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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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hatte er Joes willenlosen Körper gestohlen und dann behauptet, daß Joe schon auf dem Wege in die Heimat sei und lieber sterben denn als ein Krüppel leben wolle. Die Kinder hatten sich verstecken müssen. Wie Collins erst später bemerkte, hatte sich Hanska in das Zelt des Zaubermannes geschlichen, in das Joe von Collins gebracht worden war. Der Geheimnismann, der wie alle Männer seiner Funktion auch als Arzt tätig war, gehörte zu den Menschen mit auserwählten Händen und konnte selbst solche Brüche, Zerrungen und Verrenkungen in Ordnung bringen, vor denen die Kunst der meisten weißen Ärzte machtlos blieb.
    Joe lief wieder umher. Die Angestellten des Hospitals wunderten sich, als sie ihn sahen, und vermuteten den Zusammenhang, ohne daß er ihnen je erklärt wurde. Der Genesene setzte sich probeweise ans Steuer und stellte fest, daß er fahren konnte. Auf einfachen Strecken würde Wakiya ihn ablösen.
    Am letzten Abend saß Joe noch mit den beiden Buben in dem Zimmer zusammen, das die drei bei Collins bewohnten. Die Jagdbeute war schon verteilt.
    Das Elchfell, viel Fleisch und auch einige Dollars hatte der Zaubermann erhalten. Er war für seine Kunst belohnt worden.
    Das Geweih nahm Joe mit. Das Bärenfleisch blieb Gastgeschenk für Collins. Das Grizzlyfell samt Ohren und Zähnen befand sich schon im Kofferraum des Cabriolet. Zwei Bärentatzen schmeckten.
    Die Jagd begann zu einem Traum zu werden, den die drei nie vergessen würden. Aber vor ihnen in Wirklichkeit und Phantasie standen nicht mehr dichte Wälder, satte Wiesen, Quellen, Bäche, Sumpf, Adler, Elch und Bär. Vor ihnen lagen die Tage der dürren, kostspielig bewässerten Prärien, der Büffelherden, der Pferde im Korral, der Blockhütte - und der Schule.
    Sie begannen zu reden. Ein jeder sprach aus seinen eigenen Gedanken heraus.
    »Du bist mein Wahlvater, Inya-he-yukan, und ich habe beschlossen, bei dir zu bleiben. Hau.«
    »Hanska, kennst du noch immer nicht die Macht der Geister? Sie haben nun einmal beschlossen, dich fern von mir zu erziehen.«
    »Vater Inya-he-yukan, glaubst du noch immer an die Macht der Geister? Ich glaube nicht mehr daran.«
    »Wer hat dich das gelehrt?«
    »Der Geheimnismann der Siksikau.«
    »Warst du in seinem Zelt?«
    »Ja.«
    »Ich muß ein neues Leben anfangen, Wakiya und Hanska, weil das alte gestorben ist.«
    »Wie die große Schlange, Inya-he-yukan, wenn sie ihre alte Haut abgeworfen hat?«
    »Anders ist es beim Menschen, Wakiya-knaskiya. Wenn er abgehäutet wird, ist er voll Schmerzen, und die Haut trägt Narben. Ich bin nicht mehr der alte. Aber ich bin älter geworden, weil ich die Grenze meiner Kraft gesehen habe. Nicht erst in dem Sumpf. Aber dort habe ich sie auch eingesehen.«
    Wakiya klopfte leise, als ob er mit dem Klöppel eine Trommel berühre, und der Glaube seiner Vorväter gab ihm die Worte zu einem Liede ein.
    »Über Wiesen und Bergen blutet die Sonne des Abends.
    In unseren Nächten verblutet die Sonne unter den Wurzeln im Dunkeln.
    Aber die Menschen schenken sich ihr, und junges Blut färbt ihren Morgen.
    Deine Augen sind schwarz, Inya-he-yukan, in ihrer Tiefe wohnt blutende Sonne und stirbt doch nicht.«
    »Du schenkst meiner Sonne wieder Leben, Wakiya. Wenn du ein Mann bist, wirst du den Baum der Menschen und ihres Rechts pflanzen und pflegen und für die Menschen singen.«
    »Was wir nicht erzwingen wollen, Vater Inya-he-yukan, kann von selbst zu uns kommen. Diese Weisheit hat mein Vaters ehe er starb, meinen Bruder Wakiya gelehrt, und dieser lehrte sie mich.«
    »Und nun wartest du geduldig darauf, Hanska, daß ein Geheimnis Wirklichkeit wird und du bei mir bleiben darfst?«
    »Ich warte geduldig, Vater Inya-he-yukan.«
    »Aber wer soll dich mir schenken? Ich weiß es nicht.«
    »Weißt du es gar nicht?«
    »Ich habe lange nachgedacht. Krause mit den hellgrauen Haaren fiel mir ein. Er sucht einen Sohn. Wenn du Krauses Sohn wirst, so kannst du in jede Schule gehen, die du dir wünschst - außer in eine Reservationsschule. Du kannst bei ihm wohnen - „
    »Aber nicht bei dir, Vater Inya-he-yukan.«
    »In den. Ferien und an den Feiertagen auch bei mir.«
    Hanska lächelte. »Du bist ein Scherzgeist geworden, Vater Inya-he-yukan. Krause mit dem Haar wie eine von den Heuschrecken zerfressene Wiese? Du meinst, er könne mein Vater werden?«
    »Ich weiß mir keinen anderen Rat - wenn du nicht in das Internat zurückkehrst, Hanska. Krause würde dir gewiß ein Pony schenken.«
    Hanska lachte. »Aber

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