Das Blut des Mondes (German Edition)
Ohnmacht, wie schon einmal, wieder Besitz von ihm ergreifen wollte. Doch das konnte er nicht zulassen. Nicht vor Ann. Er kämpfte dagegen an, stand auf, bewegte sich. Es half. Das Rauschen ebbte ab, der reißende Fluss der Gedanken plätscherte nur noch wie ein seichter Bach dahin. Er hatte gesiegt. Vorerst.
„Okay“, sagte er schließlich, nachdem er sich wieder im Griff hatte. „Du meinst also, wenn wir unser Blut vermischen, dann kann der Fluch aufgehoben werden?“
Ann nickte. „Aber wie kommst du darauf. Ich meine, wie kannst du so sicher sein, dass es genau das bedeutet?“ Levian fragte das ganz behutsam und sah sie dabei skeptisch an. Ann wurde blass, riss ihre Augen weit auf, fast unmerklich, und hätte er nicht von Natur aus eine so gute Beobachtungsgabe, wäre es ihm vielleicht gar nicht aufgefallen. Doch so erkannte er etwas in ihren Augen, was ihn verunsicherte. Er erkannte Wissen. Altes Wissen. Hexenwissen.
„Ich hatte einen Traum“, gab sie nach einigem Zögern zu.
„Einen Traum?“
„Ja. Als ich heute von dir nach Hause kam, legte ich mich ganz entspannt aufs Bett und dachte über all das nach. Darüber muss ich eingeschlafen sein. Dann wachte ich auf und es war wie ein Stromschlag. Dieser Satz hat mich nicht mehr los gelassen und dann habe ich es gesehen. Eine Vereinigung unseres Blutes lässt den Fluch brechen. Aber -“ Sie brach ab und Levian erkannte sofort, dass diese Lösung einen Haken hatte. Sanft drückte er ihre Hand.
„Ich bin da, Ann. Ich bin da.“ Ann sah ihn traurig an und nickte langsam mit dem Kopf. Ihre sonst so strahlenden Augen gaben ihm einen Blick auf ihren inneren Kampf frei. Sie rang mich sich, das spürte er. Sie waren inniger miteinander verbunden, als er sich jemals hätte träumen lassen.
Sie trank noch einen Schluck Kaffee, atmete noch einmal tief durch und begann, ihren inneren Kampf nach außen zu tragen.
„Ich habe gesehen, wie wir … wie wir miteinander geschlafen haben. Aber es war anders. So stellt man sich die erste Nacht sicher nicht vor“, lachte sie spröde. „Es hatte eher etwas mit einem Ritual gemeinsam. Einer Art Opferritual. Du … du hast mein Blut getrunken.“ Levian war geschockt. Mit so etwas skurrilem hatte er nicht gerechnet. Er musste den Würgereiz unterdrücken, der in ihm hochkriechen wollte. Die Bilder, die sich bei Anns Worten in seinem Kopf ausbreiten wollten, wischte er mit aller Anstrengung fort und schluckte. Doch er schwieg, wollte sie nicht aus ihrem Redefluss bringen. Er musste alles hören. Und Ann sprach weiter: „Du hast mein Blut getrunken, was aus meinem Handgelenk floss und dann … dann hat sich der Stein in deinem Ring verfärbt. Er wurde rot. Rot. Verstehst du? Jetzt war es der richtige Ring!“ Levian versuchte, zu verstehen.
„Und dann? Ich meine, dein Blut trinken, okay, das ist schon sehr speziell. Aber wenn es hilft, dann würde ich es vielleicht tun … können?“ Könnte er das wirklich? Könnte er Ann verletzen, ihr Blut trinken, um wieder sterblich zu werden? Er war doch kein Vampir, oder? Nein, noch nie hatte er bisher das Verlangen nach Blut gehabt. Es schüttelte ihn, wenn er das auch nur in Erwägung zog. Doch … Wenn es seine einzige Chance war, wieder ein Mensch zu werden. Vielleicht würde er über seinen Schatten springen können, auch wenn er jetzt nicht daran denken mochte. Aber das kam ihm zu einfach vor. „Wo ist der Haken?“
Ann schluckte. Dann sah sie ihn offen an. „Ich sterbe daran.“
***
Ric legte auf, verstaute das Telefon wieder in seiner Jackentasche und sank tiefer in seinen Sitz. Was sollte das? Er konnte sich keinen Reim darauf machen.
Dionne hatte ihn angerufen und wollte sich noch mal ganz persönlich bei ihm entschuldigen. Sie hörte sich recht klar an am Telefon, sie bedrängte ihn nicht, wollte ihn weder auf ihre Seite ziehen noch redete sie schlecht über Cat. Als er sie fragte, was sie wirklich wollte, beteuerte sie nochmals, dass ihr seine Freundschaft wichtig sein und sie nicht möchte, dass irgendetwas zwischen ihnen stünde. Sie wollte sich wirklich nur in aller Form bei ihm entschuldigen.
Gut, dass musste er so hinnehmen. Beruhigt darüber, dass sie ganz offensichtlich keinerlei Macht mehr über ihn hatte, beendete er das Gespräch nach ein paar Minuten freundlich und sicherte ihr zu, dass er ihr nichts nachtrug. Als er auflegte, fiel sein Blick auf die leere Parkbucht vor ihm. Stephen hatte den Parkplatz bereits verlassen. Seine Chance auf
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