Das Blut Des Daemons
Geige nach wie vor in den Händen hielt, denn er starrte einen Moment irritiert darauf – und legte beides auf das Ende des Bettes , ehe seine Augen zu mir zurückkehrten. »In Ashland Falls … Ich war verrückt vor Hunger. Allein der Gedanke an dich. Du, so nah. Die ganzen Stunden. Während der Hunger immer schärfer wurde, die Gier immer mehr wuchs. Ich hatte Angst, die Kontrolle zu verlieren; dir wehzutun.« Abermals strich er sich abrupt durchs Haar, schüttelte den Kopf. »Ich hätte es nicht ertragen können, dir wehzutun.« Er streckte die Hand nach mir aus. »Dawn, egal was geschehen ist oder noch geschieht: Ich könnte dich niemals hassen.«
Ich rührte mich nicht, schlang die Arme nur noch fester um mich. »Ich habe dich zu einem Vampir gemacht. Ich habe dir dein Leben gestohlen.« Wenn ich mir selbst die Luft nahm, konnte ich vielleicht das Schluchzen ersticken, das immer mehr in meinem Inneren emporkroch.
»Ich könnte dich niemals hassen.«
»Sie bringen dich meinetwegen um.«
»Ich liebe dich, Dawn Warden. Nichts wird daran jemals etwas ändern.«
»Wolltest du mich jetzt auch nicht hierhaben, weil dein Hunger zu groß ist?« Ich würde ihm mit Freuden meinen letzten Tropfen Blut geben, wenn er mich nur bei sich bleiben ließ.
»Als er mir die Geige brachte, hat Vlad mir erlaubt von ihm zu trinken. – Auch wenn ich nicht sicher bin, ob das eine so gute Idee war.« Ein kleines, irgendwie müdes undzugleich trauriges Lächeln glitt über seine Lippen. »Ich dachte, es wäre für dich schon hart genug … Ich dachte, wenn ich dir von Vlad ziemlich rüde sagen lasse, dass ich dich nicht sehen will, würdest du vielleicht … vielleicht mich hassen und es wäre einfacher für dich.«
Das Schluchzen in meiner Brust wurde schlagartig zu einem Brennen. Ich drückte mir die Hand vor den Mund.
Julien neigte den Kopf ganz leicht zur Seite, seine Augen glitten über mich. »Aber nachdem Vlad die Botschaft ja nicht überbringen konnte«, er hob die Hand ein wenig mehr, »erlaubst du mir, dich noch einmal zu halten?«
Ich konnte nur nicken. Wieder dieses Lächeln. Eindeutig schmerzlich dieses Mal, und dennoch glaubte ich einen Hauch von Spott darin zu sehen.
»Ich fürchte, du wirst zu mir kommen müssen. – Näher lassen sie mich nicht an die Tür heran.« Er bewegte sich ein Stück zur Seite und ich hörte ein leises Scharren. Mein Blick zuckte nach unten. Um seinen Knöchel lag ein eiserner Ring. Die Kette, die daran hing, war hinter ihm in der Wand verankert. Sie mochte nicht straff gespannt ein, würde ihm aber keinen weiteren Schritt in meine Richtung erlauben. O mein Gott. Seine Füße waren nackt. Er hob eine Braue. »Vielleicht sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass sie noch immer so viel Angst vor mir haben, was meinst du?«
Ich hatte keine Ahnung, was ich darauf sagen sollte, also tat ich das Erste, was mir einfiel: Ich überwand den Abstand zwischen uns und drückte mich an Juliens Brust. Er legte die Arme um mich und zog mich an sich. Fest. Ich glaubte seine Verzweiflung zu spüren, als wäre es meine eigene, und schloss die Augen. Er murmelte etwas in mein Haar, das ich nicht verstand, weil er zu leise sprach – und weil es Französisch war –, fühlte seine Lippen auf meinem Scheitel. So nah … In meinem Oberkiefer brannte der Hunger ein wenigmehr. Nein! Nein, ich würde ihn ignorieren, während ich bei Julien war. Irgendwie. Ich würde es schaffen. Wenn ich mich danach in ein Monstrum verwandelte, das allem an die Kehle ging, das Blut in den Adern hatte, sollte es meinetwegen so sein, aber solange ich bei ihm war, würde ich die Gier in dem entferntesten Winkel meines Verstandes einschließen und vergessen, dass es sie gab. Ich würde es schaffen. Für Julien. Und für mich.
Wir standen einfach nur da. Hielten einander umschlungen. Die Tränen saßen wieder in meiner Kehle. Ich senkte den Kopf, drückte mein Gesicht gegen seine Brust. Ich würde nicht weinen! Nicht, solange ich bei Julien war!
Viel zu schnell schob er mich von sich fort. Zumindest wollte er es, doch ich klammerte mich an ihn. Behutsam fasste er mein Kinn, hob es an, damit ich ihn ansah. Die blauen Flecken an seinem Hals und seiner Wange wirkten aus der Nähe beinahe schwarz. »Geh!«, sagte er leise.
Störrisch schüttelte ich den Kopf. »Ich bleibe.«
Seine Augen, Augen aus dunklem Quecksilber, ruhten zärtlich in meinen.
»Dawn, bitte …«
Abermals schüttelte ich den Kopf. »Ich bleibe. Bis …« zum
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