la Cerda?«
»Der Marqués? Warum, ich… ich…«
»Sag es.«
»Ich bin der rechtmäßige Marqués de la Cerda, und zwar kraft Geburt.« »Begreifst du denn nicht? Mein Liebling, du wirst einfach nur dich selbst spielen.«
Ich überlegte eine Weile. »Außerdem bin ich auch dein rechtmäßiger Ehemann. Also ist es an der Zeit, dass ich meine Rechte einfordere.« Ich zog sie an mich und begann, ihr die Kleider abzustreifen.
»Warte«, sagte sie und schob mich weg. »Darf ich als deine Frau lesen und schreiben, was ich will?«
»Solange du mich nicht vernachlässigst, kannst du meinetwegen lesen und schreiben.«
»Und um sicherzugehen, dass ich nicht zu kurz komme«, erwiderte sie, »werde ich einen Dolch unter meinen Röcken verstecken.«
Ach, du meine Güte, ich hatte eine Wildkatze geheiratet.
20
Fünf Monate später - inzwischen war ich von meinen Verletzungen genesen und hatte mich von der heißen Ölbehandlung erholt -
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