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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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einen winzigen Moment schien er sich abermals anzuspannen, drückte er die Hand auf den Bauch. Wieder vergingen schier endlose Sekunden. Ich hätte um ein Haar aufgeschluchzt, als er mein Handgelenk endlich zart in beide Hände nahm – und im nächsten Moment den Kopf senkte und blitzschnell die Zähne in meine Haut grub.
    Es tat nicht weh. Zumindest nicht wie bei Gérard oder damals bei Samuel. Es war nicht mehr als ein scharfer, doppelter Stich – der unter der Berührung seiner Lippen, ihren kaum merklichen Bewegungen, wenn er schluckte, verging. Meine Finger hielten das Fläschchen umklammert.
    Er trank langsam, so als würde uns nicht die Zeit davonlaufen. Und die ganze Zeit lag sein Blick aus dem Augenwinkel auf mir. Ob ihm bewusst war, dass er zum ersten Mal bereit war mein Blut zu trinken? Ich ließ mich ein wenig mehr gegen die kalte Wand in meinem Rücken sinken. Mein Herz schien sich seinem Rhythmus anzupassen. Ich liebe dich, Julien Du Cranier.
    Mein Kopf fühlte sich mit jedem Schluck irgendwie … leichter an. Zehn Schläge. Ich zuckte ein wenig zusammen, als Julien die Zähne aus meinem Handgelenk nahm und sacht über die Wunden leckte, die er hinterlassen hatte. Für einen Sekundenbruchteil ging sein Blick zur Tür, ehe er mich ansah und mein Gesicht schmerzlich behutsam in seine Hände nahm. Einen Moment lang schien er sich erneut zu verkrampfen.
    »Sie kommen.« Nein. Es konnte nicht so weit sein. Es durfte noch nicht so weit sein. »Du wirst jetzt gehen.« Seine Stimme klang so unendlich sanft. Verzweifelt schüttelte ich den Kopf. Das Brennen war wieder da, stieg in meiner Brust empor, erreichte meine Augen. Ich brachte keinen Ton heraus. Etwas – jemand – scharrte an der Tür. Sie warenwahrhaftig schon da. Nein. Bitte nicht! Ich verlor den Kampf, konnte das Versprechen, das ich mir selbst gegeben hatte, nicht halten. Zart wischte Julien mit den Daumen die Tränen von meinen Wangen. »Schsch … nicht. Nicht weinen, Dawn. Solange du dich manchmal an mich erinnerst, werde ich leben. Das ist genug für mich.« Es klopfte. Ganz kurz nur spannten seine Hände sich an meinen Wangen. Er löste seinen Blick keine Sekunde aus meinem. »Ich will, dass du wieder glücklich wirst, Dawn.« Seine Lippen auf meinen verhinderten, dass ich protestierte, dann lehnte er sacht die Stirn gegen meine. »Wenn sie mich nach oben bringen, wirst du nicht mitgehen.« Ich schluchzte. »Schsch … nicht. Nicht doch. – Ich will, dass du an einen schönen Ort gehst. Vielleicht in einen der Wandelgänge. Der nördliche hat einen Springbrunnen. Es gibt einige schöne Orte hier.« Mit einem Mal klang seine Stimme brüchig. Er verkrampfte sich abermals, sog dabei abermals den Atem ein, diesmal jedoch schärfer als zuvor. »Du wirst nicht nach oben kommen. Versprich es mir! Das ist das letzte Mal, dass wir uns sehen. Versprich es mir! Auch … danach nicht. Ich will, dass du dich so an mich erinnerst, wie ich jetzt bin. Nicht … nicht anders. Versprich es.« Ich nickte, welche Wahl hatte ich auch schon. Lächelte er tatsächlich? Wieder ein Krampf. »Je t’aime, mon rêve.« Abermals streifte sein Mund meinen, verweilte. Sanft. So entsetzlich, qualvoll, zärtlich sanft. Ich schloss die Augen, als ich hörte, wie die Tür geöffnet wurde. Julien zog sich von mir zurück. »Geh!«, sagte er leise. Ich wollte die Hand heben, noch einmal sein Gesicht berühren … Mein Arm war zu schwer, fiel schon nach Zentimetern zurück. Ich senkte den Kopf, nickte, stand wie von Fäden gezogen auf. Mir war schwindlig. Juliens Blick lag auf mir. Ich konnte ihn spüren, wie eine Liebkosung, eine letzte zarte Berührung … Ich drehte mich um. Der Boden war seltsam weich unter mir. ImTürrahmen stand Pádraig, dahinter zwei weitere Vourdranj. Ich ging auf ihn zu. Meine Beine waren schwer. Ich hatte die Tür erreicht. Pádraig trat zurück, wollte mich vorbeilassen. Meine Welt verschwamm. Schrumpfte von den Rändern zusammen. Wurde dunkel. Meine Knie trafen auf den Boden. Dann meine Wange. Ich hörte jemand meinen Namen schreien. Wieder und wieder. Bis die Dunkelheit selbst diese Stimme verschlang.

    Ich lag auf etwas verwirrend Hartem. Mir war schwindlig. Mühsam blinzelnd öffnete ich die Augen. Der Schein einer Kerze flackerte in einem Luftzug über kahle Wände. Ein eng vergitterter Luftschacht über meinem Kopf. Die Zelle! Die Tür stand offen. In ihrem Rahmen lehnte … Julien. Und starrte die Stufen hinauf. Ich setzte mich hastig auf,

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