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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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dich.«
    »Schwer genug für ihn.«
    Edward lächelte scheinbar heiter. »Leb wohl, Tashina.« Das war der Abschied.
    Die letzten Monate der Schularbeit flogen dahin. Die Stadt staubte und dürstete unter glühender Sonne; die Temperaturregler arbeiteten.
    Queenie zeichnete Hände, die Hände Inya-he-yukans. Lazy Eye stand hinter ihr.
    »Merkwürdig, Missis King, wie Sie zu diesem Motiv immer wieder zurückkehren.«
    »Altindianisches Motiv, Mister Alexandrow, schon in den Felszeichnungen unserer Vorfahren zu finden.«
    Ich kehre damit zu einem Menschen zurück, dachte Tashina, aber sie sagte es nicht. Alexandrow wurde verehrt und geliebt, doch er erfuhr nie etwas aus dem Herzen der Kunst und des Indianers.
    Victoria, Phyllis und Edward kamen miteinander zu Queenie und blieben lange bei dem Bild.
    Queenie hatte Angst, weil ihr die Hände so wert waren.
    »Was denkt ihr?«
    Die drei blieben leise.
    »Lieben und töten - „
    »Ruhig wie der See und schnell wie der Wind - „
    »Hart wie der Stein und sanft wie der Flaum an der Brust des Adlers - Hände grüßen, Hände drohen, Hände sprechen.«
    »Indianerhände - „
    »Menschenhand.«
    »Hand eines Mannes, jung im Blut und schon alt an Erfahrung.«
    »Kennst du ihn, Queenie?«
    »Er war weit fort. Ich habe ihn wiedererkannt.«
    Am Tag der Abschlußfeier erhielt Queenie des Morgens noch einen Brief.
    »Komm jetzt heim, Mutter Tashina. Ich schaffe es nicht mehr ohne Dich.
    Wakiya-knaskiya.«
    Queenie sang vor sich hin.
    Mochte auf der Ranch geschehen sein, was wollte. Es war unwichtig. Sie wurde gebraucht. Das allein galt.
    Die Feier des Baccalaureats schien nur noch ein Traum. Queenie trug wie die andern Schüler der zwölften Klasse, die bestanden hatten, den Talar und das Barett mit den vier Ecken, die an die heiligen vier Weltenden erinnerten. Phyllis spielte in dem kleinen Schulorchester indianische Musik, auf moderne Instrumente übertragen. Victoria saß unter den vielen Schülern, die die Senioren im Talar bewunderten und zu ihrem Vorbild machten. Für das Manuskript, das sie im Gefängnis geschrieben hatte, war ihr kein Preis verliehen worden, noch wurde es in den Annalen der Schule gedruckt. Aber die Mitschüler kannten es, und Queenie hatte es sich abgeschrieben.
    »Sie wird ein Dichter.«
    In der Reihe der Festredner war Edward der Sprecher der Klasse.
    »Wir haben gelernt. Wir haben versagt und von neuem angefangen. Wir haben uns verirrt und unseren Weg wiedergefunden. Unsere Väter und Mütter sind ihn schon gegangen; wir schlagen ihn ein, und wir kennen den Stern, der über jedem neuen Morgen steht. Er zerbricht nicht; er leuchtet, wenn die Dunkelheit weicht. Werdet, was ihr seid, Indianer. Ich habe gesprochen.«
    Alle anderen Reden gingen an Queenies Ohren vorbei.
    Beim anschließenden Tanz wurde sie zuerst von Walt geholt, dann von Dick und endlich von Edward.
    Walt hatte den Bescheid erhalten, daß er von der Schule abgehen mußte; sein Zeugnis in den theoretischen Fächern war befriedigend, in seinem Kunstfach knapp genügend.
    »Was machst du jetzt, Walt?«
    Der Junge schlenkerte seine Arme und Beine salopp und verzichtend.
    »Ich gehe nach Alaska - in die Verwaltung. Wird nicht einmal schlecht bezahlt, weil sie schwer Leute bekommen. Abteilung Eskimo-Handwerkskunst.«
    »Vielleicht wirst du dort ein Mann.«
    »Vielleicht, Queenie. Die Eskimo-Ladies liegen mir aber nicht. Bleibt der Whisky.«
    »Hast du deine blauen Flecken schon vergessen?«
    »Gott schütze mich; ich hoffe, daß es in Alaska keine Edwards gibt.«
    »Ich hoffe, daß du vergeblich hoffst, Walt.« »Kannst du zaubern, Queenie?« »Möchte sein.« »Dann wehe mir!« Queenie lächelte.
    Sie brachte den Tanz mit Dick hinter sich und ließ sich dann von Edward führen.
    Das kleine Orchester spielte gut, Phyllis hatte den Rhythmus in der Hand.
    »Wohin geht Phyllis eigentlich, Edward?«
    »Hat sie es dir nicht gesagt? An eine Indianerschule -versuchsweise Musikunterricht. Bei den Siksikau.«
    »Weit fort. Warum nicht in ihrer Heimat bei den Navajo?«
    »Vielleicht in zehn Jahren. Wir werden herumversetzt wie die Superintendents, du weißt es. - Was wirst du Alexandrow und James antworten?«
    »Ich? Ich habe nein gesagt, und sie haben mich nichts mehr gefragt.«
    »Täusche dich nicht. Sie kommen.«
    Edward hatte es gewußt. James Clark meldete sich zu einer Unterhaltungsrunde während des nächsten Tanzes und führte Queenie in die hinteren erhöhten Bankreihen. Lazy Eye saß schon dort

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