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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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Jacopo, hast du Gerlando irgendwo gesehen?«
    »Als wir zurückkamen, war er unten in der Küche, wie immer«, antwortete Salinari.
    »Hol ihn her, ich habe einen Auftrag für ihn. Wollen doch mal sehen, ob er sich nicht ausnahmsweise mal nützlich machen kann.«
    Der Assistent stieg die Treppe zum unteren Stockwerk hinunter.
    »Gerlando ist einer meiner Diener«, erklärte der Großmeister, »ein Faulpelz, wie er im Buche steht, aber er kennt die Stadt in- und auswendig. Wenn einer den alten Giovanni zu dieser Abendstunde finden kann, dann er.« Wenig später kehrte Jacopo in Begleitung eines kleinen, spindeldürren Männchens zurück, das leicht humpelte und so finster und verschlagen dreinblickte, dass der Maler einen Schreck bekam.
    Schnell erteilte Melchiorri dem Diener seine Anweisungen, worauf dieser, ohne eine Frage zu stellen, wieder ging und aussah, als wisse er genau, wohin er seine Schritte lenken musste.
    »Gerlando macht auf den ersten Blick wahrlich keinen guten Eindruck«, sagte der Großmeister, als das Männchen draußen war, »und ich muss hinzufügen, dass dieser erste Eindruck nicht trügt. Ich hätte ihn schon längst wegschicken sollen, aber aus dem einen oder anderen Grund konnte ich mich nie dazu durchringen. Dieses Kerlchen ist so nützlich wie Viertagefieber und ungeachtet seiner klapperdürren Gestalt mit einem unersättlichen Appetit gesegnet. Ein echter Plagegeist. Hoffen wir, dass er sich wenigstens bei dieser Gelegenheit sein Brot verdient. Nun aber verspüre ich selbst ein gewisses Leeregefühl im Magen. Jacopo, lass uns etwas zu essen kommen.«
    Die drei gingen in die untere Etage hinunter und setzten sich an einen reich gedeckten Tisch, der sich bald vor warmen Speisen bog, sodass sie kräftig zulangten.
    Der Maler nahm gerade seinen zweiten Rebhuhnschenkel in Angriff, als Zane hereinkam, der sich auf die Einladung des Großmeisters hin zu ihnen gesellte und dazu beitrug, die üppige Menge der Speisen auf dem schneeweißen Tischtuch zu reduzieren.
    Zwischen dem einen oder anderen Bissen berichtete Fulminacci dem Slawen, was in seiner Abwesenheit passiert war und vor allem, was für einen Plan sich Melchiorri zu Beatrices Befreiung ausgedacht hatte.
    Der Hüne nickte mehrmals, ohne auch nur einmal von der großen Fleischpastete auf seinem Teller abzulassen.
    Als sie fertig gegessen hatten, kehrten sie in das obere Stockwerk zurück, um dort darauf zu warten, dass Gerlando mit Giovanni da Camerino zurückkehrte. Es hatte keinen Sinn, weiter Pläne zu schmieden, bevor sie nicht sicher waren, das Brot mit dem Trank in den Kerker der Inquisition einschmuggeln zu können.
    Es wurde ein langes, enervierendes Warten, bei dem der Maler nichts anderes tat, als den Raum mit langen Schritten zu durchmessen, während Melchiorri sich mithilfe seines Assistenten an einer seltsam anmutenden Vorrichtung mit lauter Zahnrädern zu schaffen machte.
    Zane dagegen ließ sich in einen großen Sessel sinken und schlief sofort ein.
    »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee war, einen Krüppel zu dieser Stunde durch Rom zu schicken«, grummelte der Maler nervös. »Bei seinem Hinkefuß braucht er wahrscheinlich die ganze Nacht, allein um es über den Hof zu schaffen.«
    »Mach dir keine Gedanken wegen Gerlando. Er hinkt nicht wirklich. Dieses Männchen gehörte einst einer gefürchteten Bettlergilde an, die auf Taschendiebstahl und Trickdiebereien spezialisiert war, eine echte Landplage. Und Gerlando war der geschickteste Teufel der ganzen Bande. Wendig, flink, schlau und verwegen – er konnte dir den Stuhl unter dem Hintern wegklauen, ohne dass du etwas davon gemerkt hättest. Um sich einen harmlosen Anstrich zu geben, spielte er den Lahmen, und dieses Laster hat er beibehalten, auch wenn er die Dieberei aufgegeben hat. Manche Angewohnheiten wird man eben schwer wieder los. Also keine Bange, in diesem Augenblick saust Gerlando wie ein Frettchen durch die Gassen der Stadt. Setz dich lieber hin und ruh dich ein bisschen aus, die kommenden Stunden werden bestimmt anstrengend.«
    Doch Fulminacci fand keine Ruhe.
    Seine Gedanken kreisten unaufhörlich um Beatrice und das, was sie gerade durchmachen mochte; um die höllischen Qualen, die die heimtückischen Dominikaner sich ausdachten, um ihr ein falsches Geständnis abzupressen. Aus eigener Erfahrung wusste er zwar nichts über die Inquisition, aber die Gerüchte, die man über die Vorgänge in ihren unheimlichen Verliesen hörte, verursachten auch dem

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