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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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vermutlich auch nicht allzu lange anhaben, worauf auch immer meine Wahl fiel. Einer meiner üblichen – züchtigen – Pyjamas kam nicht infrage. Die Kombination sexy Unterwäsche und seidener Morgenmantel hatte ich ebenso verworfen. Das eine war … nun ja, zu züchtig eben und das andere … zu aufreizend. Nachdem ich mich weitere zehn Minuten durch den Inhalt diverser Schubladen gegraben hatte, waren zwei seidene Nachthemden übrig geblieben, die jetzt vor mir an der Lamellentür hingen. Das eine war dunkelblau, endete knapp über meinen Knien und hatte einen Rückenausschnitt, der ungefähr bis in die Höhe meines ersten Lendenwirbels reichte – und das damit, was die Rückentiefe anging, dem Seidenkleid Konkurrenz machte, das Julien für mich zum Halloween-Ball hatte anfertigen lassen. Der vordere Ausschnitt war mit einer dünnen, gedrehten Seidenschnur eingefasst, die einen Farbton heller war und die als Träger über die Schultern nach hinten lief, wo sie als kunstvolle Schnürung dafür sorgte, dass das Ganze – zumindest weitestgehend – an Ort und Stelle blieb. Ich hielt es vor dem Spiegel an. – Und entschied mich für das zweite. Der Rückenausschnitt war nur ein kleines bisschen weniger tief und zusammen mit dem Dekolleté mit schwarzer, weicher Spitze eingefasst. Die cremefarbene Seide endete gut zwei Handbreit über meinen Knöcheln. In der Taille war es schmal geschnitten, der Rock aber nach unten weit ausgestellt – und an der einen Seite, leicht nach vorne versetzt, war ein ebenfalls mit Spitze eingefasster Schlitz, der bis zum Ansatz meines Oberschenkels reichte. Doppelte Spaghettiträger hielten es über den Schultern.
    Meine Hände kribbelten und fühlten sich gleichzeitig abermals seltsam taub an, während ich sie langsam überden ganz leicht schimmernden Stoff gleiten ließ. Ich konnte nicht erklären, warum es mir besser gefiel als das blaue. Vielleicht weil es länger war? Vielleicht weil der Kontrast zwischen der hellen Seide und meiner bleichen Haut nicht ganz so hart war – trotz der dunklen Spitze? Vielleicht weil ich das Gefühl hatte, dass es meinen Körper nicht ganz so knochig erscheinen ließ, wie er es im Augenblick nun einmal war? – Letztlich war es einerlei.
    Ich konnte nur hoffen, dass es Julien ebenfalls gefiel.
    Entschieden schloss ich die Schranktüren – verbarg damit gnädig das Chaos, das ich im Inneren hinterlassen hatte – und machte mich wieder auf ins Bad. Unterwegs klaubte ich meinen Bademantel vom Bett und zog ihn über. Immerhin war Julien erst etwas mehr als eine Stunde fort, warum sollte ich also eine knappe weitere frieren, während ich auf seine Rückkehr wartete? Wir hatten November. Und so traumhaft das Nachthemd war – warm war es nicht.
    Im Bad legte ich nur einen Hauch Make-up auf: Mascara, Kajal und eine winzige Spur dunkelgrünen Lidschatten. Und ein wenig Puder, um die violetten Schatten unter meinen Augen zumindest ein bisschen zu überdecken. Das Badlicht erschien mir beinah greller als zuvor und tat mehr und mehr in den Augen weh, je länger ich vor dem Spiegel stand. Schließlich begannen sie sogar zu tränen und ich musste das Kajal zweimal neu ziehen, um den Schaden zu beheben. Den Abschluss bildete mein dunkles Lipgloss.
    Einen letzten Versuch, die Bissnarbe an meinem Hals mit meinen Haaren zu verdecken, gab ich nach einigen weiteren Minuten entnervt auf. Ich mochte sie an der Seite so viel nach vorne bürsten, wie ich wollte: Eine Bewegung und sie fielen wieder nach hinten.
    Mit klopfendem Herzen begutachtete ich mich schließlich erneut im Spiegel. Die Schatten unter meinen Augenwaren immer noch da, aber nicht mehr ganz so dunkel. – Ansonsten … hübsch. Genau genommen eigentlich gar nicht schlecht. Die Wimpern und die äußeren Winkel der Lider durch Mascara, Kajal und Lidschatten dramatisch dunkel; die Lippen schimmerten; meine Haut wirkte in ihrer Blässe daneben beinah wie Porzellan. Und gleichzeitig war alles dezent genug, um nicht lauthals Verführung zu schreien. Hoffentlich gefiel ich Julien so.
    Parfum! Am besten mein Lieblingsduft. Ein oder zwei Tupfen auf Hals und Handgelenk, nicht mehr! Ich hatte den Flakon schon in der Hand und war eben dabei, ihn aufzuschrauben, hielt dann aber inne. Oder besser doch nicht? Julien hatte die scharfen Sinne eines Raubtieres. Vielleicht würde es ihn ja stören? – Und hatte er nicht erst vor ein paar Stunden gesagt, er liebe den Duft meiner Haut? Damit hatte sich die Frage geklärt:

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