Das Blut der Rhu'u (German Edition)
erwähnt und vier Teile, die uns noch fehlen. Und dass wir endlich wieder neun und vollzählig wären. Was hat sie damit gemeint? Gibt es noch mehr Familienmitglieder?«
Cassie schnitt eine Grimasse. »Tante Cayuba sollte besser ihre Klappe halten. Ja, es gibt noch eine Tante und zwei Cousins, die in Ägypten leben. Wir haben aber mit ihnen nichts zu schaffen. Allerdings ...« Sie blickte Kara nachdenklich an, ehe sie abwinkte. »Lass dir das von Dad erklären. Er weiß darüber sehr viel besser Bescheid als ich. Und jetzt wird trainiert. Ich habe in zwei Stunden ein Date.«
Kara widmete sich dem Training und vertagte ihre Neugier auf später. Offenbar gab es sehr viele Dinge, die sie noch nicht wusste, nicht nur, was ihre Familie betraf. Davon abgesehen musste sie immer wieder an den Mann von der Gemeinschaft des Lichts denken. Cameron. Warum hatte er ihr geholfen? Immerhin verdankte sie ihm den Impuls, der ihr half, ihre neue Natur anzunehmen und sich damit zu arrangieren. Ein geschlüpftes Küken konnte nicht wieder ins Ei zurückkehren. Und ein erwachter Sukkubus konnte nie mehr ohne Sexualenergie existieren. Die sie sich in ihrer Fantasie manchmal von Cameron holte. Ob sie ihm noch mal begegnen würde? Viel wichtiger war jedoch die Frage: War er Freund oder Feind?
*
Kara erwachte mitten in der Nacht. Zuerst glaubte sie, von einem Geräusch auf der Straße geweckt worden zu sein. Doch dann merkte sie, dass etwas im Haus vor sich ging. Zwar hörte sie nichts, aber sie fühlte etwas, das sie nach einer Weile als magische Energie identifizierte. Sie kam aus dem Keller, aus dem Ritualraum. Was ging da vor? Nichts, was sie etwas anginge, sonst hätte man sie wohl eingeladen, daran teilzunehmen.
Kara drehte sich auf die andere Seite und versuchte, wieder einzuschlafen. Was ihr nicht nur deshalb nicht gelang, weil die Schwingungen aus dem Keller sie wach hielten. Ihr gingen Kays seltsame Andeutungen nicht aus dem Kopf. Leider hatte sie keine Gelegenheit gehabt, mit ihrem Vater darüber zu sprechen, denn als sie mit dem Training fertig war, hatte er das Haus bereits verlassen und war noch nicht wieder zurück, als sie mit Kyle nach Aberdeen zur »Fütterung« gefahren war. Solange die Familie sie noch nicht für »flügge« erklärt hatte, was ihre Fähigkeiten betraf, sich in vollem Umfang zu schützen, war es zu gefährlich, dass sie allein loszog. Kyle blieb an ihrer Seite und ließ sie nur in den intimen Momenten allein, in denen er sich ebenfalls seine Mahlzeit besorgte.
Das trug immerhin dazu bei, dass sie und Kyle einander näherkamen und ein wirklich inniges Verhältnis zueinander entwickelten. Für Kara war das Ganze immer noch ein Wunder. Wenn sie sich auf die positiven Aspekte konzentrierte. Der Rest ... Sie würde sich daran gewöhnen.
Die Schwingungen aus dem Keller änderten sich. Obwohl Kara mit den Ohren keinen Laut hörte, vernahm sie einen mehrstimmigen Sprechgesang in einer fremden Sprache. Als wären die Töne direkt in ihrem Kopf.
»Idu yíno pátiree, Arrod’Sha! Idu yíno pátiree!«
Obwohl Kara diese Sprache nie zuvor gehört hatte, konnte sie sie verstehen. »Zeige dich uns, Arrod’Sha! Zeige dich uns!« Sie fragte sich, was das bedeuten mochte. Wer war Arrod’Sha?
Schlagartig erwachte ihr Misstrauen. Die Familie verheimlichte ihr etwas. Vielleicht tatsächlich, um sie zu schützen, vielleicht aber auch zu ganz anderen Zwecken. Vielleicht war die Freundlichkeit und Besorgnis um sie nicht so selbstlos, wie man sie glauben machen wollte. Immerhin waren sie Dämonen und immer noch Fremde für sie, die sie erst seit einigen Tagen kannte. Und da konnte man wirklich nicht von »kennen« sprechen. Verfolgten sie irgendwelche dunklen Ziele, mit denen Kara niemals einverstanden sein würde, wenn sie davon wüsste?
Der Gesang verstummte. Die magischen Schwingungen verhallten. Kara schloss die Augen und glitt langsam wieder in den Schlaf hinüber. Bevor sie einschlief, nahm sie sich vor, ihren Vater morgen zur Rede zu stellen. Sie hoffte, er würde ein paar gute Antworten haben.
*
»Was verheimlicht ihr mir?«, packte Kara den Stier bei den Hörnern, als alle gemeinsam beim ganz profanen Frühstück saßen. Zu ihrer Tarnung als Menschen gehörte schließlich auch, dass sie Lebensmittel einkauften. Und da die schon mal da waren, wurden sie auch gegessen, obwohl sie niemanden satt machten.
Cal sah sie erstaunt an. »Was meinst du, Carana?«
»Ich bin inzwischen sensibel
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