Das Blut des Mondes (German Edition)
Rache hatte er somit verspielt.
Er seufzte, nannte sich einen Narren, weil er es zugelassen hatte, das Dionne sich doch wieder einmischen konnte, wenn auch ungewollt, setzte sich auf und startete den Wagen. Er hoffte darauf, dass sich am nächsten Tag erneut eine Gelegenheit bieten würde, mit Stephen abzurechnen.
***
Levian legte auf und sah zu Ann hinüber, die auf dem Sofa in sich zusammengesackt war, wie ein kleines Häufchen Elend.
Nachdem sie ihm von ihrer Vision erzählt hatte, war es ihm unmöglich, weiter darüber nachzudenken. Wie aufs Stichwort klingelte in dem Moment sein Telefon. Hastig sprang er auf um der willkommenen Ablenkung entgegenzulaufen. Er sah auf dem Display den Namen des Anrufers. Larmant.
Larmant hatte ihm in einem kurzen Bericht geschildert, was er bei seinem Aufenthalt in Italien bisher herausgefunden hatte.
Diese Neuigkeiten musste er erst einmal sacken lassen.
Wie gerne hätte er in dem Moment eine Zigarette gehabt – auch wenn er gar nicht rauchte. In solchen Situationen griffen die Helden im Film immer zu einer Zigarette. Doch er war kein Held – Wahrlich nicht. Was er war, war eine Figur in einem Spiel, dessen Regeln von jemandem aufgestellt wurden, der mächtiger war, als alles, was er jemals geglaubt hätte.
Larmant hatte ihm erzählt wo er sich jetzt aufhielt und was er bisher herausgefunden hatte. Er saß in Italien fest, nahe an der Wurzel allen Übels, wie er gedacht hatte. Doch dem war nicht so. Er hatte tatsächlich Aufzeichnungen in der ältesten Bibliothek des Landes gefunden, die ihm Aufschluss über die Machenschaften des oberen Rates gaben. Der Bund der Hexenschaft war nicht ansatzweise so weiß, wie er damals vorgab zu sein. Dunkle Mächte waren im Spiel. Einer der Oberen, Vorfahr seiner eigenen Eltern, hatte sich durch seine Gier nach Macht mit einem mächtigen Dämon eingelassen. Oder besser gesagt, mit einer Dämonin. Neelahjah , die Fürstin des Wassers.
Er hatte einen Pakt mit ihr geschlossen. Sie half ihm Macht zu erlangen, machte die restlichen Mitglieder der Oberen gefügig, so dass er seine Stellung ausbauen konnte. Dafür verlangte sie vor vielen Jahrhunderten ein Opfer von ihm. Und genau das forderte sie jetzt ein …
Der oberste Rat der Hexenschaft bestand damals aus den drei Oberhäuptern der mächtigsten Familien der Umgebung. Das waren noch die Vorfahren seiner Vorfahren und so weiter. Larmant erzählte ihm, es stünde geschrieben, dass eine Hexe mit ganz besonderen Fähigkeiten geboren werden würde. Diese Hexe wäre, wenn die Zeit gekommen war, äußerst wichtig für die Brut der Dämonin. Denn Neelahjah wachte über eine Horde von Sirenen. Sirenen sind Wassergeister, mit denen Ann bereits vor einigen Tagen das Vergnügen gehabt hatte.
Neelahjah war schlau und ihr war schon damals klar gewesen, dass irgendwann im Laufe der nächsten Jahrhunderte die Sirenen schwächer werden würden. Doch mit dem Blut dieser ganz besonderen Hexe – einer Mondhexe - konnte sie ihre Brut stärken und dann die gesamte Macht über das Element Wasser erlangen. Neelahjah war gierig. Genauso gierig, wie das Mitglied des obersten Rates. Und so schlossen sie diesen Pakt.
Nun war es anscheinend an der Zeit, das Opfer einzufordern. Larmant hatte in den Aufzeichnungen Zahlen gefunden und eine davon beschrieb die derzeitige Jahreszahl. Somit lag die Vermutung nahe, dass seine Ann diejenige war, die der Dämonin geopfert werden sollte. Und nachdem Ann in den Sachen ihrer Eltern die Verbindung zur seiner eigenen Vergangenheit gefunden hatte, war er sich ganz sicher.
Er bemerkte, wie sich sein Herz zusammenzog, sich eine eisige Kälte in ihm breit machte, es zerquetscht wurde, nur um kurz darauf ein Tempo anzuschlagen, dass seinem Alter alle Ehre machte. Er war nervös.
Jetzt ergab auch der Zauberspruch aus dem Buch einen Sinn. Der, den er nicht lesen konnte. Ann konnte ihn lesen. Sie war eine Hexe. Ihrem Mal am Knöchel nach zu urteilen, war sie sogar die Mondhexe. Vage erinnerte er sich, in jungen Jahren bereits einmal davon gehört zu haben, doch er konnte nicht ganz durch das Dunkel der Erinnerungen durchdringen.
Rot. Blut. Sterben um zu leben. All das passte jetzt wie das letzte Puzzleteil in ein großes Bild. Ihm wurde bewusst, dass – sollten alle Befürchtungen wahr werden – sie keine Chance hatten, dem Grauen zu entfliehen. Neelahjah würde alles daran setzen, um ihre Brut zu retten. Koste es, was es wolle. Im schlimmsten Falle ein
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