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Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Das Blut der Unschuldigen: Thriller

Titel: Das Blut der Unschuldigen: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro , K. Schatzhauser
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anheimfallen werden.«
    »Aber Ihr habt doch Erfahrung in Eurem Beruf, den Ihr schon seit vielen Jahren ausübt.«
    »Die Verantwortung wiegt schwer … Ich fürchte, mich in meinem Urteil zu irren …«
    »Euch obliegt doch das Urteilen nicht; Ihr müsst lediglich die Aussagen protokollieren.«
    »Da irrt Ihr. Bisweilen wollen meine Ordensbrüder auch mein Urteil hören, weil sie wissen, dass mir kein Wort der Angeschuldigten entgeht, und so hängt deren Strafe bisweilen davon ab, wie sich mir ihre Aussage darstellt.«
    »Ich kann nur noch einmal darauf verweisen, dass Ihr über reichlich Erfahrung verfügt.«
    »Gewiss, gewiss. Vor noch gar nicht langer Zeit hat man mich zu einer Sitzung hinzugezogen, bei der es darum ging, Irrtümer bei den Urteilen gegen Verdächtige auszuschließen. Zu
diesem Zweck habe ich ein Glossar verfasst, das mir bei meiner Arbeit helfen soll. Bruder Ferrer hat uns angeleitet.«
    Er räusperte sich und sagte, den Blick unverwandt auf Armand de la Tour gerichtet, als betete er eine Litanei herunter: »Als ›Ketzer‹ gilt jeder, der im Glauben irrt, als ›rechtgläubig‹ hingegen jeder, der davon überzeugt ist, dass die Ketzer irren. Der Ketzerei verdächtigt wird, wer bei den Predigten der Ketzer anwesend ist und an ihren Zeremonien teilnimmt, wie kurze Zeit auch immer. ›Einfach verdächtig‹ ist, wer sich dessen nur einmal schuldig gemacht hat, ›dringend verdächtig‹, wer das des Öfteren getan hat. ›Äußerst verdächtig‹ sind all jene, die sich dessen regelmäßig schuldig gemacht haben. Wem Ketzer bekannt sind, ohne dass er sie meldet, wird der ›Begünstigung‹ beschuldigt, und wer die Entdeckung von Ketzern zu verhindern trachtet, der ›Verheimlichung‹. Wer Ketzer auf seinem Besitz mehr als einmal zu Gast hatte, ist ebenso schuldig wie jemand, der sie wissentlich beschützt, um zu verhindern, dass die Kirche den Irrglauben ausrottet. Alle oben Genannten machen sich in größerem oder geringerem Maß der Förderung der Ketzerei schuldig. Wer in aller Form seinem ketzerischen Irrglauben abgeschworen hat und sich ihm danach erneut zuwendet, gilt als ›rückfällig‹ …«
    »Gut, ich sehe, dass Ihr Eure Aufgabe kennt und Ketzer zu erkennen vermögt. Mit diesem Glossar dürfte es schwerfallen, ein Fehlurteil zu fällen, nicht wahr?«, sagte der Templer spöttisch.
    »Glaubt das nicht … bisweilen … bisweilen kann man nicht wissen, ob ein des Irrglaubens Beschuldigter lügt oder wirklich unschuldig ist. Unter diesen Menschen gibt es einfaches Landvolk, das schlichte Antworten auf die Fragen gibt, die man ihnen stellt. Bisweilen sind sie unschuldig und wissen nicht, wie sie das beweisen sollen … Sie begreifen mitunter nicht, dass sie
mit ihren Worten den Verdacht noch nähren … Bruder Ferrer aber …«
    »Euer Inquisitor …« Fernando wagte es nicht, den Satz zu beenden.
    »Woher kommt er?«, wollte de la Tour wissen.
    »Er ist Katalane und stammt aus Perpignan. Seit der Ermordung unserer Mitbrüder in Avignonet hat er sich dieser Aufgabe verschrieben. Er ist äußerst gewissenhaft, nichts entgeht seinem scharfen Blick, er liest in den Herzen der Menschen und weiß genau, wann sie lügen …«, erklärte der Mönch erkennbar unruhig und aufgewühlt.
    »Er scheint auch Euch zu ängstigen«, sagte Armand de la Tour.
    »Aber nein, er ist mein Bruder in Christo«, widersprach Julián. »Er wird sich der Ketzer von Montségur annehmen.«
    »Und Ihr sorgt Euch um das Schicksal, das sie erwartet?«
    »Ob ich mich darum sorge? Ihr wisst, dass auf Ketzerei der Scheiterhaufen steht. Habt Ihr schon einmal jemanden im Feuer sterben sehen? Die Ketzer widersetzen sich der Kirche, und viele unter ihnen lassen sich lieber verbrennen, als um Gnade zu bitten. Ich habe mit angesehen, wie Frauen und Männer, ja sogar junge Leute, auf dem Scheiterhaufen gesungen haben, bis die Luft nach verbranntem Fleisch roch und der Gestank unserer Kleider und Leiber uns selbst unerträglich wurde. Immer wieder kommt es vor, dass mich dieser Geruch nachts aus dem Schlaf reißt, wie auch der Anblick der Gesichter jener, die von den Flammen verzehrt wurden, weil sie das rechte Wort nicht herausgebracht haben.«
    »Euch quält das Gewissen«, schloss der Templer. »Es ist erfreulich zu sehen, dass es noch Menschen mit einem Gewissen gibt.«
    »Was sagt Ihr da!«, begehrte der Mönch entsetzt auf. »Ich versichere Euch, dass mein Gewissen nichts mit dem Schmerz zu tun hat, der mir in die

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