Das Blut der Unschuldigen: Thriller
gut wie unbeschädigt.«
Der Graf fragte ihn nicht, woher er das wisse. Da den Herren, für die der Koordinator arbeitete, die Türen aller Regierungen auf der Welt offen standen, dürfte es ihnen nicht schwerfallen, Informationen aus erster Hand zu bekommen.
»Meine Auftraggeber sind äußerst verärgert«, hörte er den Anrufer sagen. »Immerhin hatten Sie den Erfolg des Unternehmens garantiert.«
»Ich weiß nicht, was vorgefallen ist.«
»Haben Sie schon mit Ihrem Freund al-Bashir gesprochen? In Jerusalem hat sich unmittelbar außerhalb des Damaskus-Tores ein Terrorist in die Luft gesprengt.«
»Ich weiß, ich habe es gerade im Fernsehen mitbekommen.«
»Das Damaskus-Tor liegt ziemlich weit von der Grabeskirche entfernt.«
»Auch das ist mir bekannt.«
»Also hat auch al-Bashir sein Versprechen nicht gehalten.«
»Wir haben noch Santo Toribio und Rom«, sagte d’Amis.
»Und wenn schon. Unser Ziel war es nicht, dass sich eine Handvoll Terroristen opfern, sondern dass es zu einer kriegerischen Konfrontation zwischen dem Westen und den Öl fördernden islamischen Ländern kommt. Ich fürchte, dass bei Ihnen doch irgendwo ein Fenster offen gestanden hat.«
»Was wollen Sie damit sagen?« Die Stimme des Grafen zitterte leicht.
»Ich hatte Sie gewarnt. Meine Auftraggeber dulden kein Scheitern.«
»Die Operationen waren bestens organisiert. Ich wiederhole, dass ich nicht weiß, was vorgefallen ist.«
»Sehen Sie zu, dass Sie den Jugoslawen erreichen. Der dürfte inzwischen eine Vorstellung davon haben, was in Istanbul schiefgegangen ist.«
»Ich versuche es noch einmal.«
»Stellen Sie außerdem fest, welches Fenster bei Ihnen offen gestanden und wer da mitgehört hat. Ach ja, und rufen Sie Ihren Freund al-Bashir an. Auch er schuldet uns eine Erklärung für das Versagen seines Beauftragten.«
Der Koordinator beendete das Gespräch, ohne d’Amis Gelegenheit zu einer Erwiderung zu lassen. Dieser versuchte sofort, den Jugoslawen noch einmal zu erreichen, aber wieder ohne Ergebnis. Unter al-Bashirs Nummer meldete sich der Anrufbeantworter und forderte ihn auf, eine Nachricht zu hinterlassen. Tief besorgt legte er auf.
Santo Toribio, Potes, Karfreitag
Kommissar García teilte den Polizeibeamten mit, was er über das Vorhaben der beiden Männer ein Stockwerk über ihnen wusste.
Der Vertreter des Zentrums zur Terrorismusabwehr in Spanien hatte sich selbst nach Kantabrien begeben, weil ihm die Tragweite des geplanten Anschlags bewusst war. Der Innenminister hatte ihm klipp und klar zu verstehen gegeben, dass es keinerlei Risiko geben dürfe. Die Terroristen seien unverzüglich festzunehmen, auch wenn dabei möglicherweise
Hintermänner entkamen, mit denen sie Kontakt aufnehmen wollten. Entscheidend sei es, den Anschlag zu verhindern, und daher müsse man dafür sorgen, dass sich die beiden dem Klosterbezirk gar nicht erst nähern konnten.
Der Plan dazu war einfach. Eine Polizeibeamtin sollte als Zimmermädchen gekleidet an die Tür der beiden Männer klopfen und, wenn sie öffneten, den Wagen mit Bettwäsche und frischen Handtüchern hineinschieben. Ihr würden weitere Beamte auf dem Fuße folgen. Da man damit rechnen musste, dass die Terroristen durch Zündung einer Sprengladung Selbstmord zu begehen versuchten, bestand für die Beamtin Lebensgefahr.
Der Hoteldirektor hatte trotz seiner großen Besorgnis alle Anweisungen der Polizei genauestens befolgt. Man hatte die übrigen Gäste gebeten, in einer angeblich wichtigen Angelegenheit sogleich zur Rezeption zu kommen, sie durch die Hintertür ins Freie geführt und in sicherer Entfernung vorläufig untergebracht.
Voll Ärger über Ali, der sich immer noch nicht angezogen hatte, ging Mohammed im Zimmer auf und ab.
»Beeil dich.«
»Warum? Es ist erst elf. Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit.«
»Wenn du nicht gleich fertig bist, geh ich allein.«
»Tu, was du willst.«
Doch Mohammed trat nur ans Fenster und sah hinaus.
»Unglaublich, die Ruhe hier. Fast Mittag, und kein Mensch auf der Straße.«
»Da siehst du es, die anderen haben es auch nicht eilig«, gab Ali zurück.
Ein Klopfen an der Tür ließ die beiden auffahren.
Ali ging zur Tür und fragte, wer dort sei.
»Das Zimmermädchen. Ich bringe frische Handtücher.«
»Wir gehen sowieso gleich.«
»Können Sie mir dann wenigstens die benutzten Handtücher herausgeben?«
Ali öffnete die Tür und sah sich einer Frau in mittleren Jahren gegenüber, die ihn freundlich anlächelte.
Weitere Kostenlose Bücher