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Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen

Titel: Das Blut des Adlers 2 - Licht über weissen Felsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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hier! Sie sollen ihn nicht morden.«
    »Sei ruhig. Komm.« Der Richter sprach streng.
    Der Bub schaute auf seinen Wahlvater, aber es war, als ob der Gefangene Wakiya-knaskiya nicht mehr bemerke.
    Das Kind nahm dies als Tadel für seinen ungehemmten Ausbruch hin. Es ließ sich widerstandslos hinausführen.
    Im Dienstzimmer des Richters schrieb Wakiya noch einmal selbst auf, was er gehört und was er zu sagen hatte; er schrieb es ohne zu zittern und gab Crazy Eagle das Schriftstück.
    »Gut, Byron.«
    Der Bub mußte im Zimmer bleiben, bis der Gefangene wieder in den Wagen gebracht und fortgefahren worden war. Als Wakiya die Straße betrat, war nicht einmal mehr das Geräusch des Gefangenenwagens und des Wagens von Crazy Eagle zu hören. Leer lag die Chaussee, still die Prärie, und in den Bäumen der Agentursiedlung zwitscherten die Vögel, als ob es kein menschliches Leid gebe.

Vor den Geschworenen
    D er Termin war nicht allgemein bekannt gegeben worden, und doch fanden sich wieder genug Männer und Frauen der Reservationsbevölkerung ein, um den kleinen Raum zu füllen. Familie Mac Lean war fern geblieben, Charles O'Connor war nicht mehr als Kläger anwesend, da die Identifikation der Toten nicht gelungen war; er war jedoch als Zuhörer gekommen, diesmal zusammen mit seiner Schwester Esmeralda.
    Alex, Bob, Wakiya, Ball, Mary, Vater und Mutter Booth und Dorothy Miller geb. Booth saßen als Zeugen in der ersten Reihe des Zuhörerraums.
    Mary war grau wie Asche. Die Eltern hatten sie in die Mitte genommen. Sie hofften wohl noch auf den Gehorsam der Tochter. Vergeblich? Wer wußte es.
    Der Gerichtspräsident, Ed Crazy Eagle und die Geschworenen, zu denen Mr. Whirlwind wieder, für diesen Tag aber auch Frank Morning Star ausgelost war, betraten den Raum und fanden sich an dem für sie bestimmten Tische ein.
    Die beiden Polizisten brachten Joe King in Handschellen und Sträflingskleidung zur Anklagebank. Er setzte sich, und sie hielten sich rechts und links von ihm als Wachen bereit. Joes Kopf wirkte entstellt; er trug noch immer den breiten Klebeverband. Das Blut unter der Haut hatte sich wieder verteilt. Der Gefangene schaute nach dem einzigen, dem unvergitterten Fenster, durch das jetzt die Morgensonne in den kahlen Raum eindringen wollte. Wakiya fand die Augen wieder, aber sie hatten den geheimen Schimmer verloren. Joe Kings Blick ließ Fenster und Sonne los, lief über Richter, Geschworene, Zeugen, Zuhörer und richtete sich dann auf den Boden.
    Der Gerichtspräsident ließ Ed Crazy Eagle eröffnen. Es folgten die gewohnten Verlesungen. Da der Richter blind war, hatte sich der Anklagevertreter geschickt als seine Hilfskraft eingeschoben und es auch verstanden, den Schriftsatz mit den Zeugenaussagen an sich zu bringen.
    Als er vorlas, nahm sein scheinbar sachlicher Ton eine Färbung von Ironie an, die die Aussagen für die Zuhörer von vornherein unglaubwürdig erscheinen lassen konnte.
    Als erster Zeuge wurde Lehrer Ball aufgerufen. Er bestätigte nach seiner Vereidigung, daß er mit dem Inhalt des Schriftsatzes nichts zu tun habe, sondern lediglich seinen Schüler Byron Bighorn, der ihn um Hilfe bat, darin unterstützt habe, den Bericht in einwandfreier Rechtschreibung niederzulegen.
    Der Anklagevertreter Sidney Bighorn griff sofort ein.
    »Mister Ball - warum haben wir hier zwei Dokumente über Byrons Aussagen, das eine von Ihnen, das zweite von Byron selbst geschrieben?«
    »Sehr einfach, Mister Bighorn. Als Byron zu mir kam, machte ich die Niederschrift. Byron schrieb das, woran er sich erinnerte, unabhängig davon noch einmal selbst auf. Die wörtliche Übereinstimmung zeugt für Byrons gutes Gedächtnis.«
    »Oder für eine - vielleicht nicht gewollte - Zeugenbeeinflussung, Mister Ball. Wie kamen die Aussagen von Bob Thunderstorm und Alex Goodman zustande?«
    »Auch sehr einfach. Da Byron mir die beiden als Zeugen genannt hatte, habe ich die King-Ranch aufgesucht und die Burschen gefragt, ob Byrons Bericht auch ihren Erinnerungen entspreche.«
    »Sie haben Bob und Alex das von Ihnen geschriebene Dokument vorgelegt. Es kann, vermutet werden, daß Ihre ehemaligen Schüler dadurch beeindruckt und beeinflußt waren.«
    »Sie waren beide lediglich bestrebt, die Wahrheit wiederzugeben. Dadurch kamen auch die Zusätze zustande.«
    »Sie fühlten sich verpflichtet, Mister Ball, als eine Art Detektiv den Untersuchungsrichter zu unterstützen?« Sidney Bighorn lächelte bei seinen Worten das anbiedernde Lächeln des

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