Das Blut des Mondes (German Edition)
dachte sich Ann, kochte einen Kaffee und machte es sich in ihrem Bett bequem.
„Rot zu rot. Was mag das bedeuten? Ihr war klar, dass dieser Satz nichts Gutes verheißen konnte. Rot brachte sie mit Blut in Verbindung. Blut hatte selten etwas Gutes zu Bedeuten. Nur – Blut zu Blut? Wessen Blut? Und Warum?
Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
Sollte das stimmen, dann steckte sie tiefer in dieser Geschichte, als sie dachte. Sie musste mit Levian sprechen, und zwar sofort. Aber erstmal musste sie das Haus ihrer Eltern durchsuchen!
Ann parkte ihren Mini auf der Auffahrt ihres Elternhauses. Sie stieg aus und die Treppen zur Veranda hoch. Etwas Heimweh erfasste sie und ihr erster Gedanke, als sie die Tür aufschloss war, warum ihre Mutter nicht wie sonst den Kopf aus der Küche steckte, um sie zu begrüßen. Aber das war natürlich unmöglich. Ihre Eltern waren für das nächste Jahr in Italien, weil ihr Dad dort einen Firmenstandort aufbauen sollte. Angeblich.
Sie hatte anfangs nicht wirklich darüber nachgedacht, aber seit Levian einen Halbmond in ihren Muttermalen erkannt hatte, und sie das Buch der Schatten lesen konnte und Levian nicht, zweifelte sie immer mehr an einer normalen Herkunft. Sie hegte den Verdacht, dass ihre Eltern etwas wussten, was sie ihr nie erzählt hatten. Doch jetzt waren sie nicht da, am Telefon konnte man so etwas schlecht besprechen und daher musste sie nun selbst zur Tat schreiten.
Der erste Gang führte sie die Treppen hoch ins oberere Stockwerk. An ihrem Zimmer ging sie jedoch vorbei und öffnete die zweite Tür dahinter. Das Schlafzimmer ihrer Eltern.
Das Schlafzimmer war schon lange für sie Tabu. Als sie noch klein war, hatte sie oft mit ihnen im großen Bett gelegen und gekuschelt, ihre Mom hatte ihr vorgelesen oder Ann hatte ihr einfach nur zugesehen, wenn sie vor dem Spiegel saß und sich ihre langen, dunklen Haare bürstete. Einhundert Bürstenstriche mussten es sein, damit das Haar schön glänzte. Das hatte sie dabei gelernt.
Je älter sie wurde, desto weniger hielt sie sich im Zimmer ihrer Eltern auf. Sie begriff irgendwann, dass es die einzige Privatsphäre für sie war und deshalb vermied sie es, das Zimmer zu betreten. Jetzt aber musste sie es und sie fühlte sich wie ein Eindringling, als sie die Schubladen ihrer Mutter durchwühlte. Die mit Spitze besetzten Dessous in den verschiedensten Farben und Formen schob sie angeekelt beiseite. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, zu welchen Anlässen ihre Mom so was trug. Wonach genau sie suchte, wusste sie nicht, aber wenn es irgendeinen Anhaltspunkt für ihre Herkunft gab, dann war sie mit Sicherheit in diesem Zimmer versteckt.
Nachdem sie die Kommode, die Schublade des Nachttischs, den Kleiderschrank, alle Hut-und Schuhschachteln durchsucht und nichts gefunden hatte, ließ sie sich am Bettende nieder und dachte nach. „Wo würde ich etwas verstecken, das ungemein wichtig ist, aber auf gar keinen Fall in falsche Hände geraten darf. Quasi in meine Hände. Hm …“ Sie grübelte weiter. Im Kopf ging sie das ganze Haus ab, alle Ecken und Winkel. Im Keller brauchte sie nicht suchen, sie wusste, dass ihre Mutter nicht einen Fuß da hinein setzte. Sie hasste den Keller. Er machte ihr Angst.
„Moment mal!“ Ann sprang auf. Warum hatte ihre Mom Angst im Keller? Was befand sich darin, das ihr solche Angst machte? Ein Geist? Ein Monster? Nein – es war ihre Vergangenheit …
Levian hörte das Klingeln seines Telefons, aber er ignorierte es. Nachdem er den ganzen Nachmittag mit Ann verbracht hatte, musste er nun wirklich zusehen, dass er zu Potte kam. Der Wagen, unter dem er lag, musste endlich fertig werden. Ann hatte er gesagt, dass die Reparatur auch bis morgen Zeit hätte, aber das war eine glatte Lüge gewesen. Am nächsten Morgen wollte der Kunde kommen und sein Arbeitsgerät abholen. Ein Holzfäller, der den Wagen dringend zur Erledigung seiner Arbeit brauchte. Das konnte nicht warten. Eine erneute Unterbrechung konnte er sich somit nicht leisten. Das Klingeln verstummte. Levian atmete erleichtert auf und schraubte weiter. Nach etwa dreißig weiteren Minuten hatte er den Pic-up wieder zum Laufen gebracht und wischte sich gerade die ölverschmierten Finger an einem Lappen ab, als das Telefon erneut klingelte. Genervt machte er sich auf den Weg in sein Büro und nahm den Hörer ab.
„Levians Garage hier. Hallo?“
„Ach, gut. Du bist doch da. Ich bins, Ann“, klang es aufgeregt von der anderen
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