Das Blut des Mondes (German Edition)
auszuquetschen, war sie bisher noch nicht dazu gekommen. Außerdem wollte sie unbedingt mehr über das ominöse Buch der Schatten wissen.
„Ach, da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir waren gestern am Strand spazieren. Da habe ich mir eine Muschel in den Fuß getreten, Levian hat mich zu sich nach Hause mitgenommen, hat uns Lasagne gekocht, wir haben eine DVD gesehen und dann … bin ich eingeschlafen.“ Ann grinste glücklich.
„Das war alles?“
„Ja, das war alles. Was hast du denn gedacht?“
„Na ja … ich weiß nicht, aber das hört sich irgendwie nicht unbedingt aufregend an.“ Sie stupste Ann in die Seite. „Also – was habt ihr wirklich gemacht?“
„Ja, gut, vom Film haben wir nicht wirklich was mitbekommen“, gab sie unter Kichern zu, „aber mehr als Knutschen war nicht.“ Cat meinte, einen Anflug von Enttäuschung in Anns Stimme zu hören.
„Schlimm?“
„Nein, das ist es ja. Es ist überhaupt nicht schlimm. Ich bin sogar froh, dass Levian mich nicht zu irgendwas drängt. Das würde den Zauber kaputt machen.“
„Den … Zauber?“ Cat war verblüfft, dachte sie doch, der Zauber, den sie mir Ric erlebte, wäre einzigartig.
„Ja. Es ist so … unglaublich. Cat, ich war noch nie so hin und weg von einem Jungen. Ich bin nicht einfach nur verknallt, nein! Es hat mich erwischt. Und zwar so richtig.“ Anns Wangen färbten sich rot und ihre Augen leuchteten.
Cat blieb stehen und sah ihre Freundin aufmerksam an. Ja, sie konnte es erkennen: Ann hatte sich verändert. Sie leuchtete, sie strahlte, von innen heraus. Ihre ganze Erscheinung drückte aus, was sie fühlte. „Du bist verliebt, Ann. Ach, das ist so schön!“ Cat breitete ihre Arme aus und Ann ließ sich hinein fallen.
„Ja“, seufzte sie, den Kopf an Cats Schulter gelehnt. „Ja, das bin ich wohl. Ich bin tatsächlich verliebt. Oh my god!“ Sie lachte leise.
„Und das trotz seiner …“ Cat stoppte abrupt. Sie traute sich kaum, dieses Wort auszusprechen.
„Unsterblichkeit?“, flüsterte Ann. Cat nickte. „Ach weißt du, man kann nicht alles haben. So verrückt es auch ist, genauso schön ist es auch. Ich will mir keine Gedanken darüber machen. Auch wenn ich es müsste …“ Ihr Blick schweifte an Cat vorbei und wurde nachdenklich. Cat wusste, dass Ann sich mehr Gedanken darüber machte, als sie zugab. Wer würde das nicht?
Ihr eigener Freund war verflucht und Anns Freund unsterblich. Wer würde das einfach so hinnehmen können? Doch sie versuchte gar nicht erst, Ann vom Gegenteil zu überzeugen. Das würde von ganz alleine passieren. Vermutlich schneller, als ihnen lieb war.
Daher hakte Cat Ann unter und wechselte das Thema, während sie langsam weiter über den Campus schlenderten. „Ann, sag mal …“ Sie wusste nicht genau wie sie anfangen sollte.
„Hm?“
„Was genau war das gestern eigentlich? Was du mir erzählt hast. Von diesem … Schattenbuch?“
Cat spürte, wie Ann sich versteifte. Anscheinend war das ein Thema, worüber Ann nicht sprechen wollte.
„Ach das … Ich glaube, das war gar nichts. Also, ich denke, ich habe da nur etwas hinein interpretiert, was gar nicht war. Ich war kaputt, müde und sowieso total durch den Wind. Insofern …“ Sie brach ab, sah Cat aber nicht an. Stattdessen schenkte sie den im Wind wehenden Baumwipfeln um sie herum ihre Aufmerksamkeit. Cat stutzte.
„O-kay“, sagte sie gedehnt. „Wenn du nicht darüber reden willst … das ist völlig in Ordnung, Ann. Aber bitte lüg mich nicht an. Das passt nicht zu uns. Bitte.“
Ann blieb stehen. Cat konnte sehen, wie sie mit sich kämpfte und in dem Augenblick wurde ihr bewusst, dass ihre Freundin etwas wusste, was sie nicht mit ihr teilen würde. Sie sah es in ihren Augen, die sich nicht trauten, ihren Blick aufzufangen und standzuhalten. Sie kannte Ann anders. Ann war immer aufrichtig und ehrlich. Und Geheimnisse hatte es zwischen ihnen bisher noch nie gegeben. Doch jetzt fühlte sie sich ausgeschlossen.
„Ich möchte dich nicht anlügen, Cat, das weißt du. Und bitte – sei mir nicht böse. Ich … ich kann noch nicht darüber reden.“
Cat hielt den Atem an. Das war noch nie vorgekommen. Noch nie hatte Ann ihr etwas nicht erzählen wollen. Sie wusste gar nicht, wie sie damit umgehen sollte. Sie zog fragend die Augenbrauen hoch und schwieg. Das Gefühl, dass ihre Freundin sich von ihr entfernte, wurde stärker denn je. Sie schluckte den aufsteigenden Kloß, der sich in ihrem Hals breitmachen wollte, mit aller
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