Das Blut des Skorpions
unwahrscheinlich«, erwiderte der Capitaine. »Das Wäldchen ist zwar klein, aber verflixt dicht und verwildert. Er hatte nur wenige Augenblicke Vorsprung vor den Ersten von euch. Trotzdem sollten zwei Männer zur Einfriedungsmauer laufen und Kontakt zu den Patrouillen draußen aufnehmen. Falls er den Hain durchqueren konnte, hat er möglicherweise die Mauer überklettert. Plachy, Grandet, ihr geht hin, beeilt euch.«
»Seht nur, Capitaine«, rief ein Soldat, der um den Brunnen herumgegangen war, »hier ist eine Art Öffnung. Vielleicht hat er sich in der Grotte versteckt!«
»Folgt mir, Männer, aber seht euch vor!«
Obwohl ihn der Blutverlust stark geschwächt hatte, drang de la Fleur mutig in die künstliche Grotte ein, in der es jedoch so dunkel war, dass er nach wenigen Schritten auf einen Soldaten mit einer Blendlaterne warten musste.
»Mach Licht, Renard, und sieh zu, dass du mit heiler Haut herkommst!«
Im flackernden Licht der Laterne gingen de la Fleur und Bruyère zwischen den künstlichen Stalagtiten und Stalagmiten voran. Der Rest musste draußen warten, da die Höhle zu eng für einen größeren Trupp war.
Nach einer Biegung standen die drei vor dem Schlund der alten Zisterne und sahen die rostigen Metallsprossen, die nach unten führten.
»Wenn er sich hier drin versteckt, ist er garantiert diese Treppe runtergestiegen«, sagte der Sergeant. »Ich halte es nicht für klug, dass Ihr hinuntergeht, Capitaine. Ihr seid verletzt und verliert viel Blut. Lasst mich und Renard gehen.«
»Nein, Sergeant. Das hier ist zu einer persönlichen Angelegenheit geworden, ich bin unvorsichtig gewesen im Palazzo. Ich hatte ihn schon fast, versteht Ihr, und habe ihn aus Übermut entkommen lassen. Jetzt will ich die Sache selbst zu Ende bringen.«
Mithilfe seines Unteroffiziers betrat der Capitaine die tückische Eisentreppe und stieg mühselig hinab, während Renard sein Bestes tat, ihm von oben zu leuchten.
»Hier ist niemand, Sergeant. Ihr könnt runterkommen«, rief de la Fleur ihnen zu, als er auf dem Grund der Zisterne angelangt war.
Unterstützt von den Kameraden suchte de la Fleur den alten Wasserspeicher ab, bis er den engen Spalt entdeckte, hinter dem sich der geradlinige Tunnel zum Fluss erstreckte.
Renard, der den Boden ableuchtete, fand direkt vor dem Durchgang Fußspuren im Staub.
»Jedenfalls ist jemand hier vorbeigekommen«, sagte er, auf die Abdrücke deutend, »und zwar vor kurzem.«
Bruyère ließ sich von ihm die Laterne geben, steckte den Kopf durch den Spalt und versuchte, die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen.
»Hier ist ein Tunnel, Capitaine. Er scheint endlos lang zu sein.«
»Diese alten Palazzi sind voller Geheimgänge, Sergeant. Wir sind bestimmt auf der richtigen Spur. Los, nichts wie hinterher, wir haben ihm schon viel zu viel Vorsprung gelassen.«
Die drei Musketiere zwängten sich durch die schmale Öffnung und folgten dem Tunnel mit den Waffen in der Hand, bereit für einen Angriff.
Doch der lange Gang war leer und verlassen, und auf dem unebenen Boden war noch nicht einmal eine Spur des Skorpions zu erkennen. De la Fleur und seine Männer gingen achtlos an der Abzweigung zu den Katakomben vorbei, weil sie sicher waren, dass der Skorpion den Geheimgang bis zum anderen Ende durchlaufen hatte. Nach ein paar Hundert Metern machte der Tunnel einen Knick, wonach der Weg etwas breiter wurde. Wenig später stießen die drei auf eine offene Gittertür, deren Streben von einer dicken Rostschicht bedeckt waren. Hinter der Tür mussten sie ein paar vor Feuchtigkeit glitschige Stufen hinuntersteigen und gelangten zu einer kleinen Mole. Vor ihnen strömte langsam und majestätisch der Tiber dahin.
»Wenn er ein Boot hatte, sind wir angeschmiert!«, rief Bruyère aus.
Capitaine de la Fleur lehnte sich gegen eine niedrige Mauer aus Quadersteinen dicht bei dem Anlegeplatz und glitt langsam ins Gras, vollkommen geschwächt vom Blutverlust und den Anstrengungen der Nacht.
»Er ist uns wieder entkommen, Sergeant. Wir müssen sofort den Bischof benachrichtigen. Helft mir aufzustehen.«
»Darum werde ich mich kümmern, Capitaine. Ihr könnt keinen Schritt mehr gehen. Ihr braucht einen Arzt.«
»Unsinn, ist doch nur ein Kratzer. Helft mir einfach, auf die Beine zu kommen…«
De la Fleur verlor das Bewusstsein.
KAPITEL XLII
Habt ihr verstanden, was zu tun ist?«, fragte der Großmeister Baldassarre Melchiorri, während er sich mit geübten Bewegungen die lange dunkle Kutte
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