Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen
fern von den Geheimnismännern. Es gibt auch Betrüger unter ihnen.«
»Ich bin der Sohn eines Kriegshäuptlings. Ich habe Bärenseele, die eines ganz jungen Bären, eines tollpatschigen. Inya-he-yukan hat die Seele eines großen Bären. Aber es gibt nur wenige, die das wissen dürfen.«
Wakiya-knaskiya staunte seinen Bruder an und blieb in Sorge.
Es wurde Zeit. Das Cabriolet war fahrfertig. Hanska drängte sich neben Tashina auf den Sitz neben Inya-he-yukan, der die Hände am Steuer hatte. Wakiya blieb an diesem Tag daheim. Er wunderte und sorgte sich.
In der Agentursiedlung hielt Joe vor dem Hause der Familie Adlergeheimnis, und Queenie stieg aus. Sie fragte noch mit einem Blick, ob Joe und Hanska nicht mitkämen, aber die beiden lehnten den stummen Vorschlag stumm ab, und Inya-he-yukan fuhr weiter zu den Bürohäusern und stellte den Wagen auf einem der Parkplätze für Gäste ab.
Mit Hanska zusammen ging er in das Haus der Dezernenten. Es war Sprechstunde. Nicht wenige Indianer kamen, gingen oder warteten, Männer und Frauen. Alle kannten Joe King, und einige erkannten auch Hanska. Man grüßte sich mit den Augen, wer bekannter miteinander war, auch mit einem leichten Erheben der Hand. Joe stellte sich an die Wand des langen Ganges, der an den Bürozimmern entlangführte. Durch die Türen hörte man leise Stimmen; die Türen hier waren nicht gepolstert wie diejenigen der Dienstzimmer des Superintendent und seines Vertreters.
Joe erinnerte sich daran, wie er vor drei Jahren auf die Reservation zurückgekommen und durch diesen langen schmucklosen Korridor zu Mr. Haverman gegangen war, um ihm Vorschläge zu machen und sich eine wirkungslose Antwort anzuhören. Unterdessen hatte Joe einige seiner Vorschläge realisiert.
Die Reihenfolge derjenigen, die vorsprechen wollten, ergab sich von selbst. Wer aus dem Zimmer herauskam, ließ den nächsten ein. Joe wartete, bis es keinen Besucher mehr gab, der Miss Bilkins, Schulwesen, aufsuchen wollte. Dann trat er mit Hanska zusammen ein.
Miss Bilkins, der blonde Schulgeist, saß hinter der hellpolierten Barriere und empfing die Eintretenden mit der feindseligsten Kategorie aller ihrer möglichen Blicke. Joe hielt die Lider gesenkt, und so tat auch Hanska.
Joe King beabsichtigte, nicht zu sprechen, ehe er aufgefordert war, sein Anliegen vorzubringen. Er war entschlossen, keine Regel der Höflichkeit zu verletzen. Daher stand er stumm vor der Barriere, betrachtete Miss Bilkins unauffällig und verstand, daß er nichts als Grundsätze und die Ausflüsse von Anweisungsbefugnis zu erwarten hatte. Es war ihm aber zumute wie in jenem Augenblick, als er die Arme über den Adler gebreitet hatte, um zu kämpfen und zu hoffen, solange er noch lebte. Er hatte damals keine falsche Bewegung mehr gemacht, und er wollte jetzt kein falsches Wort sagen. Auch darum schwieg er und wartete. Aber sein Schweigen brachte Miss Bilkins auf; der braunhäutige Mann, in dessen Augen immer die Leidenschaften und nie die Prinzipien, immer Nacht und Feuer und nie die Ordnungslinien des amtlichen Quadratnetzes gewohnt hatten, war ihr von jeher unverständlich gewesen und daher minderwertig erschienen, auch in jenem Moment, als sie die Verpflegungsgelder für die Schulranch bewilligte. Wenn Joe King etwas der Ordnung, dem der Erziehung und den Prinzipien Entsprechendes getan hatte, so konnte das nur aus Zufall geschehen sein; im nächsten Augenblick war schon wieder das Unmögliche möglich. Warum stand er jetzt stumm vor ihr? Jeder Besucher, der sich vor der Barriere einfand, hatte zu begründen, warum er eine aus öffentlichen Geldern bezahlte Zeit in Anspruch nahm; jeder Antragsteller, dem sie durch Hinwenden des Kopfes ihre Aufmerksamkeit und die Einladung zum Sprechen bezeigte, hatte sich zu äußern. Joe King aber, Mitte Zwanzig, lang gewachsen, typischer Indianer, sagte gar nichts, sondern erwartete offenbar, daß sie ihn kurz vor Dienstschluß noch einladen würde, ihr wegen dieses schwer erziehbaren Kindes, das er überflüssigerweise mitgebracht hatte, weitere Scherereien zu machen.
Miss Bilkins geriet in eine ihr ungewohnte Verwirrung. Es war heiß. Warum trug Joe King seine Jacke geschlossen? Um Pistolen darunter zu verbergen? Das stumme Gefecht zwischen den durch die Barriere getrennten Menschen dauerte so lange, daß Hanska sich die Erlaubnis seines Pflegevaters zu einer Frage in der Stammessprache holte, die keiner der Verwaltungsangehörigen verstand:
»Warum hat sie einen Zaun um
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