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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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nichts als Heuchelei. Sie bedeutet ihnen nichts! Gar nichts!« Ich schloss für eine Sekunde die Augen, versuchte halbwegs ruhig zu atmen. Das alles war nicht fair. »Vielleicht gibt es ein paar wenige, denen Ehre tatsächlich noch etwas bedeutet; du, Adrien, vielleicht Olek Nareszky und sein Großvater, vielleicht Lasja, vielleicht ja auch Vlad, Radu und Mircea, aber die anderen? Nein. Für sie ist es eine … ein leeres Wort, hinter dem sie sich verstecken, das sie sogar ohne Skrupel gegen jemanden wie dich oder Adrien einsetzen, damit ihr ihr Spiel auch brav weiter mitspielt.«
    »Dawn, ich kann nicht einfach alles vergessen, wonach ich mein ganzes Leben …«
    »Nein! Du hast selbst gesagt, dass sie die Spielregeln gebrochen haben. Sie hatten dir etwas versprochen. Du hastdeinen Teil des Handels erfüllt, aber sie ihren nicht. Sie haben die Spielregeln einfach geändert. Einfach so. Ich …« Meine Stimme kippte. Ich musste abermals tief durchatmen, ehe ich weitersprechen konnte.
    »Dawn, bitte …«
    »Nein, Julien.« Ich nahm seine Hände in meine. »Bitte mich nicht darum, zu verstehen, warum du dich noch immer an ihre Spielregeln halten willst.« Erneut versuchte ich seine Finger um das Fläschchen zu schließen. »Das alles bedeutet ihnen nichts. Was für dich ehrenvoll ist, ist ihnen gleichgültig.« Diesmal war mein Atemzug ein Schluchzen. »Ich verstehe nicht, warum du … warum du …« Elendig langsam und qualvoll sterben willst, nur weil sie es so wollen. Ich konnte es nicht aussprechen.
    Julien schüttelte den Kopf. »Dawn …«
    »Tu es für mich.« Ich konnte nur flüstern, sonst wäre ich in Tränen ausgebrochen. Dennoch erstickte meine Stimme.
    Einen Moment sah er auf das Fläschchen – doch dann schüttelte er abermals den Kopf. »Ich kann nicht, Dawn. Das ist alles, was ich noch habe. Verzeih mir.« Als er es mir diesmal zurückgeben wollte, wehrte ich mich nicht. Es war, als wäre etwas in mir zerbrochen. Irgendwann brachte ich ein Nicken zustande.
    »Es ist deine Entscheidung.« Hatte ich das tatsächlich gesagt? Ich liebe dich. Meine Hand war erstaunlich ruhig, als ich sie hob und sein Gesicht berührte. Mit der anderen umklammerte ich das Fläschchen so hart, dass meine Finger taub waren.
    Julien küsste meine Handfläche, seine Augen forschten in meinen. Ich nickte erneut. Ein kurzes Lächeln, traurig und zärtlich – und diesmal zugleich erleichtert und dankbar –, dann zog er mich abermals in seine Arme, lehnte die Wange auf meinen Scheitel, streichelte meinen Nacken. Es warungerecht! So entsetzlich ungerecht! Ich saß reglos, lauschte auf die Stille, seinen Atem, meinen. Die Glocke schlug. Wieder und wieder. Wieder und wieder. Jedes Mal schien seine Berührung zu stocken – jedes Mal ein wenig mehr, ein wenig länger. Und jedes Mal hatte ich das Gefühl, als ginge sein Blick zu meinen Händen. Mit denen ich das Fläschchen weiter umklammert hielt. Während ich geradeaus an die Wand gegenüber starrte. Es war seine Entscheidung. Seine allein. Warum konnte die Zeit nicht einfach stehen bleiben? Warum konnte ich nicht einfach aus diesem Albtraum erwachen?
    Wieder erklang die Glocke. Diesmal zählte ich mit – neun Schläge. Nicht mehr lange und sie würden Julien holen kommen. Wie viel Zeit blieb uns noch? Fünf Minuten? Weniger? Ich schloss die Augen – und riss sie erschrocken wieder auf, als Julien sich unvermittelt aufrichtete und ich seine kalte Berührung an meinen Händen spürte. Ohne etwas zu sagen, nahm er mir das Fläschchen aus den Fingern, öffnete es, setzte es an die Lippen und leerte es auf einen Zug. Sein Gesicht verzog sich vor Ekel. Keine Sekunde später sog er mit einem scharfen Laut die Luft ein, richtete sich starr ein wenig weiter auf und drückte zugleich die Hand auf den Leib, ließ den Atem aber gleich darauf wieder entweichen. Beinah übertrieben sorgfältig schraubte er das Fläschchen zu und legte es zurück in meine Hände. Erst jetzt sah er mich an. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Da war nur etwas, das sich wie Erleichterung anfühlte – und zugleich Angst.
    Ich zwang mich zu einem Lächeln und hielt ihm ebenso wortlos, wie er zuvor nach dem Fläschchen gegriffen hatte, mein Handgelenk hin. Er sah auf meinen Arm, sah mich an, hob fragend eine Braue.
    »Wenn du mein Blut trinkst, soll es weniger schmerzhaft sein.« Und es soll schneller wirken. Noch eine Täuschung mehr. Verzeih mir, Julien.
    Sein Blick senkte sich wieder auf meinen Arm. Für

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