Das Blut Des Daemons
Schrecken wich schlagartig Erleichterung. Er gab mir nicht die Chance, irgendetwas zu sagen, sondern sprach einfach weiter: »Halt den Kopf unten, draußen ist es noch zu hell für dich. Ich trage dich jetzt in diese Decke gewickelt aus dem Flugzeug und zu meiner Limousine. Sie steht nur ein paar Schritte von Signore di Ulderes Jet entfernt. Die Scheiben sind getönt. In ihr bist du sicher vor der Sonne. Dort können wir reden. – Hast du das verstanden, Mädchen?«
»Ja.« Da ich nicht sicher war, ob er mich verstanden hatte, so leise, wie das Wort über meine Lippen gekommen war, nickte ich.
»Gut. Dann komm!« Die Arme kehrten zurück und hoben mich mühelos hoch. Ich ließ es geschehen. Auf dem Weg zur Tür wechselte mein Onkel noch einige Worte mit di Uldere, dann berührte eine Hand – die nur zu di Uldere gehören konnte – mich an der Schulter.
»Alles Gute, Principessa. – Und viel Glück«, sagte er überraschend sanft.
Mein »Danke!« wurde halb von der Decke erstickt, im nächsten Moment ging es bereits die Treppe hinab ins Freie – ich spürte den Wind – und gleich darauf beugte Vlad sich mit mir schon vornüber. Ich wurde auf etwas Weichem abgesetzt, dann schlug eine Autotür. Mit ein wenig Verzögerung begann ich mich unter der Decke hervorzuarbeiten. Vlad half mir dabei, indem er sie einfach mit einem Ruck von mir herunterriss. Es gelang mir gerade noch, zu verhindern, dass auch Juliens Jacke auf dem Boden landete. Hastig schlang ich sie mir wieder um die Schultern. In meinem Oberkiefer saß schon seit ein paar Minuten erneut jener dünne, hohe Schmerz. Trotz aller Lethargie weckte die Nähe meines Onkels den Hunger in meinem Inneren stärker. Verstohlen sah ich mich in der Limousine um. Sie erinnerte mich an den Rolls, mit dem ich früher immer zur Schule gefahren worden war. Helles Leder. Holz, das nur ein wenig dunkler war. Weicher Teppich auf dem Boden. Die Scheiben rundherum dunkel, sodass man nicht hereinsehen konnte und auch die Sonne nicht ins Innere drang. Zum Fahrer hin mit einer ebenso dunklen Trennscheibe ausgestattet.
Vlad hatte sich auf der Sitzbank mir gegenüber mit dem Rücken zum Fahrer niedergelassen und betrachtete mich prüfend. Der Blick seiner großen grünen Augen hatte etwasAbschätzendes. »Du hast also deinen Wechsel hinter dich gebracht«, stellte er dann scheinbar vollkommen gelassen fest.
Ich nickte beklommen und schob die Hände zwischen die Knie. »Onkel Vlad …« Weiter kam ich nicht.
»Bist du hungrig?«, erkundigte er sich und musterte mich weiter.
Hastig schüttelte ich den Kopf – was ihm ein leises Lachen entlockte. »Mädchen, das war eine Frage, die nur der Höflichkeit geschuldet war. Deine Augen sind schwarz. Es ist unübersehbar, dass du hungrig bist. Wie lange liegt dein Wechsel zurück, einen Tag? Zwei …?«
»Zwei.« War es tatsächlich schon so lange her? Es fühlte sich nicht so an.
Vlad nickte. »… da ist es ganz natürlich, dass dein Hunger kaum zu stillen ist. – Und auch dass du die Sonne noch nicht oder nur schwer ertragen kannst; ebenso wie du bei Tag schläfrig und lethargisch bist.« Er drückte auf einen Knopf auf der hölzernen Mittelkonsole neben sich und sagte etwas – soweit ich es erkannte, in der Sprache der Lamia und damit für mich unverständlich. Eine Stimme – vermutlich der Fahrer – antwortete und er ließ den Knopf wieder los. Obwohl er schlank und nur mittelgroß war, strahlte alles an ihm Macht aus.
»Onkel Vlad …«
»Von wem hast du während deines Wechsels getrunken?« Die Frage klang vollkommen harmlos und dennoch zog irgendetwas in seinem Tonfall mir die Kehle zusammen.
Ich drückte die Knie fester gegeneinander. »Von Julien«, brachte ich schließlich leise hervor und schickte dann rasch »Ich brauche deine Hilfe, Onkel Vlad«, hinterher, ehe er mich erneut unterbrechen konnte.
Seine Miene änderte sich nicht. »Nach dem, was Signoredi Uldere sagte, als er mir von seinem Jet aus euer Kommen ankündigte, habe ich nichts anderes erwartet.«
»Was …«, ich schluckte, »was hat er dir erzählt?«
Vlad lehnte sich zurück. Sein heller Anzug spannte für einen winzigen Moment um seine breiten Schultern, während er einen Arm auf den Rand der Rückenlehne legte. »Nur dass es auf dem Flughafen von Bangor einen Übergriff durch einige Lamia und Vampire auf euch gab, als ihr auf dem Weg zu Signore di Ulderes Flugzeug wart, die mit ziemlicher Sicherheit zu den Männern von Gérard d’Orané
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