Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Anruf?«, wollte Gabrielli wissen.
»Das steht im Bericht. Der Mann hat Karakoz mitgeteilt, dass ›der Alte‹ wegen eines weiteren Auftrags Verbindung mit ihm aufgenommen habe, der in Serbien ausgeliefert werden
müsse. Für diesen Auftrag werde bar bezahlt, und er selbst werde das Geld im Empfang nehmen. Karakoz hat ihm aufgetragen, die Frau im Auge zu behalten, die den ›Alten‹ demnächst besuchen soll. Das ist alles.
Daraufhin haben wir auf den Jugoslawen und auf Karakoz Leute angesetzt, die beide Tag und Nacht beschatten sollen.«
»Wir sind leider nicht viel weiter gekommen. Genau genommen, nicht einen Schritt«, gestand Sagardía. »Wie Sie wissen, vermuten wir, dass ein weiterer Anschlag auf dem Programm der Männer des Frankfurter Selbstmordkommandos stand. Offensichtlich hatten sie dafür schon gewisse Vorbereitungen getroffen, doch hat ihnen die Polizei einen Strich durch die Rechnung gemacht. Fragt sich nur, wo und wann dieser Anschlag erfolgen soll. Es ist zum Verzweifeln – die Wörter auf den Resten der verbrannten Blätter ergeben keinerlei Sinn. Bei manchen würde man sagen, dass sie von gedruckten Buchseiten stammen. In dem Fall müsste man fragen: Warum zum Kuckuck wollten die ein Buch verbrennen?«
»Ja, das wüssten wir auch gern. Übrigens macht mir noch etwas anderes Sorgen … na ja … ich vermute, dass Karakoz seine Wachsamkeit noch gesteigert hat.«
»Wieso das?«, fragte Gabrielli erstaunt.
»Ich nehme an, er hat gemerkt, dass wir seine Spur aufgenommen haben. Unvorsichtig war er noch nie. Selbstverständlich weiß er, dass ihn sämtliche Geheimdienste kennen, und so hatte er schon immer das größte Interesse daran, keinerlei Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Seit der Sache in Frankfurt aber ist er noch verschlossener als sonst, und seine Telefonate klingen noch unverfänglicher als vorher. Auch hat er seine Sicherheitsvorkehrungen unübersehbar verstärkt.«
Schweigend nahmen die beiden Priester diese Worte Panettas
auf. Er hatte ihnen nicht gesagt, was er in Wahrheit dachte und fürchtete, nämlich dass es irgendwo eine undichte Stelle gab, über die Karakoz Wind von der gegen ihn eingeleiteten Überwachung bekommen hatte.
Panetta hatte erwogen, es ihnen zu sagen, es sich dann aber anders überlegt. Nicht einmal seinem unmittelbaren Vorgesetzten gegenüber hatte er seinen Verdacht bisher geäußert. Hans Wein war auf Dienstreise, und Panetta wollte ihm diese Mitteilung weder telefonisch noch in einer E-Mail machen. Lieber wartete er damit bis Montag; dann konnte er ihm im Büro unter vier Augen sagen, was er befürchtete.
»Sind Sie immer noch der Ansicht, dass wir Ihnen von Nutzen sein können?«, wollte Sagardía wissen.
»Ich denke schon. Man stößt ja nicht jeden Tag auf Papiere, in denen es um Heilige und das römische Kreuz geht … Allein schon deshalb darf man meiner Meinung nach nicht ausschließen, dass die katholische Kirche Ziel eines Anschlags werden könnte.«
»Das passt aber nicht zur Denkweise der islamistischen Fanatiker. Unserer Erfahrung nach haben die arabischen Länder kein Interesse daran, dass der Islamismus unserer Kirche einen solchen Schlag zufügt. Offen gestanden kann ich Ihren Standpunkt nicht teilen.«
»Sie haben Recht, das entspricht nicht der Denkweise jener Menschen und wäre auch ihren Interessen nicht förderlich. Dennoch halte ich es für angebracht, diese Möglichkeit nicht auszuschließen«, gab Panetta zu bedenken.
»Wir haben in unserer Abteilung darüber gesprochen und wollen offen gestanden genau das tun. Wir halten es für unvorstellbar, dass Islamisten, und seien sie noch so fanatisch, einen so schweren strategischen Fehler begehen würden, und nichts
anderes wäre ein Anschlag dieser Art. Darf ich Sie außerdem daran erinnern, dass es sich um einzelne Wörter handelt und wir nicht wissen, wie der Zusammenhang aussah, in dem sie gestanden haben. Mithin«, hielt ihm Gabrielli entgegen, »erscheint es uns äußerst gewagt, daraus den Schluss zu ziehen, dass unsere Kirche Ziel eines islamistischen Anschlags werden könnte.«
»Ich arbeite schon viele Jahre auf diesem Gebiet und gebe zu bedenken, dass es nicht unbedingt hilfreich ist, sich auf die von uns vermutete Denkweise der Terroristen zu verlassen. Diese Leute folgen ihrer eigenen Logik. Es ist schon mehr als einmal vorgekommen, dass wir gesagt haben: Das können sie unmöglich tun, denn das würde ihnen in den Augen der Öffentlichkeit nur schaden – sie haben
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