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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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denn jede Sekunde, die ich damit zubrachte, war eine Sekunde, die ich von der Zeit verlor, die mir mit Julien blieb. Stattdessen hockte ich einfach nur da, ballte die Hände zu Fäusten, zwang mich dazu, tief und langsam zu atmen, bis ich endlich meinen Ekel unterschlucken konnte, aufstand, meine Kleider glatt strich und mich auf den Weg in die Verliese des Klosters machte.
    Zwei schwarz gekleidete Vourdranj, einer rothaarig, der andere blond, beide etwas über mittelgroß und schlank und von der betörenden Schönheit der Lamia, sahen mir ohne eine Spur Überraschung entgegen, als ich schließlich dieTreppe hinunterstieg. Natürlich. Gérard hatte ja gesagt, es sei alles geregelt .
    »Ich will zu Julien Du Cranier.« Ich verlangsamte meine Schritte nicht wirklich. Der Gang, der zu den anderen Zellen führte, war dunkel. Nur hier brannte eine Fackel. Durch die schwere Tür drang die leise Musik einer Geige. Meine Kehle zog sich zusammen.
    »Wir müssen Euch durchsuchen.« Der Rothaarige versperrte mir mit dem ausgestreckten Arm den Weg. Ich drehte mich um und sah ihn so giftig an, wie es mir im Moment möglich war.
    »Nur zu, meine beiden Großonkel und mein Großvater werden begeistert sein, wenn sie davon erfahren.« Sie tauschten Blicke über meinen Kopf hinweg. Der Blonde hob beinah bedauernd die Schultern.
    »Sie werden verstehen, dass wir unsere Befehle haben. Ich hoffe, auch Ihr versteht, dass wir … verhindern müssen, dass er in den letzten Stunden noch irgendwie eine Waffe in die Hände bekommt.« Er kniete vor mir nieder – mein Herz setzte einen Schlag aus Nein! Bitte nicht! – und ließ die Hände zu beiden Seiten meiner Beine aufwärtsgleiten, rechts und links, außen über meine Hüfte – ich zwang mich weiterzuatmen Bitte nicht! – , die Seiten, ich hob die Arme ein wenig, seine Hände strichen von den Schultern abwärts zu den Handgelenken. Mit einem Nicken trat er schließlich zurück. Sein Kamerad entriegelte die Tür für mich und ließ mich hindurch. Mein Mut schwand, als sie sie hinter mir wieder schlossen. Das Geigespiel war verstummt.
    Ich registrierte das Innere der Zelle nur am Rande: kahle, nackte Wände, Decke und Boden, die wie aus Beton gegossen wirkten. Vielleicht zweieinhalb auf anderthalb Meter. Ein quadratischer Steinblock, entlang einer der beiden Längswände, gerade breit genug, dass man darauf liegenkonnte. Noch nicht einmal eine Wolldecke. Ist ihm kalt? Ein engmaschig vergitterter Luftschacht weit oberhalb des Bettes , eine zweite ebenso verschlossene Öffnung, durch die ein schwacher Lichtschein in die Zelle drang.
    Es gab nur eines, was für mich zählte: Julien. Er lehnte an der gegenüberliegenden Schmalseite, Bogen und Geige hatte er sinken lassen. Müdigkeit und Erschöpfung zeichneten sein Gesicht. Er hatte tatsächlich blaue Flecken auf der Wange und am Hals! Ich wollte nichts anderes mehr, als ihn in den Arm nehmen. Ihm sagen, dass alles gut werden würde …
    Ein paar Sekunden sah er mir kühl und wortlos, mit undeutbarer Miene entgegen, dann: »Warum bist du hier? Ich habe Vlad doch gesagt, dass ich dich nicht sehen will.«
    Seine Worte waren wie Ohrfeigen. Es brauchte zwei bebende Atemzüge, bis ich halbwegs sicher war, dass meine Stimme nicht zerbrach. »Ich bin Vlad seit Stunden nicht mehr begegnet.« Ich versuchte den Kloß in meiner Kehle hinunterzuwürgen. Erfolglos. »Warum willst du mich nicht hierhaben?« Ich liebe dich, Julien.
    »Dawn …«
    »Hasst du mich so sehr?« Ich konnte die Worte nicht mehr als flüstern. Stille. Entsetzliche, erdrückende Stille. Ich schlang die Arme um mich, mied seinen Blick.
    Schließlich hörte ich, wie er langsam Luft holte. »Hassen? Ich hasse dich nicht. Ich könnte dich niemals hassen, Dawn.« Er klang verwirrend … ergeben.
    Ich wagte noch immer nicht, seinen Augen zu begegnen. »Aber warum … willst du mich dann nicht mehr in deiner Nähe haben? Seit … seit ich dir das angetan habe.« Die Sätze wollten nicht über meine Lippen.
    Ich spürte Juliens Blick auf mir, schaffte es endlich, ihn zu erwidern. Sekundenlang sah er mich weiter stumm an. An seiner Kehle zuckte es, als er mehrmals hart schluckte.»Hassen?«, wiederholte er noch einmal, kaum hörbar, während er mich immer noch unverwandt ansah. Mit der Hand, die den Geigenbogen hielt, fuhr er sich in jener so vertrauten, abrupten Geste durchs Haar. Mein Herz zog sich bei dem Anblick zusammen. Anscheinend wurde Julien erst jetzt bewusst, dass er Bogen und

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