Das Blut Des Daemons
Schritt zu halten. Ich stemmte mich gegen den Griff, drehte mich zugleich zu Julien um. Alles, was er mir noch gönnte, war ein kurzer Blick über die Schulter – und eines jener kleinen, schiefen Lächeln.
Ich stolperte neben di Uldere her, fassungslos, sah mich immer wieder nach Julien um. Natürlich hatten die Lamia ihn auch bemerkt. Vielleicht waren sie der Meinung, wir würden nicht ohne ihn starten – womit sie recht hatten –, denn sie verlangsamten ihr Tempo. Zwei von ihnen lösten sich von den anderen, kamen Julien entgegen. Er rammte dem Ersten, der ihn erreichte, die Hand von unten gegen die Nase. Der Kerl brüllte und brach in die Knie, die Hände vorm Gesicht, fiel endgültig vornüber. Der Zweite lief genau in Juliens Dolch hinein, sackte schreiend ebenfalls zu Boden. Julien ging einfach weiter, auf die anderen zu. Eiskalt.
Ein Ruck an meinem Arm ließ mich gegen di Uldere taumeln. »Schneller, Principessa! Er kann uns nicht mehr als ein paar Augenblicke verschaffen.«
»Nein! Lassen Sie mich los!« Ich versuchte die Finger unter seine zu zwängen und mich irgendwie zu befreien, während ich zugleich weiter zu Julien sah. Er hatte die übrigen Lamia erreicht. Einer lag bereits am Boden. Reglos. In denHänden von zwei weiteren glaubte ich jetzt ebenfalls Messer zu sehen. Der dritte … Wieder ein Ruck an meinem Arm. Ich fing mich im letzten Moment, schaute hastig nach vorne – wir hatten ungefähr die Hälfte der Strecke zum Jet hinter uns gebracht –, blickte von Neuem zurück. Einer der beiden mit den Messern krümmte sich vornüber, die Hände auf den Leib gepresst. Eben gingen Julien und der dritte aufeinander los. Auch die anderen stürzten sich auf ihn. Sekundenlang waren da nur Bewegungen und aneinandergeklammerte Gestalten. Dann entdeckte ich Julien wieder, sah ihn wanken, halb in die Knie gehen.
»Julien!« Meine Stimme überschlug sich. Ich grub die Fersen in den Boden, bohrte di Uldere die Fingernägel in den Handrücken. Er zischte, legte den Arm um meine Taille und hob mich einfach hoch – wie Bastien damals. Ich heulte, trommelte auf seine Arme, entlockte ihm nicht mehr als ein Grunzen. Hilflos sah ich abermals zurück. Julien stand wieder, ließ einen seiner Gegner gerade über seine Schulter hinweg auf den Asphalt krachen. Die anderen drangen weiter auf ihn ein.
Ich zerrte noch immer an di Ulderes Umklammerung, hörte ihn irgendetwas auf Italienisch knurren. Dann duckte er sich unvermittelt unter einer Tragfläche hindurch. Wir hatten den Jet erreicht. Ich stemmte mich verzweifelter gegen seine Arme.
»Julien!« Er musste uns nachkommen! Worauf wartete er? »Julien!«
Noch immer den Arm um meine Mitte schleppte di Uldere mich rücklings die kleine Treppe hinauf – ohne darauf zu achten, dass ich jetzt wie eine Besessene um mich schlug. Erst im Inneren der Maschine gab er mich frei, hielt mein Handgelenk aber weiter eisern fest, während er auf die Taste der Bordsprechanlage direkt neben der Tür hieb.
»Startklar machen, Marcus!«, befahl er knapp.
Ich zerrte an seinem Griff, bis ich wieder auf der Treppe war. Der Pilot antwortete etwas Unverständliches durch den Lautsprecher. So weit ich konnte, lehnte ich mich vor, wand meinen Arm, versuchte mich loszureißen. – Auch wenn er Mühe hatte, mich zu halten, kam ich nicht frei. Di Uldere fluchte. Die Triebwerke des Jets erwachten mit schrillem Pfeifen zum Leben. Warum kam Julien uns nicht nach? Er musste uns nachkommen!
Zwei der Lamia lösten sich aus dem Knäuel der Kämpfenden, sprinteten auf den Jet zu. Julien fuhr zu ihnen herum, sein Dolch wirbelte durch die Luft. Einer der beiden schlug lang hin, der andere rannte weiter, zerrte ein schwarzes Ding aus dem Bund seiner Hose. Eine Pistole. Julien brüllte etwas, ein einziges Wort, das ich nicht verstand. Di Uldere aber offenbar schon. »Starten!«, bellte er über die Schulter zum Cockpit hin und zog mich gleichzeitig von der Tür weg – zumindest versuchte er es. Mit aller Kraft klammerte ich mich mit der freien Hand an der Öffnung fest. Die Motoren dröhnten auf. Der Jet setzte sich Richtung Rollbahn in Bewegung.
»Nein!« Ich würde nicht zulassen, dass wir ohne Julien starteten! Niemals! »Julien!« Der Wind riss den Schrei von meinen Lippen, peitschte mir die Haare ins Gesicht, als wir schneller wurden. Der Asphalt huschte unter uns dahin. »Julien!« Die Nase der Maschine drehte sich weiter auf die Startbahn zu. Ein riesiger Verkehrsflieger donnerte über uns
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