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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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alles sagte; etwas, das mir Angst machte.
    »Und du?«
    Abermals Schweigen, dann: »Lass uns darüber reden, wenn es … tatsächlich so weit kommen sollte, ja?« Seine Fingerspitzen strichen von Neuem meinen Arm entlang. Langsam. Zart. Sehnsüchtig.
    Eine eisige Faust legte sich um mein Herz, drückte unbarmherzig zu.
    »Schlaf«, murmelte er ganz dicht bei meinem Ohr. Ich glaubte seinen Atem an meinem Hals zu spüren. »Vielleicht sieht die Welt morgen schon ganz anders aus.«
    Ich krallte die Finger in meine Decke und schloss die Augen. Sie würden ihn nicht mehr in meiner Nähe dulden. Mochte mein Großonkel Vlad dem, was zwischen Julien und mir war, im Moment noch halbwegs wohlwollendgegenüberstehen – dann wäre alles anders. Sie würden mich ihm wegnehmen. Sie würden ihn mir wegnehmen. Ich würde »leben« – aber ohne Julien. Wollte ich das?

    Ich hatte meinen nächsten Anfall ziemlich genau bei Sonnenaufgang. Keuchend und würgend zugleich fuhr ich aus dem Schlaf hoch. Galle füllte meinen Mund. Julien war den Bruchteil einer Sekunde schneller und schaffte es gerade noch, mir die Plastikschüssel unters Kinn zu halten.
    Es war wie immer: Ich spuckte und hustete, Schmerz wühlte in meinem Inneren, meine Glieder waren zu schwer, um sie zu bewegen, alles um mich herum wankte und tanzte, und der Raum war voller Schatten, die sich immer weiter um mich zusammenzogen, während ich mich nicht entscheiden konnte, ob ich bei Bewusstsein blieb oder doch lieber ohnmächtig wurde. Nur dass es sich dieses Mal obendrein anfühlte, als hätte ich statt Blut flüssiges Feuer in den Adern. In meinem Kopf war die ganze Zeit nur ein Gedanke: Es hat nicht gewirkt!
    Als es vorbei war, brachte Julien mir ein Glas Wasser, damit ich mir den Mund ausspülen konnte, und ein feuchtes Tuch, um mir das Gesicht und die Lippen abzuwischen. Ich tat alles mechanisch. Er trug die Plastikschüssel hinaus. Kam mit ihr ausgespült zurück. Brachte eine Wärmflasche mit, die er mir unter die Decke schob.
    Ich lag einfach nur da und ließ alles geschehen, zu matt, um mich zu bewegen. Selbst die Augen zu öffnen überstieg in diesem Moment meine Kräfte – auch wenn ich den Willen dazu gefunden hätte.
    Julien setzte sich still auf den Bettrand und ich tastete nach seiner Hand, die Lider weiter fest geschlossen. Seine Finger fanden meine, legten sich um sie. Fest. Kühl. Sanft.
    »Geht es oder willst du trinken?« Auch wenn die Worteruhig, ja fast gleichgültig klangen, war da etwas in seinem Ton, das mir sagte: Er fühlte sich ebenso hilflos wie ich.
    »Lass es uns noch einmal versuchen!«, flüsterte ich statt einer Antwort.
    Julien zögerte. Dann spürte ich sein Kopfschütteln durch unsere Hände. »Du hast es gestern kaum unten behalten können.«
    »Aber letztlich habe ich es unten behalten. – Vielleicht … vielleicht genügt ein Mal ja nicht … oder es braucht eine höhere Dosis …« Ich umschloss seine Hand fester. »Bitte, Julien, noch ein Versuch.«
    Er schwieg. Ich öffnete die Augen. Und ertappte ihn dabei, wie er auf mich herabschaute. Mein Herz zog sich zusammen. So viel Verzweiflung und Elend hatte ich noch nie in seinem Blick gesehen. Ein Blinzeln und es war verschwunden. Ich hatte es nie sehen sollen .
    »Julien, bitte«, sagte ich noch einmal leise, kaum hörbar.
    Endlich – nach einer Ewigkeit, wie es mir schien – nickte er abrupt und stand auf. »Also gut.« Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließ er mein Zimmer. Seine Schritte auf der Treppe klangen müde.
    Ich starrte ins Leere, während ich darauf wartete, dass er zurückkam.
    Seine Miene war maskenhaft starr, als er sich wieder neben mich auf die Bettkante setzte.
    Mit der gleichen kalten Effizienz wie beim ersten Mal zog er sich den Dolch über den Arm und ließ sein Blut in das Glas tropfen.
    Langsam, zögernd setzte ich mich auf und versuchte zugleich vor ihm zu verbergen, was allein der Anblick seines Blutes in mir auslöste.
    Als er die Phiole diesmal in die Tasse zurückstellte, war nur noch knapp die Hälfte von ihrem früheren Inhalt übrig.
    Und wie beim letzten Mal verharrte der Löffel über dem Glas; lag sein Blick auf mir, als versuche er abzuschätzen, ob die Menge diesmal ausreichen würde oder ob sie mich womöglich umbrachte, ehe er ihn kippte und das Blut der Ersten mit seinem verrührte.
    »Vielleicht …« Ich schluckte. »Vielleicht sollten wir es danach nicht wieder mit deinem Blut verdünnen.« Ich konnte kaum glauben, dass ich das

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