Das Blut der Unschuldigen: Thriller
befreundet ist und den Persönlichkeiten aus dem Umfeld des königlichen Hofs empfangen haben, damit er ihnen die Situation und die Forderungen der im Vereinigten Königreich lebenden Moslems erläutert.«
»Wie können die sich dagegenstellen?«, wollte Panetta wissen. »Halten sie seine Beziehung zum Grafen etwa für unerheblich? Das wäre meiner Meinung nach ein Fehler.«
»Sie kennen die Zusammenhänge durchaus, vertreten aber die Ansicht, dass al-Bashir keineswegs etwas von der Beziehung zwischen dem Grafen und dem Jugoslawen zu wissen braucht. Sie haben gefragt, ob wir etwa die Absicht hätten, die Telefone sämtlicher Bekannten des Grafen überwachen zu lassen. Ohne das Einverständnis der Briten sind uns jedenfalls die Hände gebunden.«
»Schon merkwürdig, dass die auf einmal so förmlich sind.«
»Die wollen nicht noch mehr Ärger mit den Moslems, als sie sowieso schon haben.«
Laura White kündigte Pater Ignacio an. Sie wirkte unruhig. Panetta wunderte sich über die in den letzten Tagen mit ihr vor sich gegangene Veränderung. Auch Andrea Villasante war wie ausgewechselt, stritt mit jedem und schien ihr inneres Gleichgewicht, das alle immer so sehr bewundert hatten, vollständig verloren zu haben. Hinzu kam, dass zwischen den beiden Frauen eine spürbare Distanz entstanden war. Während sie früher gemeinsam Ausstellungen besucht und Squash gespielt hatten, gingen sie einander jetzt möglichst aus dem Weg. Was wohl dahinterstecken mochte?
Die Worte, die der Jesuit an ihn richtete, rissen ihn aus seinen Gedanken. Er glaubte, mit Bezug auf einen der Sätze, die auf den in Frankfurt aufgefundenen Papierfetzen standen, eine Entdeckung gemacht zu haben.
»Ich denke, dass einer der Sätze zu einem Text von Otto Rahn passt«, sagte er jetzt.
»Welcher?«, fragte Panetta neugierig.
»Der Satz ›Unser Himmel steht nur denen offen, die keine Kreaturen …‹ geht sinngemäß wie folgt weiter: ›… einer minderwertigen Rasse, Bastarde oder Sklaven sind. Offen steht er den Ariern, deren Name so viel wie ›die Edlen‹ bedeutet.‹«
Verblüfft sahen ihn Wein und Panetta an. Ohne auf sie zu achten, fuhr der Priester fort: »Das muss man im Zusammenhang mit einem Satz sehen, der weiter vorn in diesem Text steht und der, wieder sinngemäß, lautet: ›Wir brauchen den römischen Gott nicht, denn wir haben unseren eigenen.‹«
»Und das stammt von Otto Rahn?«
»Ja, das ist sein Gedankengut«, gab der Pater zurück. »Diese Textstellen hatte sich Professor Arnaud dem Sinne nach notiert.«
»Und warum sollten sich Auszüge aus einem Buch Otto Rahns in den Händen des islamistischen Kommandos befunden haben, das den Anschlag von Frankfurt verübt hat?«, erkundigte sich der Leiter des Zentrums missgelaunt.
»Das entzieht sich meiner Kenntnis. Mag sein, dass Graf d’Amis den Leuten dessen Schriften über das Katharertum zugänglich gemacht hat, es ist aber ebenso gut möglich, dass sich ein Mitglied des Kommandos für diese Ketzerei interessiert hat, weil sie im Zusammenhang mit dem Grafen steht.«
»Das ist ungeheuerlich!«, entfuhr es Wein. »Sie wollen uns doch nicht einreden, dass Graf d’Amis hinter der Gruppe steckt.«
»Aber nein, nicht im Geringsten. Die Gruppe besteht aus fanatischen Islamisten, die dem Westen den Krieg erklärt haben. Ich sage lediglich, dass der Graf und die Gruppe gemeinsame Interessen haben könnten. Die würden in diesem Fall darin bestehen, unserer Kirche einen Schlag zu versetzen. Ein weiteres der Satzbruchstücke, nämlich ›… das Unvollkommene kann nicht …‹, ist hier ebenfalls von Bedeutung, denn weiter heißt es: ›… aus dem Vollkommenen hervorgehen‹. Diese Aussage findet sich in Rahns Buch Kreuzzug gegen den Gral , das Professor Arnaud für seine Arbeit analysiert und exzerpiert hat,
weil es sich mit dem Wesenskern des Katharerdenkens beschäftigt. Ich begreife durchaus, warum es Ihnen schwerfällt, sich meine Ansicht zu eigen zu machen, bitte aber darum, dass Sie sie nicht einfach von vornherein ablehnen. Ich fürchte, dass ich Recht habe. Zwischen dem Grafen und der Gruppe besteht eine unübersehbare Beziehung, und möglicherweise ist dieser Professor al-Bashir nicht das Unschuldslamm, als das man ihn immer wieder hinstellt.«
»Sie entschuldigen, aber mitunter denke ich, dass Sie zu sehr auf die Chronik jenes Dominikaners und Ihre Beziehung zu Professor Arnaud fixiert sind. Wir alle haben das Werk inzwischen gelesen. Gewiss, es ist ein zu Herzen
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