Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
Vom Netzwerk:
einen kleinen Palast handelte, würde es mir allerdings nicht gerade leichter machen, Onkel Vlad zu finden.
    Die Witterung nach Blut war plötzlich da und ließ mich herumfahren. Michail! Er stand nur ein paar Meter hinter mir, die Hand an einer weiteren – diesmal in der Tapete verborgenen – Tür. Meine heftige Reaktion konnte ihm nicht entgangen sein, dennoch begrüßte er mich mit jenem Lächeln.
    »Wie schön, dass Sie wach sind, Dawn. – Ihr Onkel hat angeordnet, Sie umgehend zu ihm zu führen, sobald Sie sich ein wenig ausgeruht haben.«
    Ich verbiss mir die Bemerkung, dass ich eigentlich nicht vorgehabt hatte, überhaupt zu schlafen. Aber vermutlich hatte Vlad mit nichts anderem gerechnet und ihn angewiesen, mich nicht zu wecken.
    Michail wies zur Treppe. »Darf ich Ihnen den Weg zeigen?« Ohne mein Nicken abzuwarten, ging er an mir vorbei und stieg die Stufen hinauf. Nach einem letzten unsicheren Blick in die Runde folgte ich ihm in einem gewissen Abstand – ich wollte meinen Hunger nicht noch mehr anfachen.
    »Woher wussten Sie, dass ich wach bin?«
    Über die Schulter sah er zu mir zurück. »Im Korridor vorden Gästesuiten und auf der Treppe zur Tiefgarage gibt es Bewegungsmelder.«
    Natürlich. Onkel Vlad würde erfahren wollen, wenn seine Gäste ihre Zimmer verließen und durch sein Haus wanderten.
    Die Treppe endete in einem weiteren Korridor, der wie der untere in beide Richtungen verlief. Michail nickte mir kurz zu und wandte sich nach rechts. Auch der erste Stock war ein Beispiel an Eleganz und Stil: kostbare Möbel, Gemälde, Kunstschätze – zum Teil hinter Glas – und dazwischen immer wieder die eine oder andere mit Blumen gefüllte Bodenvase.
    Vor einer Tür beinah am Ende des Korridors blieb er stehen, wartete, bis ich zu ihm aufgeschlossen hatte, dann klopfte er zweimal kurz an, öffnete sie auf ein knappes Wort von der anderen Seite hin und ließ mich mit einem einfachen »Eure Großnichte, die Princessa Strigoja, Doamne« an sich vorbei in den Raum dahinter treten, ehe er die Tür wieder hinter mir schloss.
    Vlad saß hinter einem Schreibtisch aus hellem Holz, blickte mir entgegen, während er zugleich ein paar Papiere beiseitelegte. Er winkte mich vorwärts, als ich ihm wohl zu lange bei der Tür zögerte. Ein dunkler Teppich dämpfte meine Schritte. Ungefähr in der Mitte des eleganten Raumes blieb ich wieder stehen. Bücherregale nahmen die gesamte Wand zu meiner Linken ein. Neben der Tür gab es eine kleine Sitzgruppe – Sessel und kurzes Sofa – aus blassem Leder und einem orientalisch anmutenden Tischchen. Die Wände waren bis zur Hälfte mit honigfarbenem Holz getäfelt, darüber mit einer hellen Tapete bespannt. Allerdings gab es nur ein Bild im Raum. Es stand auf einer Staffelei: das Porträt einer schlanken jungen Frau in einem fast streng geschnittenen tiefroten Kleid, das der Mode einesvergangenen Jahrhunderts entsprochen haben musste, die dem Betrachter mit einem kleinen Lächeln entgegensah. Ihr helles Haar war hochgesteckt und ließ ihr schmales Gesicht noch anmutiger erscheinen, als es ohnehin schon war. Um ihren Hals schmiegte sich genau jenes Rubinhalsband, das ich bei meiner Ankunft hier getragen und in der Kristallschale neben dem Waschbecken zwei Stockwerke tiefer vergessen hatte. Wilhelmina Harker.
    »Sie ist wunderschön.« Wie so oft war mein Mundwerk schneller als mein Verstand.
    Vlad schaute ebenfalls zu dem Porträt. »Ja, das war sie«, stimmte er mir nach einem Moment zu. Dann kehrten seine Augen zu mir zurück, hingen für eine Sekunde auf meiner – bloßen – Kehle, bevor sie sich endgültig zu meinem Gesicht hoben. »Aber sie war nicht nur schön. Für eine Frau ihrer Zeit war sie verblüffend stark und eigenwillig. Und was ihr Herz anging, ließ sie sich nichts vorschreiben. Sie entschied sich für mich, aber gegen eine Ewigkeit als Vampirin an meiner Seite.« Um seinen Mund spielte kurz ein Ausdruck, von dem ich nicht sagen konnte, ob er schmerzlich oder spöttisch war. »Wir haben damals für ziemliches Aufsehen im Rat gesorgt.« Etwas an der Art, wie er mich ansah, trieb mir das Blut in die Wangen. Hastig richtete ich meinen Blick auf etwas anderes: Das nächtliche Paris, das sich mit unzähligen Lichtern hinter fast deckenhohen Glastüren erstreckte – die sich anscheinend auf einen Balkon hinaus öffneten. Mit einem feinen Lächeln sah Vlad seinerseits auf die Stadt. »Das da vorne ist der Obelisk von Luxor auf dem Place de la Concorde, ein

Weitere Kostenlose Bücher