Das Blut der Unschuldigen: Thriller
Attentäter ausnutzend, bahnte sich Oberst Halman einen Weg durch die Reihen seiner Männer.
»Ergeben Sie sich!«, sagte er auf Englisch. »Ihr Abenteuer ist zu Ende. Hände hoch!«
Bruder und Vetter sahen Ylena an und erkannten in ihren Augen Wut und Entschlossenheit. Um ihre Lippen spielte ein Lächeln, als sie »Lebt wohl« sagte. Im nächsten Augenblick detonierte die Sprengladung.
Schreie und Stöhnen erfüllten die von Rauch erfüllte Luft. Sirenen von Krankenwagen heulten auf.
Als sich der Rauch verzogen hatte, bot sich ein Schreckensbild. Die zerfetzten Leiber der vier Attentäter wie auch die einiger der Beamten, die sich in ihrer unmittelbaren Nähe befunden hatten, bedeckten den Platz.
Inmitten des Chaos versuchte Oberst Halman, der selbst verwundet war, mit fester Stimme Ordnung zu schaffen. »Sie sind nicht bis zu den Reliquien gekommen, aber ein Teil der Mauer neben dem Eingang ist eingestürzt«, rief ein Polizeibeamter.
Soldaten räumten den Palast vollständig, so dass schon nach wenigen Minuten kein Besucher mehr dort war.
Als sich im Topkapi nur noch Soldaten, Polizeibeamte und medizinisches Personal befanden, erstattete Oberst Halman seinen Vorgesetzten telefonisch Bericht über den Ausgang. Anschließend rief er Lorenzo Panetta an. »Die vier Terroristen und zehn meiner Männer sind tot. Außerdem sind zwanzig unserer Leute verwundet, teils schwer.«
»Das ist sehr bedauerlich. Wie ist es dazu gekommen?«
»Der Einsatz war sehr hoch, und wir sind ein großes Risiko eingegangen. Ursprünglich wollten wir heute keine Touristen
in das Topkapi lassen, doch dann haben wir uns überlegt, dass die Terroristen Verdacht schöpfen würden, wenn dort alles totenstill gewesen wäre. Also haben wir einzelne Gruppen eingelassen und in andere, hinreichend weit entfernte, Teile des Palastgeländes dirigiert, um sie aus der Gefahrenzone herauszuhalten. Das war alles andere als einfach – die Reiseleiter haben Einwände erhoben und erklärt, sie verstünden nicht, warum sie den Besuch nicht so durchführen dürften wie immer. Trotz der damit verbundenen Gefahr habe ich Ihre Bitte erfüllt und bis zum letzten Augenblick gewartet. Niemand hat mit den Terroristen Kontakt aufzunehmen versucht, es gibt also keine Komplizen. Wir wollten die Leute im letzten Augenblick festnehmen, bevor sie in den Raum mit den heiligen Reliquien gelangten. Die Frau im Rollstuhl muss den Sprengstoff gezündet haben, und … den Rest können Sie sich vorstellen.«
»Und was ist mit den Reliquien des Propheten?«, erkundigte sich Lorenzo Panetta besorgt.
»Sie sind völlig unversehrt. Allah sei dafür gedankt, dass er sie bewahrt hat.«
»Und auch dafür, dass er ein größeres Blutvergießen verhindert hat. Können Sie sich denken, was geschehen wäre, wenn die Terroristen ihr Vorhaben hätten durchführen können?«
»Ja, ein Meer von Blut würde fließen.«
»Das mit Ihren Männern tut mir wirklich leid.«
»Sie können sich sicher denken, wer ihren Angehörigen die Mitteilung überbringen muss …«
»Könnten Sie die Bekanntgabe des Vorfalls noch einige Stunden hinauszögern?«
»Sie verlangen Unmögliches! Hier waren viel zu viele Leute. Touristen, Reiseleiter, Verwaltungsbeamte, Soldaten, Polizeibeamte
… Nein, das können wir nicht mehr lange zurückhalten. Warum wollen Sie das überhaupt?«
»Was werden Sie sagen?«
»Was schlagen Sie vor?«
»Gestatten Sie mir, mit dem Leiter des Brüsseler Zentrums zu sprechen. Ich rufe gleich wieder an.«
Panetta steckte sich eine Zigarette an und machte einen tiefen Lungenzug. Dann berichtete er knapp Aguirre und Kommissar Moretti, was er von Oberst Halman erfahren hatte.
»Äußerst tapfere Leute! Sie haben es gewagt! Dieser Oberst Halman muss ein hochkarätiger Polizist sein«, rief Kommissar Moretti bewundernd aus.
»Ja, er hat viel aufs Spiel gesetzt. Eine solche Operation auf die Beine zu stellen, ist äußerst schwierig. Wäre auch nur ein einziger Tourist umgekommen, müsste die türkische Regierung – und übrigens wir auch – mit den größten Schwierigkeiten rechnen. Man hätte den Leuten wie uns vorgeworfen, unschuldiges Leben aufs Spiel gesetzt zu haben.«
»Das haben wir auch getan«, sagte Moretti.
»Das tun wir ziemlich oft, immer in der Annahme, dass wir auf diese Weise viele Menschenleben retten. Stolz bin ich aber nicht darauf.«
Hans Wein war bewegt und zugleich erleichtert.
»Zumindest die Sache mit Istanbul ist denen also nicht
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