Das Blut des Skorpions
überzog.
Seine beiden Begleiter nickten bloß stumm, weil sie vollauf damit beschäftigt waren herauszufinden, wo bei dem merkwürdigen, unförmigen Kleidungsstück, das sie gerade anzulegen versuchten, vorne und hinten war.
»Es ist wichtig, dass ihr alles bis ins Kleinste begriffen habt. Wenn wir erst mal da drin sind, kann jeder Fehler tödlich sein. Giovanni, ist alles klar?«, wiederholte er.
»Ja doch, ich bin schließlich nicht blöd! Sobald wir im Palazzo des Heiligen Offiziums sind, darf ich kein Wort mehr sagen und muss dir die ganze Zeit mit gesenktem Kopf folgen. Herrgott, das ist wirklich nicht schwer!«
»Ich bezweifle nicht, dass du meine Anweisungen verstanden hast. Was mir ein wenig Sorge bereitet, ist, ob du deine verdammte Zunge im Zaum halten kannst, denn falls nicht, sind wir erledigt. Ich hoffe, das geht in deinen Quadratschädel hinein.«
»Jetzt reicht’s! Ich hab’s kapiert und werde den Mund halten. Für Zane ist das natürlich viel einfacher.«
»Sehr schön, dann können wir ja gehen. Möge Merkur, der Beschützer der Diebe und Gauner, uns beistehen!«
Die drei Männer zogen die spitzen Kapuzen über und verließen im Gänsemarsch den Palazzo, welcher der Sitz der alten Bruderschaft von San Pancrazio war.
Die vergangenen zwölf Stunden waren ziemlich hektisch gewesen.
Nachdem sie die Ruine der Aureliansthermen verlassen hatten, waren Melchiorri und Fulminacci mit einem Boot zum Palazzo Riario gefahren. Dort hatten sie sich eiligst in das Laboratorium des Großmeisters begeben, das sich in der oberen Etage eines etwas abseits vom Hauptgebäude stehenden Pavillons befand.
Melchiorri hatte einen seiner Assistenten losgeschickt, Zane zu suchen, der vermutlich noch in der nicht weit entfernt gelegenen französischen Gesandtschaft wartete. Der Großmeister hatte erfahren, dass de Simara sich in diesem Moment in Gesellschaft von Kardinal Azzolini und Königin Christine im Palazzo Giraud aufhielt, weshalb man davon ausgehen konnte, dass der riesenhafte Slawe immer noch in irgendeinem Vorzimmer herumsaß.
Unterdessen lief Melchiorri wie besessen in dem großen Laboratorium herum und suchte etwas, das er einfach nicht finden konnte.
»Wo zum Teufel ist dieses verflixte Fläschchen hingekommen?«, brummte er und suchte verzweifelt die vielen hohen Regale ab.
Fulminacci hatte schon zuvor einmal ein wissenschaftliches Labor gesehen, nämlich das von Pater Kircher, doch dieser Raum konnte nicht verschiedener von dem sein, in dem der deutsche Mönch seinen Forschungen nachging.
So reinlich und ordentlich Kirchers Arbeitsstätte war, so ein wildes Durcheinander der verschiedensten, kunterbunt aufeinandergetürmten Gegenstände stellte Melchiorris dar. Der große Saal, der immerhin ein ganzes Stockwerk einnahm, wirkte geradezu eng und stickig, weil er derart mit Werkzeugen, Geräten und Apparaten jeder Form und Größe vollgestopft war. Der größte Teil dieser Ausstattung schien in aller Eile zusammenmontiert worden zu sein, und nur die wenigsten Gerätschaften machten einen fertigen und vollständigen Eindruck. Die Tische waren übersät mit Destillierkolben, Retorten und Reagenzgläsern, die auf mehreren Ebenen übereinandergestapelt standen; dazwischen lagen dicke aufgeschlagene Bände und nachlässig in jede Lücke geschobene Pergamente. Die Wände säumten Reihen um Reihen hoher Regale, in deren Fächern sich Bücher, große und kleine Schachteln, mit Kordeln verschnürte Päckchen, Manuskriptbündel, ausgestopfte Tiere, Uhren und Kessel jeglicher Größe und Machart drängten. Dieses Sammelsurium wirkte schmutzig und unheimlich, so als könnte alles jeden Augenblick herunterstürzen und den Unglücklichen unter sich begraben, der sich gerade in der Nähe aufhielt. Hinter einer Kommode mit halb durchgebrochenem Boden ragten zwei ägyptische Mumien hervor, deren Anblick dem bestürzten Maler einen Schauer über den Rücken jagte.
»Es war hier irgendwo, da bin ich sicher«, tobte derweil der Großmeister und wühlte in den Regalen herum. »Jacopo, bei allen Mächten der Hölle, wo hast du das verfluchte Ding hingetan?«
»Was sucht Ihr, ehrwürdiger Meister?«, fragte Salinari in beinahe gelangweiltem Ton, als sei er an solche Ausbrüche gewöhnt.
»Dieses blaue Päckchen, das mir Pater de la Perna aus den Kolonien geschickt hat. Beim Donner des Zeus, ich bin mir ganz sicher, es heute Morgen noch gesehen zu haben. Irgendwann finde ich heraus, wer mir das Laboratorium
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