Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Haltung der Israelis ärgerte ihn. Zwar galten sie als die besten Verbündeten der Vereinigten Staaten, doch schienen sie niemandem zu vertrauen. Sie hatten ihn lediglich als Beobachter zugelassen, der nicht nach seiner Meinung gefragt wurde.
Wegen der gründlichen Kontrollen wurde die Schlange der Pilger immer länger, und fünfhundert Meter vor der Grabeskirche kam alles zum Stillstand.
Hakim erwog, dass es ihm schwerfallen dürfte, in die Kirche zu gelangen. Saïd hatte ihm gesagt, dass die Juden Touristen von ihren scharfen Sicherheitsmaßnahmen nach Möglichkeit ausnahmen. Suchend sah er sich nach einem Fluchtweg um, merkte aber bald, dass es ihm inmitten dieser sich drängenden Menge nicht gelingen würde, sich von der Gruppe zu entfernen. Sogleich bereute er, das überhaupt erwogen zu haben. An Flucht durfte er nicht einmal denken – er war gekommen, um zu sterben, und das würde er tun. Falls es ihm nicht gelang, in die Grabeskirche zu gelangen, würde er zumindest deren Eingang zerstören.
Sein Hass auf die Juden war größer denn je, weil sie ihn daran hinderten, seinen Auftrag zu erfüllen. Verachtungsvoll ließ er den Blick über die Menschenmenge gleiten, aus der unaufhörlich Gebete aufstiegen.
Mit einem Mal spürte er, wie seine Hände ergriffen und nach hinten gerissen wurden.
»Keine Bewegung«, sagte jemand in einwandfreiem Spanisch.
Dann brachte man ihn fort, wobei sich seine Reisegefährten bei denen beklagten, die ihn abführten.
»Wir haben ihn«, sagte der Sicherheitsbeamte in sein unsichtbares Mikrofon, während man Hakim immer weiter von der Menge entfernte.
Alle im Einsatzraum atmeten erleichtert auf.
Hakim konnte sich nicht rühren und spürte, wie ihm Tränen der Enttäuschung, der Wut und des Schmerzes in die Augen stiegen.
In einem Wagen, der am Damaskus-Tor bereitgestanden hatte, durch das um diese Stunde Hunderte von Menschen in die dreifach heilige Stadt strömten, verließen sie Jerusalem. Hakim saß auf dem Rücksitz zwischen den beiden Beamten, die ihn festgenommen hatten. Der Mann neben dem Fahrer, der seine Waffe auf ihn gerichtet hielt, sagte zu den beiden: »Gute Arbeit. Legt ihm jetzt Handfesseln an.«
Die eine Sekunde, in der es Hakim gelang, eine Hand frei zu bekommen, nutzte er, um den Zünder auszulösen.
Der Wagen zerbarst in einer Explosion, die nicht nur alle seine Insassen das Leben kostete, sondern auch mehrere andere Autos auf der Straße zerstörte.
Auf dem Weg zum Damaskus-Tor rief Lucas seinen Vorgesetzten und anschließend Lorenzo Panetta an.
»Es ist nicht gelungen, das Entsetzliche zu verhindern. Es hat eine Explosion und Tote gegeben«, sagte er.
»Großer Gott! Was ist passiert?«
»Erst heute Morgen hat man es geschafft, alle Pilger aus der Gruppe von Omars Reisebüro zu identifizieren. Der Attentäter
hieß Hakim. Er ist mit einem spanischen Pass gereist. Mein Chef hat sich bei der Zweigstelle des Zentrums zur Terrorismusabwehr in Madrid erkundigt und von Kommissar García erfahren, dass der Mann in der Tat spanischer Staatsbürger war, aber aus Marokko stammte. Er soll Ortsvorsteher eines Dorfes namens Caños Blancos in der Provinz Granada gewesen sein, das als Musterdorf galt. Die spanischen Behörden hatten diesen Hakim für einen Gemäßigten gehalten. Auf ihn wäre nie und nimmer ein Verdacht gefallen.«
»Ja, ich weiß. García hat auch mit mir gesprochen. Hakim kannte keine Skrupel«, gab Panetta zurück.
»Er hat übrigens nicht im Hotel der Pilger gewohnt, mit denen er hergekommen war, und auch nicht an all ihren Ausflügen teilgenommen. Wir kennen weder seine Verbindungsleute hier am Ort, noch wissen wir, wo er untergekommen war. Man hat ihn erst aufgespürt, als er heute Vormittag zu seiner Gruppe gestoßen ist. Er hat deren Hotel allein aufgesucht, von wo aus alle zusammen zur Grabeskirche aufgebrochen sind.«
»Aber was ist denn passiert?«
»Man hat ihn nahe der Grabeskirche festnehmen und von den Pilgermassen hinwegführen können. Wie es aussieht, hat er es aber geschafft, den Zünder der Sprengladung zu erreichen, die er am Leibe trug.«
»Und die Grabeskirche?«
»Die hat nichts abbekommen; zu der Explosion ist es erst außerhalb der Stadtmauer gekommen.«
Oberst Kaffman ließ sich von Lucas den Hörer geben, um selbst mit Panetta zu sprechen. »Oberst Kaffman hier. Ich versichere Ihnen, dass wir getan haben, was wir konnten. Wir haben gegen die Uhr gearbeitet, und man muss trotz des äußerst
bedauerlichen
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