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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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mich auf, doch er hielt mich mit einer scharfen Geste an meinem Platz, ehe er das Handgelenk an seinen eigenen Mund hob und über die Wunde leckte, damit sie sich schloss.
    Besorgt lehnte ich mich dennoch ein kleines Stück vor, streckte die Hand nach ihm aus. »Bist du …«
    Sein Blick huschte von meinem Gesicht zu meinem Arm. »Alles in Ordnung.« Seine Stimme war rau, irgendwie gepresst – und seltsam knurrend. Unter meiner Haut waren die Adern als dünne bläuliche Linien zu sehen. Ichschluckte. Seine Augen fuhren zu meiner Kehle, seine Oberlippe zuckte in der Andeutung einer Bewegung. Dahinter schimmerten seine Eckzähne gefährlich lang. Julien wich einen weiteren Schritt zurück, strich sich mit jener abrupten Bewegung durchs Haar. Seine Hand zitterte mit einem Mal. Wie erstarrt saß ich da und wagte es nicht, mich nur einen Millimeter zu rühren.
    »Zwei Stunden.« Die Worte klangen, als spräche er durch zusammengebissene Zähne. Ehe ich etwas sagen oder auch nur nicken konnte, machte er kehrt und stürmte aus meinem Zimmer. Gleich darauf knallte die Haustür.
    Ich wusste nicht, wie lange ich ihm hinterherstarrte – selbst nachdem ich gehört hatte, wie der Motor der Vette röhrend zum Leben erwachte und Julien weggefahren war.

    D ie Haut unter meinen Lippen schmeckt nach altem Schweiß. Wie lange hat der Typ sich nicht gewaschen? Egal. Sein Blut ist so gut wie das jedes anderen. Heute Nacht kann ich nicht wählerisch sein.
    ›Schlaf mit mir.‹ Welcher Mann wünscht sich nicht, das von der Liebe seines Lebens zu hören? Sie hat keine Vorstellung davon, wie sehr ich mir wünsche mit ihr zu schlafen. Seit ich sie zum ersten Mal in meinen Armen hatte. – Und sie hat keine Ahnung, was sie in ihr Bett eingeladen hat. Sie glaubt noch immer, dass ich mich die ganze Zeit geweigert habe mehr zuzulassen, weil ich Angst habe, die Kontrolle zu verlieren und sie zu beißen. Fakt ist: Ich weiß , dass ich die Kontrolle verliere.
    Der Typ wird in meinem Griff immer schwerer. Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu viel nehme. Zumindest nicht zu viel von einem Einzigen. Er ist mein drittes Opfer. Innerhalb einer guten Stunde. Damit bin ich weit jenseits jedes Gesetzes. Und es ist mir sogar noch gleichgültiger, als es das an dem Tag war, an dem ich hierherkam. Ich ziehe die Zähne aus seinem Hals und lecke über die Wunde. Trotz meines Ekels. In den Clubs zu suchen hätte zu viel Zeit gekostet. Also muss es diese Gegend sein. Wie sagt man so schön: Alles hat seinen Preis. Für Dawn bin ich bereit, jeden zu bezahlen. Ein ungewaschener Clochard ist da ohne Belang.
    Sein Verstand ist ein Chaos aus Alkohol, Selbstmitleid und Hass. Ich lasse ihn hinter seinem Pappversteck zu Boden gleiten, arrangiere noch ein paar Kartons über ihm, zum Schutz vor der Kälte. Immerhin haben wir schon November. Er wird sich nur daran erinnern, sich mit seiner leeren Flasche hingelegt zu haben.
    Ich muss noch zu einem Drugstore, bevor ich zu Dawn zurückfahre.
    Lautlos verlasse ich den Hinterhof, horche in mich hinein. Sind drei Opfer genug? Genug, damit ich eine Chance habe, gegen das Unvermeidliche anzukämpfen? Genug, damit sie sicher ist? Nein! Eines noch – besser zwei. Dabei widerstrebt es mir mit jeder Sekundemehr, Dawn noch länger allein zu lassen. Vor allem nach di Ulderes Anruf und der Nachricht, dass Gérard sich bei ihm gemeldet und Fragen über Bastiens Verbleib gestellt hat. Aber warum erst jetzt? Sein Erbe ist verschwunden und er unternimmt wochenlang nichts? Seine Pläne bezüglich Dawn – und ganz nebenbei auch Adrien und mir – sind gescheitert und er nimmt es hin? Warum? Worauf wartet er? Aufgegeben hat er nicht. Nicht nachdem er offenbar schon mit Samuel unter einer Decke steckte. Um das zu wissen, kenne ich ihn zu gut. Warum also hat er nicht versucht ein zweites Mal zuzuschlagen? Besonders nachdem es ihm anscheinend ja nicht entgangen ist, dass ich – oder zumindest einer von uns – in Marseille war. Dass er sich so ruhig verhält, macht mich … nervös.
    Vor allem aber ist da die Angst, dass ich nach Hause kommen könnte und sie kalt und tot am Boden oder in ihrem Bett finde. Umso mehr, seit ich ihr dank des Bluts der Ersten geradezu beim Sterben zusehen kann. Jedes Mal, wenn sie zusammenbricht, bleibt mir das Herz stehen. Als sie mich mit der Beretta überrascht hat, hat sie genau die richtigen Schlüsse gezogen. Wie hätte ich ihr versprechen sollen, dass ich keine › Dummheiten ‹ mache, wenn sie es nicht

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