Das Blut der Unschuldigen: Thriller
gelungen«, sagte er zu Panetta.
»Außer den vier Terroristen hat es noch zehn Tote gegeben, außerdem zahlreiche Verletzte. Aber im Vergleich dazu, was hätte geschehen können, ist es relativ glimpflich ausgegangen.«
»Falls diese Geisteskranken die Reliquien Mohammeds vernichtet hätten, gäbe es inzwischen schon sehr viel mehr Tote.
Kannst du dir die Reaktion der fanatischen Islamisten vorstellen?«
»Wir wollen den Türken für ihr Opfer dankbar sein«, sagte Panetta.
»Seid ihr mit der anderen Sache weitergekommen?«
»Nein. Wir haben nach wie vor keine Ahnung, und in einer Stunde soll der Heilige Vater die Karfreitagsmesse zelebrieren. Jeder Winkel des Vatikans wird bewacht.«
»Dabei wissen wir nicht einmal, ob der Anschlag dem Vatikan gelten soll …«, fuhr Hans Wein fort.
»Sicher, aber man muss den Papst schützen. Wie sieht es in Jerusalem aus?«
»Ich habe gerade vor ein paar Minuten mit Matthew Lucas gesprochen. Die Israelis haben eine Gruppe ermittelt, deren Reise dieser Omar organisiert hat. Man wird sie bis an die Grabeskirche heranlassen. Das Ganze ist der helle Wahnsinn …«, klagte Wein.
»Ich habe noch nie im Leben so viel gebetet«, gestand Panetta.
»Die Türken werden wissen wollen, wie das offizielle Kommuniqué über das Vorgefallene lauten soll. Meiner Ansicht nach ist es am besten, die Wahrheit zu sagen«, fuhr Wein fort.
»Das ist immer am besten. Wir sollten es aber in diesem besonderen Fall nicht sofort tun, um die übrigen Kommandos nicht zu warnen.«
»Einverstanden. Was sollen wir also sagen?«
»Möglichst wenig. Die übliche Formel hilft immer, ›die zuständigen Stellen ermitteln in alle Richtungen, und sobald Ergebnisse vorliegen, werden wir sie weitergeben‹.«
»Schön. Also möglichst wenig sagen, solange sich das durchhalten lässt.«
»Wenigstens ein paar Stunden lang. Wir wissen, dass die Anschläge für heute geplant sind. Wenn wir bis zum Abend durchhalten, haben wir gewonnenes Spiel.«
»Einverstanden.«
Da Lorenzo Panetta wusste, dass Hans Wein mit der türkischen Regierung sprechen würde, rief er selbst sogleich Oberst Halman an.
»Sagen Sie so wenig wie möglich. Sie wissen schon: Die Ermittlungen laufen. In den nächsten Stunden werden Sie mehr wissen, und so weiter und so weiter.«
»Ja, ich kenne die Litanei.«
»Es gibt noch weitere Kommandos, die heute Anschläge verüben wollen. Bei zweien von ihnen kennen wir das Ziel genau, beim dritten … ist uns lediglich bekannt, dass es sich in Rom befindet, doch wissen wir weder, wo noch wann der Anschlag erfolgen soll. Auf keinen Fall dürfen wir die Leute warnen, und deshalb brauchen wir noch etwas Zeit.«
»Ich tue, was ich kann.«
»Danke.«
43
Jerusalem, Karfreitag
Hakim war zu seiner Reisegruppe gestoßen. Seit zehn Minuten folgten die Pilger aus der Provinz Granada dem Kreuzweg durch die verwinkelten Gassen von Jerusalems Altstadt. Während er, um kein Aufsehen zu erregen, wie die anderen leise vor sich hin brabbelte, als betete auch er den Rosenkranz, ließ er die Blicke aufmerksam nach rechts und links schweifen. Ihm fiel auf, dass deutlich mehr Soldaten als sonst in den Straßen patrouillierten. Das hing sicher mit der großen Zahl von Touristen zusammen, die alljährlich um diese Zeit herbeiströmten.
Er empfand keine Angst. Niemand schien auf ihn zu achten. Inmitten der zahllosen Pilger fühlte er sich so gut wie unsichtbar. Allmählich näherten sie sich der Grabeskirche. Es kam ihm so vor, als würde dort stärker kontrolliert als bei früheren Gelegenheiten. Die Pilger beschwerten sich wegen der scharfen Kontrolle, bei der sie den Inhalt ihrer Taschen und Rucksäcke vorzeigen mussten.
»Dem Verdächtigen scheint die Situation bewusst zu werden«, sagte ein Sicherheitsbeamter in das an seinem Jackettaufschlag angebrachte Mikrofon. Seine Worte waren klar und deutlich im Einsatzraum zu hören, von dem aus die vom Geheimdienst unterstützte israelische Polizei seit einigen Tagen die Arbeit koordinierte.
Matthew Lucas versuchte, seine Unruhe zu unterdrücken. Auf seine Frage, warum man den Mann nicht einfach
festnehme, teilte ihm Oberst Kaffman, der Leiter des Mossad, mit: »Wenn der merkt, dass er umstellt ist, zündet er seine Sprengladung womöglich mitten in dieser Menschenmenge.«
Der Leiter der Operation gab dem Mann, der gerade seine Meldung durchgegeben hatte, die Anweisung: »Jetzt.«
Matthew Lucas sah ihn fragend an. Was meinte Kaffman mit diesem »Jetzt«? Die
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