Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Pflegesohn rechnen nicht - das ist Sache Ihrer indianischen Gastfreundschaft. Im übrigen - offen gestanden -, Sie hätten das Haus trotzdem erhalten, wenn nicht die unglückliche Schulranch an der Sache hinge. Eine Familie, die Schüler aufnehmen will, braucht für sich selbst offenbar nicht soviel Raum, um die Zuteilung eines neuen Hauses zu rechtfertigen. Hätte Ihr Mann nur von der Schulranch geschwiegen! Dann wären Sie schon im neuen Heim.«
    »Ich verstehe nicht, Missis Carson, warum der Hetze der Mac Leans soviel Gewicht beigelegt wird. Wer kann überhaupt einen ernsthaften Einwand dagegen vorbringen, daß junge Menschen etwas lernen sollen?«
    »Prinzipiell natürlich nicht. Aber was sagen Sie dazu?«
    Missis Carson gab Queenie einen karierten Zettel, auf dem geschrieben stand:
    »Der Hure des Joe King werden wir unsere Kinder nicht länger auf die >Schulranch< geben. Wir holen sie wieder weg von dem Gangster und seiner Hure.«
    Queenie wurde hart und blaß.
    »Darf ich diesen Zettel behalten, Missis Carson?«
    »Bitte. Es tut mir leid, Missis King, aber es ist doch besser, wenn Sie wissen, was vorgeht.«
    »Wissen Sie es, Missis Carson?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ob Sie wissen, wer einen solchen gemeinen anonymen Brief schreibt?«
    »Nein - aber es gibt mehrere davon.«
    Queenie war in der Region ihres hellen Verstandes schnell gefaßt und reagierte sofort.
    »Können Sie mir noch ein paar einsammeln?«
    »Als Ihr Privatdetektiv? Für Sie tue ich alles, Missis King. Warten Sie einen Moment.«
    Die Wohlfahrtsdezernentin verließ den Raum. Queenie benutzte die Zeit nicht, um den Zettel ein zweites Mal zu lesen. Einmal genügte. Missis Carson kam bald mit einem zweiten entsprechenden anonymen Schreiben in der Hand zurück.
    Queenie nahm es an sich. Sie studierte die zugehörigen Umschläge. Die Briefe waren in der Agentursiedlung selbst abgesandt worden.
    »Vielen Dank. Darf ich fragen, wer dieses zweite anonyme Schreiben erhalten hatte?«
    »Miss Bilkins. Übrigens ist Mister Haverman ein drittes zugegangen. Aber das kann ich Ihnen im Augenblick nicht verschaffen, da Haverman zu der Besprechung bei Mister Shaw gerufen worden ist.«
    »Vor einer Woche sind diese Schmierzettel hier eingegangen?«
    »Vor einer Woche. Aber Mister Shaw soll schon vor vierzehn Tagen einen solchen Wisch erhalten haben. Ihr Mann ist jetzt drüben?«
    »Ja, wegen der Löhnfragen.«
    »Es ist ein Glück, daß Sie wieder hier sind und auch hier bleiben, Missis King. Miss Bilkins ist auch dieser Meinung. Lassen Sie sich aber keine grauen Haare wachsen wegen solchen Geschmiers. Alex Goodman hat sich freiwillig zu den Soldaten gemeldet. Damit kommt die Sache aus der Welt. Er wird ja wohl der Vater sein. Sie wissen, daß Mary Booth ein Kind erwartet?«
    Queenie schaute auf die Barriere. Es drehte sich alles vor ihren Augen. Sie stützte sich auf das Holzgeländer.
    »Ich wußte es noch nicht. Ich freue mich aber darüber. Mary war zu einsam geworden.«
    Missis Carson spitzte die Lippen und zog sie wieder breit.
    »Einfach und vernünftig, was Sie da sagen. Haben Sie eine Vermutung, wer der anonyme Schmierer sein könnte?«
    »Er denkt und handelt nicht wie ein Indianer. Mehr kann ich nicht sagen.«
    Das Gespräch wurde durch einen Telefonanruf unterbrochen. »Carson - ja, ist bei mir. Ich sage Bescheid.« Kate Carson legte auf.
    »Sie werden zu Mister Shaw gerufen, Missis King.«
    Queenie machte sich auf den Weg in das benachbarte Haus, in dem der Superintendent und sein Stellvertreter ihre Diensträume hatten. Im Vorraum warteten einige Indianer und Indianerinnen, die ihre Anliegen in der Sprechstunde dem Superintendent selbst vorzutragen hofften.
    Queenie ging an der Sekretärin vorbei und trat bei Mr. Shaw ein. Er saß hinter seinem Schreibtisch, in der korrekten Haltung und Kleidung, in der Queenie ihn kannte, die verkörperte Dienstvorschrift. Einem Anflug von Anstrengung und Mißmut auf seinem Gesicht gestattete er nicht, zu deutlich zu werden. Doch konnte er nicht verhindern, daß seine Stimmung sich im Raum wie scharfer Duft verbreitete. Die Arbeit des Ventilators konnte hiergegen nicht wirken, da es sich um ein körperloses Fluidum, vielleicht um jene nicht erforschten Wellen handelte, die von Nerven und Gehirn ausgehen und Druck wie Spannung zu übertragen vermögen. Joe King, der alte Goodman und Bob Thunderstorm standen dem Schreibtisch gegenüber; die übrigen Anwesenden saßen im Halbkreis rechts und links von Mr. Shaw.

Weitere Kostenlose Bücher