Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Graf in hinreichendem Maße. Gleich nach seinem Besuch auf der Burg hatte der Koordinator angefangen, alles mit äußerster Genauigkeit und Geduld zu organisieren und dafür zu sorgen, dass alle, die sich an der Sache beteiligen sollten, mit ihm, dem Grafen Raymond d’Amis, zusammentrafen, dessen Leben von Geburt an der heiligen Sache der Katharer geweiht war.
Obwohl er eine Tochter hatte, musste er sich mit dem Gedanken abfinden, der Letzte seines Geschlechts zu sein, denn Catherine, die von seiner Frau Nancy aufgezogen worden war, kannte er nicht einmal. Sie würde ihn also nur schwerlich verstehen können.
Auch Nancy hatte ihn nicht verstanden. Er hatte sie kennengelernt, als sie sich mit ihren Eltern an der französischen Riviera aufhielt.
Sie war ein maßlos verwöhntes Einzelkind, ohne Ziel im Leben. Der Vater war Maler und Dichter gewesen und die Mutter Galeristin.
Inzwischen war es Raymond bewusst, dass es besser gewesen wäre, sie nicht zu heiraten, aber er hatte sich in sie verliebt.
Sein Vater hatte ihn gewarnt und ihm gesagt, er begehe einen Fehler, da die Frau nicht wie sie sei, und das nicht nur, weil sie aus Nordamerika stammte. Daraufhin hatte er mit der Heirat bis nach dem Tod des Vaters gewartet. Schon bald hatte sich gezeigt, wie Recht der alte Graf gehabt hatte. Vielleicht war Raymond auch mit seinen nahezu vierzig Jahren zu alt gewesen, um eine Ehe einzugehen. So oder so, das war sein erster großer Fehler gewesen.
Kaum ein Jahr nach der Eheschließung hatte sie ihn verlassen, als er sich ihr anvertraut und den heiligen Auftrag erläutert hatte, dem er sich verpflichtet fühlte. Das war sein zweiter Fehler gewesen. Wutentbrannt hatte sie daraufhin von ihm verlangt, er solle sich von all seinen gleichgesinnten Bekannten lossagen, von den jungen Leuten, die wie er an seine Sache glaubten, Patrioten einer neuen Welt, Menschen mit höheren Zielen.
Als sie die Burg verließ, war sie schwanger gewesen. Sie hatte ihn für verrückt erklärt und gesagt, sie werde um des Kindes willen Schweigen darüber bewahren, was er ihr anvertraut hatte, solange er nicht versuche, mit ihr Verbindung aufzunehmen oder das Kind für sich zu fordern.
An diese Abmachung hatten sich beide gehalten und einander nie wiedergesehen. Er wusste lediglich, dass sie ein Mädchen zur Welt gebracht und es Catherine genannt hatte. Durch seinen Anwalt ließ er Nancy allmonatlich einen bestimmten Betrag für Catherines Lebensunterhalt zukommen. Er wusste, dass die beiden in New York in Greenwich Village lebten, wo Nancy eine kleine Kunstgalerie betrieb. Sie hatte nie zugelassen, dass er das Kind kennenlernte, und als er sie über den Anwalt darum gebeten hatte, hatte sie ihn angerufen und bedroht.
Das Letzte, was er von ihr gehört hatte, war, dass sie schwer erkrankt sei.
19
Nach mehreren Tagen im Vatikan kam es Sagardía vor, als hätte er Rom nie verlassen. Zwar saß er nicht mehr in seinem früheren Büro, und alle wussten, dass er nur vorübergehend dort war, doch hatte er sich wieder so in seine Aufgabe versenkt, als wollte er nie wieder fortgehen.
»Es ist, als suchte man eine Nadel in einem Heuhaufen.«
Sagardía sah vom Bildschirm auf.
»So ist es«, gab er Domenico Gabrielli zur Antwort, der gerade hereingekommen war. »Auch mir gelingt es nicht, in einem dieser Wörter den geringsten Sinn zu entdecken. Sie können alles und nichts bedeuten … Hast du mit den Leuten vom Zentrum in Brüssel gesprochen?«
»Vorhin hat mich Panetta angerufen. Allem Anschein nach gibt es bei Karakoz eine Ortsveränderung. Panetta will mir den Bericht per E-Mail schicken. Der müsste jeden Augenblick hier eingehen.«
»Was meinst du mit ›es gibt bei Karakoz eine Ortsveränderung‹?« , wollte Sagardía wissen.
»Nun ja, er war in Tschetschenien, und danach hat man ihn in der Schweiz und in Luxemburg gesehen.«
»Dieser Kerl kutschiert ohne die geringsten Schwierigkeiten kreuz und quer durch die Weltgeschichte!«
»Solange man ihn nirgends mit Haftbefehl sucht … Er wird schon seit Jahren beobachtet, aber noch hat ihn niemand festgenommen. Es ist den Leuten wohl wichtiger zu wissen, wer seine Kunden und wer seine Lieferanten sind. Auf jeden Fall ist der Mann auf der Hut, und wie Panetta sagt, lässt sich seinen
Telefonaten nicht das Geringste entnehmen. Das gilt übrigens auch für seinen Stellvertreter, einen gewissen Dušan. Wie es aussieht, wickeln die sämtliche Geschäfte schriftlich ab. Aufträge und Anweisungen
Weitere Kostenlose Bücher