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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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flüsterte ich. »Bitte.«
    Seine Augen weiteten sich nur einen Atemzug lang – und trotzdem sah ich in seinem Blick, dass er sich in dieser Sekunde ebenso an den Abend im Bohemien erinnerte wie ich. Er nickte. Und dann war es – obwohl die Tür noch immer fest geschlossen blieb – plötzlich doch wie damals. Wie im Bohemien erfüllte die Queen-Melodie unendlich süß und sehnsuchtsvoll und zugleich unendlich traurig mein Zimmer. Wie im Bohemien streckte ich die Hand nach Julien aus. Und wie damals kam er mir schließlich mit jedem Bogenstrich näher, beugte sich schließlich zu mir, senkte die Geige, lehnte sich noch weiter vor, verharrte reglos, während sein Atem wie damals mein Gesicht streifte. Und wie damals glitten seine Lippen dann über meine. Sacht und zärtlich. Wie damals lehnte er behutsam die Stirn gegen meine, als er ihn schließlich brach. Ohne mich sonst zu berühren. Geige und Bogen noch immer in den Händen.
    In jener Nacht im Bohemien hatte er zu mir ›Si notre amour est un rêve, ne me réveille jamais‹ , gesagt und mir das Versprechen abgenommen, ihn niemals aus diesem Traum zu wecken. Diesmal schwieg er, streifte stattdessen nach einer Sekunde erneut zart meine Lippen mit seinen, ehe er seine Stirn wieder ganz leicht an meine legte.
    Ich schloss die Augen. »Schlaf mit mir.«
    Er erstarrte. Ich spürte, wie er sich zurückziehen wollte. Hastig sprach ich weiter. »Bitte, Julien. Ich wollte noch … so vieles tun. Und das ist das Einzige, was … was ich noch kann.« In meiner Stimme war ein Schluchzen und ich hasste mich dafür.
    »Dawn …« Er sprach meinen Namen so sanft aus, dass es mir beinah die Tränen in die Augen trieb. Ich ließ ihn nicht ausreden.
    »Bitte.« Ich brachte nur noch ein Flüstern zustande. »Ich will es wenigstens ein Mal. Mit dir.« Solange ich noch ein Mensch bin.
    »Du weißt nicht …«, setzte er erneut an. Heftig schüttelte ich den Kopf, meine Stirn immer noch an seiner. Seine Augen waren unendlich nah – und unendlich dunkel.
    »Es ist mir egal. Bitte, Julien. Ich weiß, dass du Angst hast, die Kontrolle zu verlieren. Aber es ist mir egal. Ich … ich habe doch nichts mehr zu verlieren …«
    Er schwieg.
    »Bitte, Julien«, flüsterte ich hilflos. »Lass mich nicht betteln.«
    Ich zuckte zusammen, als er sich abrupt von mir löste. Er sagte noch immer nichts, ging stumm zu meinem Schreibtisch hinüber. Beinah hätte ich aufgeschluchzt. Sorgsam verstaute er Geige und Bogen wieder in ihrem Kasten. Ließ fast übertrieben vorsichtig den Riegel zuschnappen. Das Schweigen blieb, auch als er sich mit beiden Händen auf der Tischplatte abstützte. Den Kopf gesenkt, das Haar halb im Gesicht. Ich wagte nicht zu atmen oder irgendetwas zu sagen. Nur eine Stimme in mir flehte weiter. Bitte. Julien, bitte.
    »Gib mir zwei Stunden.«
    Ich starrte ihn an.
    Ganz langsam wandte er den Kopf, blickte zu mir her.
    »Du … tust es?«
    Er nickte – wie gegen seinen Willen. »Aber ich muss vorher jagen. – Zwei Stunden. Dann bin ich wieder da. Vielleicht auch früher, aber … ich denke, eher nicht.«
    »Nanatürlich.«
    Wieder nickte er. Dann stieß er sich brüsk von meinemSchreibtisch ab – und kam zu mir herüber. Um ein Haar wäre ich zurückgewichen, ohne zu wissen warum. Es gelang mir gerade noch, mich nicht gegen die Rückenlehne zu drücken. Direkt vor mir blieb er stehen. Seine Augen verrieten nichts, als er sich zu mir herabbeugte.
    »Auch wenn ich auf der Jagd bin: Mein Handy ist an. Versprich mir anzurufen, solltest du dich schlechter fühlen.«
    Ich atmete langsam ein. »Versprochen.«
    »Und bevor ich gehe, will ich, dass du noch einmal von mir trinkst.«
    Die Gier erwachte schlagartig, wie ein Hund, der aus dem Schlaf hochzuckt, sobald man ihm einen Burger vor die Nase hält, verwandelte den Schmerz in meinem Inneren zu etwas anderem. Julien wartete nicht auf eine Antwort, sondern biss sich einfach – wusste der Himmel zum wievielten Mal, seit er aus Marseille zurück war – das Handgelenk auf und hielt es mir entgegen. Und obwohl ich mich dabei entsetzlich elend fühlte, umfasste ich seinen Arm mit beiden Händen und drückte meinen Mund auf die Wunde. Warm und unendlich süß rann es meine Kehle hinab. Mit jedem Schluck rollten sich Gier und Schmerz ein wenig mehr zusammen.
    Früher, als ich erwartete hatte, befreite Julien sich aus meinem Griff und machte einen Schritt zurück – und wankte für den Bruchteil einer Sekunde. Erschrocken richtete ich

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