Das Blut der Unschuldigen: Thriller
niemand bemerkt. Es ist ein Fehler, ein Zimmer auf einem bestimmten Stockwerk zu verlangen.«
»Ach was. So bin ich dir näher.«
Sie drängte sich an ihn, aber er schob sie sacht von sich.
»Willst du mir nicht etwas anbieten?«, fragte er sie.
»Doch, natürlich. Was ist dir lieber, Champagner oder Whisky?«
»Wir sind in Frankreich, da sollten wir mit Champagner anstoßen. Ich habe mich danach gesehnt, dich zu sehen, Herrin«, sagte er in spaßhaftem Ton.
»Das wundert mich nicht«, gab sie im gleichen Ton zurück.
Er sah sie aufmerksam an und überlegte, ob er sie nach Neuigkeiten aus dem Zentrum zur Terrorismusabwehr fragen sollte, überlegte dann aber, dass er sie damit nur beunruhigen würde. Lieber bis zum nächsten Tag damit warten …
18
Raymond d’Amis schritt im Arbeitszimmer seiner Wohnung auf der Île-St.-Louis auf und ab, während er über das Gespräch mit al-Bashir nachdachte. Zweifellos war der Mann intelligent und lieferte zuverlässige Arbeit ab, doch er fürchtete, das Unternehmen könne an dessen übersteigertem Selbstvertrauen scheitern.
Sein Diener trat ein, um sich zu erkundigen, ob er noch
etwas benötige. »Nein danke, Sie können sich zur Ruhe begeben. Ich werde noch eine Weile lesen.«
»Sehr wohl. Gute Nacht.«
Als er wieder allein war, leerte er sein Glas Calvados und suchte eine Telefonnummer heraus. Einer Schublade entnahm er einen Umschlag mit mehreren SIM-Karten und schob eine davon in eines seiner beiden Mobiltelefone. Er seufzte tief auf. Der Mann, mit dem er sprechen wollte, sagte ihm in keiner Weise zu, zumal dessen Interessen den seinen in jeder Hinsicht zuwiderliefen, doch war er für seinen Rachefeldzug auf ihn angewiesen. Nachdem er in ihm den geeigneten Partner gefunden hatte, hatte er ihm seinen Racheplan dargelegt, ihm al-Bashirs Namen genannt und ihm gesagt, auf welche Weise er ihn finden könne. Seit Monaten zog der Mann im Hintergrund unsichtbare Fäden, um einen Plan auszuführen, an dem sich der Graf ausschließlich wegen seines Wunsches nach Rache beteiligte.
»Guten Abend, Koordinator.«
Der andere sagte nur einen einzigen Satz.
Kaum hatte der Graf das Telefon ausgeschaltet, zog er sein Jackett an und ging auf Zehenspitzen zur Tür, weil er den Diener nicht wecken wollte. Er trat auf die Straße hinaus und ging ein Stück am Seine-Ufer entlang. Das tat er in der Dunkelheit nur ungern, aber genau das hatte der Mann am Telefon von ihm verlangt.
Ein Wagen hielt neben ihm an. Eine Tür wurde geöffnet, und eine Stimme forderte ihn auf einzusteigen.
»Guten Abend, Graf.«
»Guten Abend.«
»Ist der Restaurantbesuch mit al-Bashir zu Ihrer Zufriedenheit verlaufen?«
»Ja, wie immer.«
Während der Wagen durch die Straßen von Paris fuhr, berichtete der Graf dem Mann, den er »Koordinator« nannte, den Inhalt des Gesprächs mit al-Bashir in Einzelheiten. Er beantwortete alle seine Fragen und hörte aufmerksam auf jede Anweisung, die dieser ihm gab.
»Jetzt müssen wir uns mit dem zweiten Teil des Plans beschäftigen. In wenigen Tagen wird sich eine Serbin namens Ylena Milojevic bei Ihnen melden. Sie hat persönliche Gründe für ihren Hass auf die Moslems.«
»Wie kann sie mit mir Verbindung aufnehmen?«
»Nehmen Sie ein Zimmer in einem Hotel – wo Sie wollen, in Paris, in Toulouse, wo auch immer. Sie wird sich ebenfalls in diesem Hotel einmieten und Sie aufsuchen. Niemand wird Sie gemeinsam sehen. Sie können offen miteinander reden, ohne befürchten zu müssen, dass jemand etwas davon mitbekommt. Die Frau leitet das andere Kommando. Sie brauchen ihr lediglich die Anweisungen zu übergeben, in deren Besitz Sie bereits sind, und dafür zu sorgen, dass sie die versteht. Karakoz hat uns den Kontakt vermittelt. Es war nicht einfach, Leute zu finden, die bereit sind zu tun, was wir uns vorgenommen haben. Sie kennen ja meinen Standpunkt – Geld allein genügt für so etwas nicht. Man muss auch ein Motiv haben wie Sie, al-Bashir oder eben diese Frau. Selbstverständlich dürfen al-Bashir und Ylena nicht das Geringste voneinander wissen. Beide sind lediglich Spielfiguren auf dem Schachbrett.«
»So wie ich«, sagte Raymond d’Amis nachdenklich.
»Wie wir alle. Sie haben ein anderes Motiv als die beiden.«
»Und Sie?«
»Ich fädele die Geschäfte ein. Das lässt sich ganz leicht verstehen. Ich vertrete einen ausgewählten Verband von Personen,
die an die Zukunft denken und einige Figuren bewegen, um zu erreichen, dass diese Zukunft
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