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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Direktor Alexandrow und berichten ihm alles. Das ist das einzig Mögliche.«
    »Damit war alle sechs fliegen? Du hältst den Mund, Queenie.«
    »Und Vicky wird bestraft, und wir fünf, die nicht weniger schuld haben, gehen frei aus? Nein, Phyllis, das mache ich nicht mit.«
    »Du schweigst, bis wir beraten haben! Sonst bist du die längste Zeit hier gewesen.«
    Phyllis' Züge wurden kalt und feindselig.
    »Bis wir beraten haben - von mir aus, Phyllis. Aber.«
    »Sei still. Ich wollte dich von vornherein nicht dabei haben, weil du für so etwas nicht zu gebrauchen bist. Aber Edward gab ja keine Ruhe. Du machst einen nach dem anderen verrückt, möchte wissen, wie. Clark hat dich jeden Tag im Auge. Unter einem Professor oder einem Bestschüler tust du es ja nicht. Auf junge Frauen sind die Männer immer zuerst aus, weil sie die Erfahrung besitzen, die ein Mädchen nicht hat. Es ist der leichtere Weg für die Herrn.«
    »Was soll das alles, Phyllis. Aber ich werde still sein, bis Edward gesprochen hat!«
    »Ja, bis Edward gesprochen hat!«
    Phyllis lächelte ironisch.
    Beim Frühstück war Vicky nicht anwesend.
    Als die Schüler zum Unterricht gingen, fing Queenie Edward ab, ohne sich um Phyllis zu kümmern.
    »Hast du etwas herausgebracht?«
    »Die Polizei hat sie. Betrunken auf der Straße - das heißt für eine Indianerin Gefängnis. Für die Schule heißt es Blamage.«
    »Und wir? Sprechen wir jetzt sofort mit Direktor Alexandrow?«
    »Ich war schon bei ihm. Alexander Alexandrow wünscht nicht, daß noch mehr herauskommt. Unter keinen Umständen. Wir sind eine zentrale Schule, wir sind eine Musterschule, wir sind das Meisterstück einer Schule! Verstehst du?«
    »Was hast du Alexandrow gesagt?«
    »Er weiß, daß ich mit Walt nach Victoria gesucht habe, als sie im Schlafsaal vermißt worden war, und daß ich sie auf der Polizei gefunden habe. Mehr will er nicht wissen, mehr hat er nicht gehört.«
    »Und Vicky? Soll sie allein bestraft werden? Wir müssen bekennen, daß wir mit ihr zusammen waren. Wir müssen Alexandrow Lazy Eye dazu zwingen, das auch zuzugeben.«
    »Vicky schweigt. Das ist sicher. Halt du auch den Mund, oder du bist der letzte Dreck. Für mich und für Alexandrow.«
    »Es geht darum, was ich für mich selbst bin.«
    »Nun überleg's dir. Für Vicky sieht es noch übler aus, wenn sie mit andern zusammen war. So hat sie allein danebengetappt und ein Glas Rotwein getrunken, das sie nicht verträgt. Halb so schlimm.«
    »Wie kann eine Lüge besser sein als die Wahrheit?«
    »Spiel nicht die Naive, das ist nicht zum Aushalten. Du weißt doch, wo du lebst.«
    Queenie ließ Edward stehen und ging ins Atelier an ihre Arbeit. Sie kam voran damit. Aus dem Glühen heller Farben rings quoll der schwarze Krater hervor; Werden der Finsternis. Sie hatte nichts gewollt als nachahmen, umkehren, verhöhnen. Jetzt malte sie mit Ernst.
    Wenige Tage später war die Verhandlung gegen Victoria angesetzt. Den Schülern wurde nicht erlaubt hinzugehen, doch Alexandrow Lazy Eye, James Clark und andere Lehrer machten sich auf, um für Victoria, die fleißige und beliebte Schülerin, auszusagen.
    Den Ausgang des Verfahrens erfuhr Queenie durch Phyllis, die viele Schüler und Lehrer kannte und sich nicht gescheut hatte zu fragen.
    »Zwei Monate - ohne Bewährungsfrist. Sie haben sie gleich dabehalten. Vicky ist tapfer geblieben.«
    »Gefängnis, Phyllis! Weißt du, was das für Victoria heißt? Mit schmutzigen Weibern und Diebinnen zusammen arbeiten und im Ohr Worte, die sie noch nie gehört hat.«
    Phyllis zuckte die Achseln.
    »Es war Pech. Die Polizei hat auf einen flüchtigen Schmuggler Razzia gemacht. Wir sind hineingeraten, und der Sheriff ist ein Feind des farbigen Volkes. Victoria wird über ihren Frieden nachdenken und künftig etwas anders zu schreiben haben als >Wie meine Mutter mit mir einkaufen ging<.«
    Queenie zitterte.
    »Es ist alles eine einzige Schande, nicht nur der Sheriff, auch wir.«
    Sie schrieb wieder an Wakiya-knaskiya, obgleich sie bisher keinen zweiten Brief erhalten hatte. Aber Weihnachten stand bevor, und sie sollten daheim nicht ohne Post sein.
    In dem Brief stand nur: »Ich arbeite. Die Welt kann ich nicht besser machen. Herzliche Grüße.«
    Queenie schämte sich vor sich selbst, daß sie das Bild der wirbelnden Blätter und Fetzen versteckt hatte. Sie zog es hervor und hängte es in den gleichen Raum wie das >Werden des Dunklen<.
    Der Stern war zerbrochen, die Finsternis spielte mit den

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